Eine Schatzinsel für den Umweltschutz
Wie kann Architektur künftig Mensch und Natur das Beste bieten? Das deutsche Büro 3deluxe ist dieser Frage für „We the Planet“ nachgegangen. Dabei entstand ein fabelhaftes Insel-Wunderland: Ein Campus auf dem Wasser, der zu den Zielen der engagierten Visionäre passt.
Die in New York ansässige Organisation „We the Planet“ hat sich Großes vorgenommen: Eine globale Plattform, die vorantreibt, was allen Lebewesen, Natur und dem Planeten gute Zukunft sichert. Ihre Gründer Kunal Sood und Laura Muranaka wollen Führungskräfte, Meinungsmacher und Menschen aller Generationen zu gemeinsamem Handeln motivieren. Mit Networking, internationalen Events und Bildungsangeboten.
Schützende „Schatzinsel“
Um Möglichkeiten natur- und menschenfreundlicher Architektur auszuloten, beauftragten die Visionäre das Büro 3deluxe. Heraus kam das Modell eines schwimmenden „We the Planet“-Campus. Und dieser wirkt wie eine vielversprechende, umweltschützende „Schatzinsel“.
Das kreative Wiesbadner 3deluxe Team verfolgt ein 50/50-Konzept, das Architektur in Zukunft als „shared spaces“ von Menschen und Natur betrachtet. Die Grundidee besteht darin, dass alle Bauvorhaben der Natur genauso viel Substanz zurückgeben, wie sie ihr nehmen.
Ausgleich statt Ausbeutung
Dadurch werden als Ausgleich für Flächenversiegelung, CO2-Produktion, Energie- und Materialverbrauch neue innerstädtische Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen. Konsequent angewendet, werde diese Vorgabe das zukünftige Stadtbild völlig verändern, sind die Designer überzeugt.
„Innovative architektonische Strukturen entstehen, die 50 Prozent naturnahe Biotope in sich integrieren“, beschreibt das Studio 3deluxe Details seiner Philosophie. Die Lebensqualität im städtischen Raum werde dadurch in jeder Hinsicht enorm gesteigert: „Bessere Luftqualität, angenehmeres innerstädtisches Klima, weniger Aufheizung der Städte und plötzlich ungewohnte, neue innerstädtische Naturerlebnisse“.
Architektur, die Fluten trotzt
Der Gebäudekomplex des „We the Planet“ Campus soll inspirierendes Vorbild für derart zukünftiges Leben, Wohnen und Arbeiten sein: Eine schwimmende, ortsungebundene Immobilie, der ansteigende Meeresspiegel nichts anhaben können. Je 45 Prozent der Fläche sollen menschlichen Nutzern und Natur gewidmet sein, wie eine Grafik zeigt. Die restlichen zehn sind als „gemeinsame“ Zone ausgewiesen.
Die elegant geschwungenen Dächer und Gebäude des „Menschen-Bereichs“ sind mit nachhaltigen Technologien zur Selbstversorgung der innovativen „Schatzinsel“ ausgestattet. Die Biotope zwischen den Einheiten wirken wie lebendige kleine Paradiese, die zum entspannten Verweilen einladen. Ebenso, wie die von den Designern eingeplanten Wiesen und Freiflächen an den Ufern des „We the Planet“ Projekts.
In der Natur liegt die Schönheit, die Ästhetik und das Herz dieses Projekts.
Laura Muranaka, „We the Planet“ Co-Gründerin
Als „Standort“ des Projekts haben die 3deluxe-Kreativen und „We the Planet“ die Wasser vor Manhattan vorgesehen. Die Schaffung des natürlichen Biotops würde die dicht bebaute Landfläche des „Big Apple“ um ein Stück zusätzliches Grün erweitern.
Ausbaufähige Idee
Teilweise öffentlich, könnte der „We the Planet“ Campus den New Yorkern ein neues Ziel für Sport, Freizeit und Kommunikation bieten. Und als neuer Besuchermagnet im westlichen Manhattan käme die Insel wohl dem Marketing der Stadt zupass. Außerdem heißt es bei 3deluxe: „Es besteht die Option, das Prinzip der grünen, schwimmenden Plattformen auszuweiten und weitere stadtnahe schwimmende Parks und grüne Laufstrecken entlang des Ufers zu installieren“.
Die prägendste Maßnahme der Idee hinter dem „We the Planet“ Campus sind schwimmende Sumpfbiotope, die sich über gut die Hälfte der Fläche erstrecken sollen. Aber nicht nur durch diese würde Lebensraum für Flora und Fauna entstehen. Auch Wildwiesen, das Sand-Biotop und die Reet– und Grün-Dächer tragen zur Förderung vielfältiger städtischer Tier- und Pflanzenwelt bei.
Als Baustoffe sieht das 3deluxe-Team eine Kombination natürlicher Materialien wie Holz, Lehm und Reet mit recycelten – wie etwa bio-basiertem Kunststoff – vor. Neueste Oberflächentechnologien zur Luftreinigung werden ebenso eingesetzt wie Algenreaktoren, Windfarmen, Photovoltaik und Strömungskraftwerke unter der Plattform zur Energiegewinnung.
Die Architekturstudie „We the Planet“ Campus zielt darauf ab, einen komplett autarken Komplex zu schaffen. Ein unabhängiges, mobiles System mit eigenständiger Energie- und Trinkwasser-Versorgung.
„Partner“ Natur
Die Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind in ein fluides, organisches Designkonzept integriert, das mit den Kräften der Natur „kooperiert“. Mit Wind, Sonne und Wasser als „Partner“ ließe sich so, wie 3deluxe umschreibt, „natürliche, elegante Selbstverständlichkeit“ erreichen.
Das Projekt „We the Planet“ Campus soll eine neue Generation von Firmengebäuden repräsentieren. Es bietet nicht nur die zweckmäßige bauliche Hülle für Unternehmen, sondern steht zugleich für eine Weltanschauung: Es bezieht Position in relevanten gesellschaftlichen Fragen wie Klima- und Naturschutz, gemeinsame Verantwortung, Offenheit und Transparenz.
Noch ist die schöne „Insel“ nur ein faszinierendes Modell. Weder bei „We the Planet“, noch auf der 3deluxe Website werden Details zu oder Termine für eine Realisierung preisgegeben. Was feststeht, ist jedoch der angestrebte Zweck der Sache. Denn dazu heißt es: Der „We the Planet“ Campus dient als kommunikative Plattform zum Schutz allen Lebens an Land und unter Wasser. Zugleich aber auch dazu, die Design-Grenzen zu erweitern. Er bietet Einrichtungen für internationale Gipfeltreffen, Workshops und Bildungsprogramme, die sich auf die Umgestaltung unserer Welt im Namen besserer Zukunft konzentrieren.
„We the Planet“ drängt zu Umdenken
Im Fokus sollen jene brennenden Themen stehen, die auch zur Gründung von „We the Planet“ führten: Das Überleben und Gedeihen von Mensch, Tier und Planet Erde, der Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit.
Bei 3deluxe stießen die Anliegen der „We the Planet“-Organisatoren auf offene Ohren. Schließlich ortet Dieter Brell, Creative Director des Büros, selbst aktuell wachsende Sehnsucht nach positivem Wandel: „Es ist an der Zeit, dass Architektur und Stadtplanung sich ambitionierter einer Humanisierung unserer Lebenswelt annehmen“.
Wiesbadener Know-How
Das Designstudio mit Hauptsitz in Wiesbaden umfasst rund 40 Kreative aus den Sparten Architektur, Innenarchitektur und Brand Design. Mit seinen vielschichtigen Projekten erregt 3deluxe seit Jahren immer wieder weltweit Interesse. Aktuell realisiert das Büro Projekte in Deutschland, Litauen, USA und Dubai.
Nach dem Schock der Pandemie und den gesellschaftlichen Polarisierungen der letzten Jahre, gibt es eine Sehnsucht nach positivem Wandel. Es ist an der Zeit, dass Architektur und Stadtplanung sich ambitionierter einer Humanisierung unserer Lebenswelt annehmen
Dieter Brell, Creative Director von 3deluxe architectures
Was spannende Ideen für Bauten auf dem Wasser betrifft, befinden sich die engagierten Visionäre allerdings in bester Gesellschaft. Auch die „Ocean Community“ des Londoner Architekten Wojciech Morsztyn, sowie der „Sea Tree“ und die „Arkup“-Wohnyacht von Waterstudio präsentieren Projekte fürs nasse Element. Und Vorausdenker wie Luca Curci mit seiner vertikalen Wasserstadt oder Gianluca Santosuosso mit der schwimmenden Wohnanlage „Hypercay“ legen ebenfalls Modelle vor, die Klimawandel und steigende Meeresspiegel im Auge haben.
Für die „We the Planet“ Gründer Kunal Sood und Laura Muranaka ist Architektur jedoch – wenn auch ein wichtiger – nur ein Aspekt ihres umfassenden Programms: Sie wollen ein globales Umdenken erreichen, das weit über zukunftsorientierten Wohnbau und Stadtplanung hinausgeht. Bleibt abzuwarten, ob und wann ihr schöner „We the Planet“-Campus vor Manhattans Skyline wachsen wird.
Projekt, das eine Haltung spiegelt
Eine perfekte Zentrale für das Mammut-Vorhaben der beiden Pioniere wäre 3deluxes schwimmendes Konstrukt in jedem Fall. Eine, die das verantwortungsvolle Projekt „bessere Zukunft für alles Leben auf diesem Planeten“ mit gutem Beispiel und ebensolchem Gewissen vorantreiben könnte.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: 3deluxe architecture