Wood Lace Tower, Atelier FCJZ, China
#architektur

Brennende Wünsche aus Holz

Mit seinem Wood Lace Tower hat das chinesische Architekturstudio Atelier FCJZ erneut sein Geschick unter Beweis gestellt, alte Tradition mit innovativer Architektur zu kombinieren – um diese dann in Flammen aufgehen zu lassen.

Der Li-Fluss ist wahrlich eine einzigartige Naturschönheit Chinas. Über 83 Kilometer hinweg schlängelt sich der „Fluss der Kunst“ vorbei an zahlreichen Karsthügeln und alten Fischerdörfern. Vorbei an imposanten Kalksteinbergen, weltweit bekannt für ihre besonderen Felsformationen. Nicht selten zeigt sich die Landschaft in einen zarten Nebelmantel eingehüllt – und sorgt damit für eine extra Portion Dramatik.

Am Ufer des Li in Yangshuo, versteckt zwischen grünen Bäumen und den Karsthügeln, liegt das Hotel Yangshuo Sugar House – das mit dem Wood Lace Tower eine spannende Erweiterung erhalten hat. Wenn auch nur vorübergehend.

Der Wood Lace Tower ist eine aufregende Ergänzung zum Hotel Yangshuo Sugar House.

Das Spiel der Geschicklichkeit

Die einstige Zuckermühle aus den 1960er Jahren erhielt 2017 eine Neugestaltung und wird seitdem als moderner Hotelkomplex genutzt, in dem man die Gäste mit zahlreichen Aktivitäten und einem beeindruckenden Panorama begeistert.

Eine der Attraktionen ist der Wood Lace Tower, der von Atelier FCJZ im weitläufigen Außenbereich des Hotels am Ende des Pools mit einem ganz besonderen Ziel errichtet wurde: die Wünsche des Neujahrs wahr werden zu lassen.

Auf den ersten Blick ist die funktionelle Bedeutung des eher ungewöhnlichen Turms nicht sofort ersichtlich. Viel mehr erinnert dessen Form zunächst an ein Jenga-Spiel, doch je näher man kommt, desto klarer wird: Dieser Turm hat bis auf das Baumaterial nicht allzu viel Ähnlichkeit mit dem beliebten Geschicklichkeitsspiel aus Holz. Obwohl auch beim Wood Lace Tower Geschicklichkeit eine zentrale Rolle spielt.

Der Wood Lace Tower steht am Ende des Pools
Der Wood Lace Tower erinnert auf den ersten Blick an das Jenga-Spiel.

Eine Nahaufnahme des Wood Lace Towers
Der Aufbau des Turms zeigt, dass auch hier von Geschicklichkeit die Rede ist.

Optische Täuschung

Denn dieser ist in Wahrheit eine architektonische Installation. Seine einzelnen Teile bestehen aus furnierten Holzplatten und haben eine Dicke von etwa neun Millimetern. Die Holzteile sind in Dreiecksformen angeordnet und ranken sich als solche schräg übereinander gestapelt in die Höhe. Dabei ist die Installation in verschiedene Ebenen unterteilt, wobei der untere Teil als Fundament des gesamten Turms dient. Der Turm besteht so aus raffiniert kombinierten Einzelstücken, die ein markantes Muster ergeben. Dieses ist nicht nur optisch ansprechend, sondern erzeugt auch optische Illusionen.

Die Wahrnehmung der Besucherinnen und Besucher wird hier auf die Probe gestellt. Denn auch, wenn es aus manchen Blickwinkeln scheint, als wären Teile der Struktur unterschiedlich, handelt es sich dabei nur um eine optische Täuschung. Im Zentrum der Installation bleibt zudem stets das beeindruckende Panorama des Li-Flusses.

Der Wood Lace Tower am Ufer des Li-Flusses
Der Turm ist ein faszinierendes Zusammenspiel optischer Täuschungen und dem beeindruckenden Panorama des Li-Flusses.

Brennende Kunst

Die modulare Bauweise der Architekten von FCJZ bezieht Material, Konstruktion, Umgebung und Betrachter mit ein, vereint sie – und lässt alles eins werden. Dieses „Zusammensein“ hat symbolischen Charakter und erhält am Ende des chinesischen Jahres eine besondere Bedeutung. Der Wood Lace Tower soll die Begrüßung des neuen Jahres unvergesslich machen.

Denn der Turm hat genau eine Aufgabe: zu brennen. So wurde bereits beim Design mit eingeplant, dass der Holzturm im Rahmen des Sugar House’s New Year Countdown Festivals um Punkt Mitternacht in Flammen aufgeht.

Hier entsteht der Wood Lace Tower …

Damit dies auch problemlos möglich ist, setzten die Architekten anstelle von Metallanschlüssen auf eine traditionellen Zapfenverbindung. Diese ist eine besonders alte und dennoch effiziente Technik, um Holzteile fest miteinander zu verbinden. Dabei wird an einem von ihnen ein Vorsprung, am Gegenstück eine Vertiefung herausgearbeitet, sodass die beiden in einander passen.

Das Gerüst wurde von dem Architekten-Team vor Ort aufgebaut, um für zusätzliche Stabilität zu sorgen. Inszeniert wird das Ganze schließlich mit einem imposanten Feuerwerk und zahlreichen traditionellen chinesischen Himmelslaternen. An den Ufern des „Flusses der Kunst“ ist also ein ganz einmaliges Kunstwerk entstanden.

Die Teile des Wood Lace Towers wurden mit einer Zapfenverbindungstechnik zusammengesetzt
Mit einer Zapfenverbindung wurden die einzelnen Teile des Turms zusammengesetzt.

Ein zeitloser Moment

Der Wood Lace Tower soll mehr sein als nur ein architektonisches Projekt. Er dient als Symbol der Geschichte – und Widerbelebung – der einst so produktiven Zuckermühle, mit einem ganz neuen Zweck: Besucher aus aller Welt zu empfangen. Ganz egal, ob vor während oder nach dem Brennen – ein Aspekt soll auch ohne den Turm bestehen bleiben: Das Miteinander.

Für das Atelier Feichang Jianzhu (FCJZ) ein charakteristisches Merkmal, das sich in allen ihrer architektonischen Werken widerspiegelt. Das in den USA gegründete Architekturbüro hat in den letzten 30 Jahren schon so einige Projekte ins Leben gerufen, die diesen Grundgedanken nicht nur in ihren Konzepten, sondern auch in ihrer Umsetzung tief verankert haben. Mit ihrem präzisen Konzept für den Wood Lace Tower haben sie gerade durch seine Vergänglichkeit einen ganz besonderen Moment geschaffen – einen Moment, der hoffentlich alle Wünsche wahr werden lässt.

Text: Katarina Andraschko
Bilder: Yangshuo Sugar House

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