Willkommen im digitalen Morgen!
Zaha Hadid Architects bauen in China zwei 400-Meter-Giganten, die in großem Stil digitale Möglichkeiten ausschöpfen. Smarte Lösungen sollen „Tower C“ günstig im Betrieb und besonders umweltverträglich machen.
Wären wir hier in Österreich, würde uns vielleicht der Begriff „Verhaberung“ in den Sinn kommen. Die Geschichte spielt sich allerdings in China ab. Und da muss man wohl mehr in die Waagschale legen als bloß ein paar charmante Zuwendungen.
Er trifft Chinas Geschmack
Jedenfalls hat Patrik Schumacher, Chef von Zaha Hadid Architects (ZHA) offenbar den Dreh heraus, wenn es darum geht, was in der Volksrepublik China gut ankommt. Denn: So viele Projekte wie er dort in den vergangenen Jahren an Land gezogen hat, ist wahrlich spektakulär!
Da wäre etwa der Leeza SOHO-Tower in Peking. Auch der Beijing Daxing International Airport. Oder die neue Firmenzentrale des Handyhersteller OPPO in Shenzhen. Diese Metropole hat es Schumacher offensichtlich besonders angetan. Auch das kieselsteinförmige Wissenschaftsmuseum in der neuen Guangming Science City wird von Zaha Hadid Architects entwickelt.
Und nun auch noch der gigantische Tower C. Allesamt Projekte, um die ziemlich alle international renommierten Architektur Büros rittern. Aber wenn man sich ansieht, was der aktuellste Wurf zu bieten hat, so kann man die chinesische Wettbewerbs-Entscheidung zumindest in diesem Fall durchaus verstehen. Weil: Das Teil kann schon wirklich was!
Kommen wir erst einmal zu den Eckdaten. Ausgeschrieben war in diesem Fall der Bau eines überdimensionalen Büro- und Geschäftskomplexes. In ihm soll ein Cluster aus Firmenzentralen, Konferenzzentren und Wohnräumen geschaffen werden. Im Grunde also eine voll funktionstüchtige Stadt in der 300.000 Menschen leben und arbeiten können. Allerdings auf einer sehr begrenzten Grundfläche direkt in der Bucht von Shenzhen.
Tower C als vertikale Stadt
Allein deshalb war schon einmal klar, dass sich alle Entwürfe nur in die Höhe richten können. So auch das von ZHA entwickelte Konzept. Dabei wachsen zwei Türme nebeneinander spektakuläre 400 Meter in den chinesischen Himmel.
Gleichzeitig aber wird die vorhandene Grundfläche durch ein imposantes und mehrere Geschoße hohes Podest ideal ausgenutzt. Das stufenförmige Podium verfolgt aber nicht nur die Idee, die beiden Türme direkt an das darunterliegende U-Bahnnetz anzubinden und Grünflächen zu schaffen. Vielmehr sorgt es über einen intelligenten architektonischen Kniff, möglichst viel Tageslicht in die beiden sich genau darüber „umarmenden“ Tower zu leiten.
Die Architekten selbst beschreiben dieses ausgeprägte Fundament gar als „Herz“ des Megabaus. „Durch die direkte Verbindung mit dem angrenzenden Park und den Plätzen, die sich in eine terrassenförmige Landschaft verwandeln, die sich innerhalb der beiden Türme nach oben erstreckt, lädt der Entwurf die Öffentlichkeit in das Herz des Gebäudes ein“, so das Büro. Und weiter: „Das abgestufte Podium von Turm C integriert sich mit dem Park und schafft einen neuen öffentlichen Raum für diese dynamische Stadt, die sich zu einem globalen Zentrum für technologische Innovationen entwickelt hat.“
Technologie als wahres Herzstück
Womit wir auch schon beim eigentlichen Herzstück von Tower C angelangt wären – dem technologischen Aspekt, der dieses Projekt aktuell einmalig macht. Vereinfacht ausgedrückt, werden die beiden Türme über eine hochkomplexe Rechenzentrale verfügen, die dank unterschiedlicher Sensoren in Echtzeit Daten aus sämtlichen Räumen und Außenbereichen sammelt, evaluiert und gegebenenfalls Reaktionen der Haustechnik in die Wege leitet.
Aber was kann man sich darunter konkret vorstellen? Fangen wir bei der doppelt isolierten Glasfassade der Türme an. Diese ist mit vertikalen Kanälen und gleichzeitig mit justierbaren Beschattungselementen ausgestattet. Zwischen den Glasschichten messen Sensoren stets die Lufttemperatur. Wird in einem Bereich die Sonneneinstrahlung zu stark, wird die erwärmte Luft abgeleitet, kühle strömt nach. Und die Verschattungselemente werden automatisch neu justiert.
Relativ ähnlich ist die Sache in den Räumen selbst geplant. Sensoren überwachen die Luftgüte und sorgen mittels technischer Hilfsmittel dafür, dass stets ein ideales Raumklima für die jeweilig darin stattfindenden Tätigkeiten geschaffen ist. Verunreinigungen aus der lokalen Umgebung werden zudem gefiltert, damit sie nicht in das Gebäude eindringen können. Das passiert freilich alles in Echtzeit. Selbst die Gartenanlagen auf den einzelnen Terrassen werden vollautomisch gegossen und gedüngt.
Energie aus Photovoltaik
Die für diese Hightech-Features notwendige Energie wird freilich selbst über eine groß dimensionierte Photovoltaikanlage erzeugt. Außerdem wurde eine Wassersammel- und Aufbereitungsanlage eingeplant. Nur logisch auch, dass die für den gesamten Bau verwendeten Materialien aus recycelten Stoffen bestehen oder bloß einen minimalen CO2-Fußabdruck aufweisen.
Smart und Nachhaltig
Spannend an dem Tower C-Projekt jedenfalls ist, dass es erstmals in dieser Dimension die beiden Megatrends der modernen Architektur vereint: Nachhaltigkeit und smarte Bauweise.
Jedenfalls aber liefert Tower C einen Vorgeschmack auf das, was garantiert auch bald in unseren Breiten Einzug halten wird: Gebäude, die mehr bieten als bloß ein Dach über dem Kopf.
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: ZHA / Brick