Töpfelhaus, Wien, Hietzing, Denkmalschutz, energieautark, erneuerbare Energie, Sanierung, Bestand
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Ein Barock-Juwel wird energieautark

Das denkmalgeschützte Töpfelhaus in Wien Hietzing zählt zum historischen Erbe der Stadt. Nach seiner Sanierung gilt es als Vorbild für ein Baudenkmal, das erhalten bleibt und mit seinem geringen ökologischen Fußabdruck fit für die Zukunft ist.

Es gab eine Zeit, nicht allzu lange her, da wollte man das Töpfelhaus abreißen. Obwohl das barocke Stadthaus in Wien Penzing als historisches Aushängeschild des Bezirks Hietzing gilt, schien sein Erhalt zu aufwendig und seine Lage zu unpraktisch. Mit seiner vorderen Fassade ragt es nämlich in den Straßenraum hinein und nimmt dem Autoverkehr Platz weg, so die Anschauung zu Zeiten der autozentrierten Stadtplanung. Heute steht das Töpfelhaus unter Denkmalschutz. Dank des Engagements eines vorbildlichen Bauherren bleibt es nicht nur für die Nachwelt erhalten, es versorgt sich jetzt auch zur Gänze selbst mit erneuerbarer Energie.

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Von außen ist dem Töpfelhaus sein modernes Innenleben nicht anzusehen.

Das Äußere des Hauses verrät nichts von seinem hochmodernen Innenleben. Doch im hinteren Bereich, unterhalb des barocken Gartens, verläuft eine regelrechte Autobahn an Sole-Zuleitungen, wie Eigentümer Wolfgang Wainig verrät. Insgesamt 14 Erdsonden wurden 120 Meter in die Tiefe gebohrt, um das Barock-Juwel nachhaltig zu beheizen. „Für den gut gedämmten Dachausbau hätten zwei Bohrungen gereicht“, erzählt Architekt Benedikt Frass vom Büro Chamäleon+Goldfisch. „Aber die barocken Gemäuer strahlen viel Wärme ab.“

Vom Dachstuhl zum Mobiliar

Im Keller des Hauses befinden sich drei Pufferspeicher für Heizung und Warmwasser sowie ein Batteriespeicher. Der Strom dafür kommt von einer Photovoltaikanlage, die in das Dach integriert ist. Eine Lösung, mit der auch der Denkmalschutz einverstanden war. Auch beim mehrere Hundert Jahre alten Dachstuhl war man sich bei der Lösung schließlich einig. Heute trägt es keine Lasten mehr, sondern dient stattdessen als identitätsstiftendes Mobiliar, das dem Seminarraum unter dem Dach nebenbei auch eine gute Akustik verleiht.

Die dunklen Stellen, die das Dachgebälk aufweist, sind Spuren eines Brandes. Die sollten auch weiterhin zu sehen sein und von der bewegten Geschichte des Hauses erzählen.

Wolfgang Wainig, Eigentümer und Bauherr

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Die ins Dach integrierte Photovoltaikanlage war eine Lösung, mit der auch der Denkmalschutz einverstanden war.

Die alten Balken wurden trockeneisgestrahlt und sind am neuen Dach aufgehängt, das man darüber in Leichtbauweise errichtet hat. „Die dunklen Stellen, die das Gebälk aufweist, sind Spuren eines Brandes“, erzählt Bauherr Wainig. „Die sollten auch weiterhin zu sehen sein und von der bewegten Geschichte des Hauses erzählen.“ 

Vorzeigeprojekt für Baudenkmal-Sanierung

Das Töpfelhaus nahe dem Schloss Schönbrunn wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf Grundmauern aus dem 15. Jahrhundert errichtet. Es wird der Schule des italienisch-deutschen Architekten Johann Lucas von Hildebrandt zugeschrieben. Ab 1842 befand es sich über 100 Jahre im Besitz der namensgebenden Familie Töpfel. Heute zählt es zu den letzten barocken Bürgerhäusern, die in Wien noch erhalten sind.

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Die alten Dielenböden wurden trockeneisgestrahlt und sorgen für Charakter in den Wohnräumen.

Die Modernisierung dieses Barock-Juwels gilt als Vorzeigeprojekt für die zukunftsfähige Nutzung von Baudenkmälern. Die Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes ist an sich schon enorm aufwändig, da sie sehr spezifische Handwerkstechniken und Baustoffe vorschreibt. Dass sich bei dem engen Korsett an Vorschriften auch noch Maßnahmen zur thermischen Ertüchtigung umsetzen lassen, gleicht einem Kunststück. 

Nachhaltig & energieautark

Das Töpfelhaus ist heute bewiesenermaßen energieautark, weshalb die Heizungsumstellung von der Stadt Wien gefördert wurde. „Früher beliefen sich die Stromkosten bei einer Teilbeheizung des Gebäudes auf rund 15.000 Euro im Jahr, heute kann für 5.000 Euro das ganze Haus beheizt werden“, rechnet Wainig vor.

Durch Platzhalter, die im Fußboden eingelassen sind, können Wohnräume je nach Bedarf anders konfiguriert werden. Das heißt, das Haus muss die nächsten paar Hundert Jahre nicht angegriffen werden.

Benedikt Frass, Architekt

Dabei ist der geringe ökologische Fußabdruck, der sich daraus ergibt, ein Bekenntnis an die Klimaziele. Denn ohne eine thermische Sanierung des Bestandes lassen sich diese nach heutigem Stand nicht erreichen.

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Straßenseitig wurde das Erscheinungsbild konserviert.

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Gartenseitig zeigt sich das Haus von seiner modernen Seite.

Ließe sich ein Gebäude mit Geothermie auch im Sommer kühlen, so war das in diesem Fall gar nicht nötig. Allein das dicke Mauerwerk und das Gewölbe halten die Räume in der warmen Jahreszeit angenehm kühl.

Streng nach vorne, frei nach hinten

Die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen war bei der Sanierung des denkmalgeschützten Hauses nicht von Anfang an geplant. Da sich neue Vorschriften des Rauchfangkehrers nicht umsetzen ließen, entschied sich der Eigentümer für den Ausstieg aus Gas. Die alten Kamine konnten dabei umgenutzt werden. Dort verlaufen heute die Heizungszuleitungen zu den einzelnen Wohnungen.

Eine thermische Optimierung des Gebäudes war aufgrund des Denkmalschutzes nicht überall möglich. Die Flankenseiten, die oberste Geschossdecke und das Dach konnten im Zuge der Sanierung gedämmt werden. Während sich das Erscheinungsbild an der straßenseitigen Fassade und im Innenhof kaum geändert hat, ließ der Denkmalschutz an der rückwärtigen Seite recht viel Freiheit.

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Im Keller des Hauses befinden sich drei Pufferspeicher für Heizung und Warmwasser sowie ein Batteriespeicher für den Strom.

Im Zuge von Open House Wien konnte das energieautarke Barock-Haus besichtigt werden.

Flexible Raumplanung

Der Dachboden und die Stirnseiten des Hauses öffnen sich mit großzügigen Verglasungen zum Garten hin. Hier entsteht eine Verknüpfung zwischen Innen- und Außenraum, an der sich ein moderner Charakter ablesen lässt. Dasselbe gilt für die flexibel gedachte Raumplanung. 

Architekt Frass erklärt zum Konzept: „Durch Platzhalter, die im Fußboden eingelassen sind, können Wohnräume je nach Bedarf anders konfiguriert werden. Das heißt, das Haus ist vielfältig adaptiertbar und muss die nächsten paar Hundert Jahre nicht angegriffen werden.“

Text: Gertraud Gerst
Fotos: Diana-Maria Stanciu, Wohnfonds

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