Transparenter Brutkasten für neue Ideen
Die New Wave Architects setzen auf neue Ideen für unverwechselbare Räume. In der Metropolregion Teheran erweitern sie das iranische Silicon Valley um eine Glaspyramide, die sich nachhaltig in die Landschaft fügt.
Wer sagt denn, dass architektonische Ideen nicht auch einmal ein bisschen schräg sein dürfen? Die Verantwortlichen des iranischen Technologie-Unternehmens Turboseal hatten jedenfalls ihre Freude mit den Entwürfen von New Wave Architects: Sie lassen ihr neues Forschungszentrum nun spektakulär aus dem Boden streben und erzeugen damit eine auffällige Skyline in Harmonie mit der Natur.
New Wave Architects – Globale Sprache der Architektur
Ihre Philosophie formulieren die New Wave Architects selbst als Suche nach einer „globalen Sprache der Architektur, um sich einer innovativen und herausfordernden zeitgenössischen Bewegung anzunähern, die neue Wege für neue Ideen, anspruchsvolle und unverwechselbare Räume in Bezug auf ästhetische Aspekte, Menschlichkeit und globale Kommunikation erforscht.“
Das Architekturbüro New Wave Architects wurde 2006 von Lida Almassian, die heute als Vorstandsvorsitzende fungiert, und ihrem Kollegen Shahin Haidari gegründet, der die Geschäftsführer-Agenden übernommen hat. Der Ziviltechniker Gholamreza Tohidi komplettiert das Führungstrio der Firma, die mittlerweile aus 150 Mitarbeitern besteht.
Ausgezeichnete Referenzen
Das in Teheran ansässige Unternehmen hat zahlreiche Preise gewonnen. 2019 etwa wurden die Iraner im Rahmen des World Architecture Festival in Amsterdam in der WAFX-Sektion für innovative Projekte im Bereich „Ageing & Health“ für das Pars Medical and Health Center in Bandar Abbas ausgezeichnet. Ihre „Polour Rock“-Kletterhalle in Teheran wurde 2016 in New York bei den Architizer Awards ausgezeichnet.
Die Pläne des Gebäudes, das seit den ersten Entwürfen im Jahr 2017 von 1.300 auf 2.500 Quadratmeter Nutzfläche anwuchs, konzentrierten sich auf eine Interaktion zwischen Technologie, Funktion und einem Standort, an dem auch andere junge Architekten ihren innovativen Visionen freien Lauf lassen können. Die außergewöhnliche Form des diagonal ansteigenden Bauwerks passt sich an die umgebende Landschaft im Großraum Teheran an.
Innovative Visionen
Eine wesentliche Idee hinter dem 2022 eröffneten Bürokomplex ist die Nachhaltigkeit. Das begrünte Schrägdach, das durchgängig mit Hohlräumen versehen ist, ist Teil der Strategie zur Wärmeregulierung und gleichzeitig ein wichtiger Faktor, um den Energieverbrauch zu dämmen. Ein unterirdisch verbauter Wassertank speichert Regenwasser, das wiederum zur Bewässerung der Grünflächen dient.
Errichtet wurde Turboseals neuer Sitz für Forschung und Entwicklung, der als Brutkasten für neue Ideen fungieren soll, im Pardis Technology Park, der selbstbewusst als „Iran Silicon Valley“ vermarktet wird. Dieser Technologie-Cluster steht unter der Schirmherrschaft des persischen Vizepräsidenten für Wissenschaft und Technik Sorena Sattari. 20 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Teheran umfasst das Gelände aktuell 60 Hektar, eine Erweiterung auf 1.000 Hektar ist bei Bedarf möglich.
Wissensbasiertes Unternehmen
TurboSeal ist ein Hersteller von – unter anderem – Dichtungssystemen, Kupplungen, Filtern und Industrieventilen. Der 2010 in Teheran gegründete Betrieb wurde vom bereits erwähnten Vizepräsidenten für Wirtschaft und Technik als „wissensbasiertes Unternehmen“ anerkannt.
Die doppelschalige Fassade mit seiner Innenseite aus Glas lässt tagsüber natürliches Licht in die Büros. Die gerasterten Aluminiumprofile auf der Außenschicht sollen mithelfen, die Wärme zu regulieren: An der Westseite des Gebäudes sind die Raster enger bemessen, um den Sonneneinfall abzufedern, an der Nordseite wiederum wird bewusst mehr Licht ins Innere gelassen.
Eine Pyramide aus Glas und Aluminium
Insgesamt ist das pyramidenartige Bürogebäude in sechs horizontale Ebenen unterteilt, die durch gläserne Aufzüge miteinander verbunden sind. Über einer hauseigenen Garage, deren Ein- und Ausfahrt direkt am gepflasterten, schattigen Eingangsbereich vorbeiführt, liegen eine Werkstatt und Labore, die sich stolz ins Erdgeschoß erheben. Diese Bereiche sind bewusst so transparent gestaltet, dass sich interessierte Besuche ihr eigenes Bild von den Forschungsfortschritten machen können.
Die ebenerdige Rezeption und eine luftige Lobby führen zu den Mitarbeiterbüros im 1. Stock; im 2. Stock finden sich neben den Büros des Managements auch großzügige Besprechungsräume, die sich ins 3. Obergeschoß ausweiten. Und der Zugang zum optischen Highlight des Gebäudes: eine offene Terrasse im ausgeschnittenen Dach!
Frischluft für Mitarbeiter und Gäste
Diese Terrasse erlaubt nicht nur einen (bedingt schicken) Blick über den Pardis Technology Park, sondern auch auf das Elburs-Gebirge, das mit Dizin ein schneesicheres und abwechslungsreiches Skigebiet in unmittelbarer Nähe zur Millionenmetropole Teheran bietet. Und das ist, zumindest für uns Europäer, doch einigermaßen schräg …
Text: Hannes Kropik
Fotos: Parham Taghioff