Winelands Villa, ARRCC, SAOTA, Val de Vie Estate, Südafrika
#architektur

Meine kleine, große Farm

Für die Winelands Villa im Val de Vie Estate in der Nähe von Kapstadt interpretierten die Planer von ARRCC und SAOTA die örtliche Farmhaus-Architektur neu. Damit wagt man in der Gated Community zumindest architektonisch einen Schritt nach draußen.

Fast 25 Jahre ist es her, da warf Martin Venter einen Blick aus dem Flugzeugfenster. Unter ihm: ein heruntergekommenes Weingut, 1783 von Abraham Andries le Roux im Paarl-Franschhoek-Tal gegründet. Von anderen lange übersehen, erkannte Venter sofort jede Menge Potenzial in dem Anwesen am Berg River. 2003 kaufte er die rund eine Stunde westlich von Kapstadt liegenden Ländereien. Heute wohnen dort nicht nur er und seine Familie. Auf dem 917 Hektar großen Areal entstand das Val de Vie Estate – eine mit zahlreichen Awards ausgezeichnete Luxus-Siedlung. Im eigenen Polo-Club, darauf ist man stolz, spielte bereits Prinz Harry. 

Val de Vie Estate, Südafrika, Luftbild
Das Val de Vie Estate, eine Luxus-Siedlung in Südafrika.

Winelands Villa, Val de Vie Estate, Außenansicht
Es gibt strenge Bauregeln – auch für die Winelands Villa.

Dass die Bewohner und ihre illustren Gäste gern gut abgeschottet unter sich bleiben, darf man selbstverständlich kritisch sehen. Auch dass Val de Vie zum „Safest Estate in Africa“ gewählt wurde, hat ob der hohen Sicherheitsvorkehrungen einen bitteren Beigeschmack. In anderen Bereichen jedoch taugt das Estate durchaus zum Best-Practice-Vorbild. In Sachen Architektur etwa, die sich harmonisch in immergrüne Fynbos-Heide einfügt. Bei aller Exklusivität nehmen die Bauten nämlich gestalterisch Anleihen bei den traditionellen kapländischen Farmhäusern. So wollen es die strengen Richtlinien der Gated Community.

Winelands Villa

Letztere galten natürlich auch für die Gestaltung der Winelands Villa im Bebauungsabschnitt Gentleman’s Estate. Die Auflagen für die Planer von ARRCC und SAOTA: geneigte Dächer, sichtbare Holzsparren, eine Materialpalette aus Holzverkleidung, Sichtbeton und Naturstein – und das alles kombiniert mit weiß verputzten Wänden. „Im Rahmen dieser stilistischen Vorgaben haben wir das Konzept eines raffinierten, zeitgemäßen Landhauses neu interpretiert. Gleichzeitig wurden wir dem Kunden gerecht. Der wünschte sich einen Grundriss, der eine starke Verbindung zwischen Innen- und Außenbereich schafft und gleichzeitig privat und intim bleibt“, erklärt Bauleiter Warren Labuschagne.

Winelands Villa, Val de Vie Estate, Lobby
Die Lobby der Winelands Villa …

Winelands Villa, Val de Vie Estate, Wohnzimmer
… geht in den zentralen Wohnbereich über.

Privat und doch offen – dieser Spagat gelang durch ein kreuzförmiges Design. Statt das Haus H-förmig anzulegen, wie es der Bauherr vorgeschlagen hatte, schufen die Architekten fünf sich überlappende Quadrate, die jeweils einem bestimmten Wohnbereich gewidmet sind. Das zentrale Quadrat für den Wohn- und Essbereich wird an drei Ecken von je einem Schlafzimmer-Quadrat mit Bädern ergänzt. Im fünften Gebäudeteil sind Küche und Haustechnik untergebracht.

Die Kreuzform eröffnet spektakuläre Blickachsen in alle Richtungen. Durch den ungewöhnlichen Grundriss entstanden zudem geschützte Innenhöfe sowie Terrassen rund um das Haus. So ist immer zumindest einer der Outdoorbereiche vor den je nach Tages- beziehungsweise Jahreszeit wechselnden Winden abgeschirmt und damit für die Bewohner nutzbar.

Ein Kreuz aus Licht und Raum

Apropos Outdoor: Der Verzicht auf tragende Säulen im zentralen Wohn- und Esszimmer sorgt für eine nahtlose Verbindung zwischen innen und außen. Die bodentiefen Glasschiebetüren verstärken sie noch. Bei Wind und Wetter geben die großen Fronten den Blick auf die umliegenden Berge frei. Bei Sonnenschein fließt mit dem Licht auch die Natur durch die geöffneten Türen, die gänzlich in den Wänden verschwinden. „Es entsteht das Gefühl eines schwebenden, leichten Bauwerks – als wohne man in einem Pavillon“, beschreiben es die ARRCC-Planer. „Die Winelands Villa wirkt wie in die Landschaft eingenäht.“

Wohnzimmer mit Kamin, Winelans Villa, ACCRR, SAOTA
Das Wohnzimmer: Noch beeindruckender als der Kamin ist der Ausblick.

Außenbereich, Pool, Winelands Villa, Gentlemen's Estate
Das verlängerte Wohnzimmer mit Pool und Loungeinsel im Wasser.

Zu diesem Eindruck tragen neben dem Grundriss auch weitere Gestaltungselemente bei. Etwa der an ein Ferien-Resort erinnernde, schwebende Lounge-Bereich mit Pool. Oder aber dessen lange, elegante Überdachung, die Schutz und Privatsphäre bietet und gleichzeitig den Blick auf die Landschaft und den Himmel einrahmt. Solche Erweiterungen betonen die horizontalen Linien der Architektur und balancieren das hohe zentrale Volumen aus.

Großzügig, doch gemütlich

Im großzügigen, doppelgeschossigen Eingangsbereich schaffen die geneigten Decken und die landschaftsrahmenden Oberlichter ein luftiges Interieur. Dringt man weiter ins Innere vor, sorgen Variationen in der Deckenhöhe für ausgewogene Proportionen beziehungsweise intimere Zonen innerhalb des offenen Grundrisses von insgesamt immerhin 750 Quadratmetern. „Die Designelemente wurden nahtlos integriert – um die Räume gemütlich zu gestalten, aber ohne den Eindruck von Großzügigkeit zu verlieren“, erklärt Warren Labuschagne.

Weinkeller der Winelands Villa
Gut bestückt: der Weinkeller der Villa.

Küche, Winelands Villa
Perfekt fürs große Kochen: die Küche der Villa.

Ein zentrales Merkmal des Interior-Designs: die verdeckte Beleuchtung in den asymmetrischen Decken. Sie ist ein wiederkehrendes Thema im gesamten Haus. Gleiches gilt für den Einsatz einfacher, natürlicher Materialien. Sie bilden einen schönen Kontrast zur eleganten, maßangefertigten Möblierung. Der Wohnbereich ist etwa um einen von Hand gemeißelten Sandstein-Sockel zentriert, auf dem der Kamin thront.

Luxuriöse Highlights

An weiteren Höhepunkten ist die Innenausstattung nicht arm. Angefangen beim Weinkeller, der mit der Küche verbunden ist, bis hin zum Bad des Hauptschlafzimmers. Ein weiterer Kamin trennt Schlaf- und Nassbereich. In letzterem lädt eine freistehende Badewanne vor einem raumhohen Panoramafenster dazu ein, die Seele mit Blick auf die Bergwelt baumeln zu lassen.

Freistehende Badewanne, Bad, Winelands Villa
Selbst in der Badewanne genießt man den Panorama-Ausblick.

Gästezimmer, Winelands Villa, Farmhausarchitektur
Das Schlafzimmer für Gäste – mit akzentuierten Dachschrägen.

So sehr das Design der Winelands Villa die umgebende Landschaft in den Mittelpunkt stellt: Die Natur, genauer gesagt der nahe Berg River, war auch eine Herausforderung. „Ursprünglich lag das Grundstück auf einem niedrigeren Niveau und wurde durch eine Hochwasserlinie eingeschränkt“, erzählt der Bauleiter. Eine Anhebung des Bodenniveaus war nötig. Am Ende erwies sich jedoch gerade diese Hürde als Pluspunkt, ermöglichten die Aufschüttungen doch eine größere bebaubare Fläche. Und dem 360-Grad-Ausblick auf die umliegenden Bergpanoramen steht jetzt auch – wortwörtlich – nichts mehr im Wege. „Außerdem konnte die Villa so weiter von der Straße zurückversetzt werden. Mehr Privatsphäre, weniger Verkehrslärm.“

Hauptschlafzimmer, Panoramablick
Guten Morgen! Hier macht Aufwachen Freude.

Beschränkung? Bereicherung!

Die Winelands Villa ist überhaupt ein Paradebeispiel dafür, wie Herausforderungen beflügeln können. Mit den strengen Auflagen des Val de Vie Estate und den Wünschen des Bauherrn konfrontiert, fanden die Planer eine überraschend innovative Antwort.

Es ist eine Antwort, die zugleich auch eine einzigartige Hommage ist. Eine Hommage an die kapländische Architekturtradition und die Natur.

Text: Daniela Schuster
Bilder: Adam Letch für ARRCC; v2com-newswire

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