Vodniy Tea Bar
#interior

Gefangen im Labyrinth der alten Medina

Wer in Moskau die Vodniy Tea Bar betritt, glaubt, in Marokko gelandet zu sein. Das liegt daran, dass sich die Architekten des Atelier Prototipi an der Altstadt der Hauptstadt Marrakesch orientiert haben. Und zwar buchstäblich!

Das Schwirren fremdländischer Stimmen. Klänge von Instrumenten, die man nicht erkennt. Tausend und eine Nacht liegt in der Luft! Wir sind mitten in der Medina, der Altstadt von Marrakesch. Dort, wo man zu Grünem Tee gern scherzhaft „Arabischer Whiskey“ sagt. Wo Tee viel mehr ist als bloß ein Getränk, das im Winter wärmt …

Vodniy Tea Bar als arabische Illusion

Es ist wohl diese Art der Illusion, die das Atelier Prototipi mit seinem neuesten Wurf generieren wollte. Unter dem Namen Vodniy Tea Bar haben sie eine wunderschöne Lokalität entwickelt, die wahrlich im Herzen Marokkos stehen könnte. In Wahrheit allerdings im Moskauer Wohnviertel Vodniy, im Erdgeschoß eines großen Wohnhauses angesiedelt ist.

Vodniy Tea Bar

Vodniy Tea Bar

Wir ließen uns von der fast schon außerirdisch anmutenden Mondlandschaft Marokkos inspirieren“, so die Architekten. Also einer jener Regionen dieses Planeten, in der Tee eine besondere Rolle spielt. „Deshalb sollte das Hauptaugenmerk der Bar auf dem Kochen des Tees liegen“, heißt es weiter. Also musste ein Ansatz gefunden werden, der mit architektonischen Kniffen den Fokus erst auf die Entstehung des Produkts aber anschließend auch auf den Genuss desselben lenkt.

Labyrinth als Designidee

Ein gedankliches Labyrinth, in dem sich die Planer bald wiederfanden. Ein Zustand, der jedoch unverhofft zur Lösung des Problems führte. Aufgrund persönlicher Erfahrungen in Marokko entwickelten die Designer eben genau das, was sie in dem Land und vor allem in der Stadt Marrakesch für sich wahrgenommen hatten: Ein Labyrinth voll farblicher und architektonischer Poesie und orientalischem Flair.

Vodniy Tea Bar

Um beim Gast diesen Eindruck zu verstärken, schnappten sich die Kreativen kurzerhand den Stadtplan von Medina, also der Altstadt Marrakeschs. Und bauten die Grundrisse des Lokals dahingehend um, dass sie an die Straßenstruktur erinnern.

Großer Künstler als Inspiration

Außerdem entschieden sie sich dazu, das legendäre Labyrinth-Haus von Xavier Corbero als Inspirationsquelle heranzuziehen. Der katalanische Bildhauer hat 1968 in Barcelona ein Labyrinth aus Nischen und 300 Torbögen erschaffen. Eben diese Bögen servieren die Architekten in der Vodniy Tea Bar nun als architektonischen Signature-Dish.

Vodniy Tea Bar

Vodniy Tea Bar

Aus bestimmten Punkten im Raum erzeugen diese Bögen nun den Effekt einer perspektivischen Tiefe, die das Auge des Betrachters auf den Kern der Sache lenkt. Auf die Zubereitung von besonderem Tee. Die Architekten dazu weiterführend: „Wenn der Tag zu Ende geht, wird der Raum von warmen Licht geflutet. Es gleitet an den Wänden entlang und verblasst in den tiefen Schatten der runden Bögen.“

Oase mit orientalischem Flair

Eben diesem Schauspiel folgt das Auge und verdeutlicht, was aus ihrer Sicht die Vodniy Tea Bar ist: „Eine architektonische Oase, die mit der Straße verschmilzt. Die zu einem Netzwerk von Durchgängen und geheimnisvollen Silhouetten wird, das Bilder und Menschen zu einer einzigen Illusion verschmilzt.“ So soll das orientalische Flair manifestiert werden.

Vodniy Tea Bar

Dies gelingt natürlich aber vor allem durch die Farbgebung. Der Terrakotta-Verputz will laut Projektbeschreibung an die wilden Küstenstrände erinnern. Er schafft aber vorrangig schlichtweg eine – durchaus zielführende – Wüstenstadt-Assoziation. Der Onyxmarmor, der wiederum das Herzstück, die Teebar schmückt, soll so erfrischend wirken, wie die Gischt der Meereswellen, die an die Küste schlagen. Tatsache ist: Der Marmor passt gut als Akzent in den Raum. Genauso wie die Glas- und Messingelemente, die ebenso zum Einsatz kommen.

Gar nicht russisch

Eines kann man jedenfalls festhalten: Dass die Vodniy Tea Bar in Moskau steht, glaubt man erst, wenn man wieder auf die Straße tritt. Denn das was man hierzulande klischeehaft unter russischem Design – im Sinne von optischer Überfrachtung – versteht, findet man hier wirklich nicht. Aber eine herrliche Tasse Tee in orientalischem Ambiente jedenfalls.

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Atelier Prototipi

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