Wohnen in der Welt der Wipfel
Wer als Kind von einem waschechten Baumhaus geträumt hat, kann schon bald in einem richtig luxuriösen residieren: Nahe Kitzbühel wachsen ganz besondere Kinderträume in den Himmel!
Wenn man so will, dann krönt sich der Mailänder Architekt Peter Pichler langsam aber sicher zum offiziellen Baumhaus-König: Nachdem er kürzlich ein spektakuläres Hotelprojekt in den Baumkronen West Virginias präsentierte, lässt er nun mit einem nicht minder spannenden Vorhaben in Österreich aufhorchen!
Baumhaus als Traumhaus
In der Nähe der heimischen Ski-Hochburg Kitzbühel zeichnet sein Architekturbüro für die Konzeption einer ganzen Reihe außergewöhnlicher Bauten verantwortlich, die alle mit den Baumkronen des umgebenden Waldes um die Wette flirten. Unter dem Namen „Tree Suites“ hat Pichler unterschiedlich große Objekte entwickelt, die als besonders luxuriöse Bleiben eines gerade im Entstehen befindlichen 7-Sterne-Hotels gedacht sind. Sie sollen einer betuchten Gesellschaft sozusagen das ultimativ Besondere bieten: Ein Leben in den Baumkronen. Zumindest für die Dauer eines High-End-Urlaubs.
Und so liegt es auf der Hand, dass die zukünftigen Gäste ihre luftige Residenz nicht etwa mittels wackeliger Strickleiter betreten werden. Stattdessen übernimmt ein eleganter Glaslift per Knopfdruck die vertikale Anreise ins Baumhaus. In den schwebenden „Hotelzimmern“ wird dann allerdings nicht etwa klassischer Luxus vorherrschen. Vielmehr räumt Pichler der puren Natur den höchstmöglichen Luxusfaktor ein.
Wo Natur Luxus bedeutet
Durch die Verarbeitung einfacher und regionaler Materialien möchte er die Sinne der Menschen explizit ansprechen und aktivieren. „Mir geht es darum, in den Baumwipfeln die Zeit zu verlangsamen und bewusster erlebbar zu machen“, sagt der Architekt. „Ich möchte ein ganz besonderes Raumerlebnis inmitten der Natur schaffen. Eines, das man nicht mehr vergessen kann.“
So sei die persönliche Triebfeder bei diesem Projekt vor allem die mögliche Verbindung zwischen Mensch und Natur gewesen. Schließlich könne man nirgendwo so gut eine Brücke zwischen diesen beiden Welten bauen, wie inmitten von Ästen, Blättern, Vögeln und Zapfen.
Dieser Logik folgen freilich die verbauten Materialien: Holz dominiert, es soll ein wohlig-warmes Gefühl erzeugen. Glas ergänzt die Strukturen, um einen entspannten Blick in die Welt der Wipfel zu ermöglichen. Auf Metall aber wird weitgehend verzichtet, auf diverse Kunststoffe ebenso. Außerdem passt sich auch die Optik der unterschiedlich großen Objekte dieser Vorgabe an: Die 60 bis 80 Quadratmeter großen Suiten ruhen auf diagonal aber ineinander verschränkten hölzernen Tragsystemen, die sich in ihrem Erscheinungsbild möglichst in die natürliche Baumkronen-Welt einfügen sollen. Kurz gesagt: Die verzahnten Holzelemente wollen an das Wirrwarr natürlicher Äste erinnern.
Schattenspiele wie am Waldboden
Diese giebelartige und verworrene Struktur wird zudem von einer zweiten Schicht sich kreuzender Holzlamellen umhüllt, die tagsüber ein ganz besonderes Raumklima im Inneren der Suiten generiert: Die so entstehenden Lücken in der Außenhaut erzeugen in den Zimmern spielerische Licht- und Schatteneffekte. Genau so, wie es sonst nur die Blätter und Äste der Bäume auf den Waldboden zu zaubern vermögen. Des Nachts aber lassen eben die gleichen Lamellen die Baumhäuser im Wald wie überdimensionale Laternen erstrahlen.
Ausgestattet sind die beiden Zimmerkategorien übrigens unterschiedlich: Zwar verfügt jedes über über Bad und Schlafzimmer sowie eine gigantische Glasfront, die sich direkt in die Baumkronen öffnet. Ein zusätzlicher Wohnraum und eine wärmende Sauna sind jedoch nur in den größeren 80-Quadratmeter-Suiten zu finden.
Eigener Wellness-Faktor
Wer nun verzweifelt nach der Wellness-Oase sucht, kann sich übrigens eine von zwei Antworten aussuchen. Anwort A: Der Wald selbst beinhaltet den größten Wellnessfaktor überhaupt – sagen die Architekten. Antwort B: Die Spa- und Restaurantbereiche im nahgelegenen Haupthotel werden auch den Baumhausbewohnern offenstehen – sagen die zukünftigen Hotelbetreiber.
Tatsache jedenfalls ist, dass auch Pichlers Projekt in West Virginia eine ähnliche Philosophie verfolgt, also die Natur als höchstes Gut zu etablieren versucht. Eine Überlegung, die gut ankommt. So gut, dass wohl auch in den Dolomiten ein ähnliches Baumhauskonzept realisiert werden dürfte. Zumindest wurde Pichlers Büro bereits mit der Planung eines dritten derartigen Projekts betraut.
Somit bleibt nur noch offiziell zu fordern: Peter Pichler for Baumhaus-König!
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Peter Pichler Architektur