Ein Haus wie Wasser
Studio Bark hat ein energieautarkes Haus in Suffolk, England, entworfen: Die Water Farm, die trotz ihres Namens auf den ersten Blick wenig mit Wasser zu tun hat – und dann doch einige Parallelen aufweist.
Wenn du Wasser in eine Tasse füllst, wird es zur Tasse, wenn du Wasser in eine Flasche füllst, wird es zur Flasche. Sei Wasser, mein Freund“. Wer die Filme und somit die Lehren des Bruce Lee kennt, dem wird diese Weisheit geläufig sein. Und möglicherweise hatte das Architekturteam von Studio Bark tatsächlich diese Worte im Kopf, als es das von ihm entworfene Privathaus in der englischen Grafschaft Suffolk „Water Farm“ genannt hat.
Denn was Bruce Lees Zitat ausdrückt, ist: Wasser ist anpassungsfähig, widerstandsfähig und fügt sich in jede Umgebung ein. Und eben das macht die Water Farm. Als energieautarkes Haus fügt es sich vollständig in seine Umgebung ein und passt sich ihr an. Abgesehen davon hat die Water Farm mit Wasser nicht viel zu tun, tatsächlich erinnert das Wohnhaus in seiner Form und Struktur eher an die Papierfaltkunst Origami. Womit wir aber auch wieder bei fernöstlicher Inspiration wären …
Tatsache ist: Die Formgebung ist nicht nur ästhetisch beeindruckend, sondern auch funktional. Sie sorgt für optimale Raumhöhen im Obergeschoss und verleiht jedem Raum einen einzigartigen Charakter.
Selbstversorgung
Water Farm ist zudem ein Paradebeispiel für umweltfreundliches Design. Das Haus ist vollkommen energieautark. Auf dem Dach ist eine große Photovoltaikanlage integriert, die im Winter von einem Biokraftstoffgenerator unterstützt wird, zusammen mit einer Erdwärmepumpe bilden diese Technologien das energetische Herz des Hauses. Ein Brunnen mit Filtersystem sichert die Trinkwasserversorgung.
Die Geometrie des Gebäudes macht dieses zu einer natürlichen Belüftungsanlage: Der Innenhof und die strategisch platzierten Fenster sorgen für optimale Luftzirkulation. Das Betonfundament des Hauses dient als Wärmespeicher, während der Holzrahmen der Fassade inklusive Dämmung für ein Minimum an Wärmeverlust sorgt. So wird der Energiebedarf reduziert und eine ideale thermische Regulierung garantiert.
Wunschlos glücklich
Die „Wasserfarm“ ist ein wahres Wunschhaus. Die auftraggebende, fünfköpfige Familie hatte sich bewusst für ein autarkes Leben in der Natur entschieden. Studio Bark übernahm die Aufgabe, ein „Haus fürs Leben“ zu schaffen – ein Zuhause, das sowohl auf die Bedürfnisse der Familie als auch auf die Anforderungen des Standorts abgestimmt ist. Ziel des Architekturbüros war es, im Entwurf die jahrzehntelange Verbindung der Bauherren zur Landschaft hervorzuheben und gleichzeitig einen visionären Ansatz für nachhaltiges Bauen zu schaffen.
Die Water Farm wurde am Rande des Landschaftsschutzgebiets Dedham Vale National Landscape im Osten Englands errichtet. Die Region ist geprägt von Wald und Weideland. Die lokale Baukultur sorgte auch beim Design von Studio Bark für die entsprechende Inspiration: Traditionelle Holzrahmenbauten und Bauernhöfe finden sich typischerweise in dieser Region, wurden von den Architekten jedoch neu interpretiert und in eine kraftvolle Formensprache übersetzt. Besonders das skulpturale, mit Holz verkleidete Dach fällt ins Auge – eine moderne Interpretation der traditionellen ländlichen Typologie.
Natürlich leben
Mit 350 Quadratmetern Wohnfläche auf zwei Etagen bietet Water Farm Raum für Kreativität und Familienleben. Der Grundriss ist um den zentralen Innenhof angeordnet, wodurch die Wohnbereiche offen und dennoch vielfältig zoniert sind. Das Erdgeschoss zeichnet sich durch eine gestufte Bodenplatte aus – sie schafft fließende Übergänge im Wohnhaus und passt sich damit nebenbei auch an die Topografie des Geländes an. Im Obergeschoss sorgen die Dachgeometrie und große Fenster an den Giebelseiten für lichtdurchflutete Räume mit weiten Ausblicken in die umliegende Landschaft.
Water Farm wurde im Rahmen von Paragraph 84 des National Planning Policy Framework (NPPF) genehmigt. Dieser Abschnitt fordert eine außergewöhnliche Designqualität für Neubauten in der freien Natur. Das Projekt durchlief daher einen strengen Planungsprozess mit mehreren Präsentationen vor einem Design Review Panel. Die Zusammenarbeit mit Experten aus Bereichen wie Umweltplanung, Ingenieurwesen und Landschaftsarchitektur trug schließlich dazu bei, ein Gebäude zu entwerfen, das sich seiner Umgebung anpasst und zugleich eine hohe Widerstandskraft hat – ganz so, wie es Bruce Lee dem Wasser zugeschrieben hat.
Text: Eva Schroeder
Bilder: Studio Bark
