„Wir denken auch Interior Design klimafreundlich“

Der Blick nach draußen in Frankfurts junges Europaviertel ist von massiven Holzstützen gerahmt. Der warme Ton und die weiche Haptik des Holzes treffen da und dort auf die kühle Rohheit des Sichtbetons. Eine gemütliche Lounge grenzt an einen halboffenen Besprechungsbereich, der – symbolisch abgetrennt durch einen Raumteiler aus Holzlamellen – offen und durchlässig bleibt. Für das konzentrierte Arbeiten zieht man sich in geschlossene Meetingräume oder komfortable Einzelkabinen zurück. So präsentiert sich die New-Work-inspirierte Arbeitswelt im Timber Pioneer, dem ersten Bürogebäude in Holz-Hybrid-Bauweise, das demnächst in der Bankenmetropole bezogen wird.

Im Timber Pioneer sind rund 1.800 Kubikmeter Holz verbaut, in denen an die 1.800 Tonnen CO₂ langfristig gebunden sind. Mit einem Gewicht von rund 300kg/m² ist der Holz-Hybrid-Bau 57 Prozent leichter als der konventionelle Massivbau mit rund 700kg/m². Durch diesen ressourcenschonenden Materialeinsatz konnte der Rohbau der Bürogeschosse laut Projektdaten CO₂-neutral errichtet werden. 

Wie sich die klimafreundliche Bauweise und die verwendeten Baustoffe im Interior Design widerspiegeln, hat Anna Maiwald, Head of Interior bei UBM Development, im Interview beantwortet.

Mit dem Timber Pioneer hat die Bankenmetropole Frankfurt ihr erstes Bürogebäude in Holz-Hybrid-Bauweise bekommen. Wie sind die Baustoffe und das Interior Design auf einander abgestimmt?

Vor allem die Decken und Stützen mit ihren natürlichen Holzoberflächen sorgen dafür, dass man sich in den Büros auf Anhieb wohl fühlt. Das Designkonzept ist so angelegt, dass es die Form- und Materialsprache der Architektur widerspiegelt. Schon beim Betreten der Lobby vermittelt die skulpturale Holztreppe vor der Sichtbetonwand die spannende Dualität der Holz-Hybrid-Bauweise. Das setzt sich bei der Beschilderung im Haus fort und reicht bis zu den Holztüren, die den Eingang zu den Mietbereichen markieren. Die weiche Haptik des Holzes, der hohe Tageslichteintrag und die Bepflanzung in den Büroflächen schaffen eine sehr ehrliche, rohe und einladende Atmosphäre.

Hat sich dieses Projekt für Sie von anderen Interior-Projekten unterschieden?

Für unsere Abteilung war Timber Pioneer der Startschuss in die Assetklassen Büro und Wohnen, die mit der neuen Unternehmensausrichtung „green. smart. and more.“ hinzukamen. Unsere Aufgabe ist es, das Storytelling, das wir früher im Hotelbereich umgesetzt haben, nun auch in den Bürokontext zu bringen. Denn die Atmosphäre und das Wellbeing sind spätestens seit New Work zur Priorität im Arbeitsalltag geworden, ebenso wie man es im Hotel oder in den eigenen vier Wänden erwartet. Wir haben also der nachhaltigen Immobilienentwicklung einen entsprechenden Look & Feel verpasst, der zugleich das gesunde Raumklima fördert.

Ist der Wohlfühlfaktor des Holzes denn eine messbare Größe?

Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien, die neben den ökologischen Vorteilen von Holz als Baustoff auch die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit bestätigen. Holz im Innenraum senkt erwiesenermaßen das Stresslevel, verbessert die Luftqualität und macht Mitarbeitende kreativer und produktiver. Da wir bis zu 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen verbringen, ist der gesundheitliche Aspekt der eingesetzten Materialien besonders wichtig. 

Die Holz-Hybrid-Bauweise ist ein Versuch, knapp werdende Ressourcen zu schonen und die Emissionen in der CO2-intensiven Baubranche zu reduzieren. Spiegelt sich diese Zielsetzung auch im Interior-Konzept wider?

Es ist uns als UBM sehr wichtig, Büros nachhaltig zu denken. Dazu zählt auch das fortlaufende Nachdenken darüber, wie sich modernes Interior Design emissionsfreier gestalten lässt. Deshalb schauen wir bei der Auswahl von Materialien und Möbeln darauf, dass sie möglichst aus nachhaltigen und umweltfreundlichen Quellen stammen. Vor allem recycelte Materialien spielen mittlerweile bei verschiedensten Herstellern eine wichtige Rolle. Durch den Einsatz von smarten Lampen lässt sich zudem auch bei der Beleuchtung Energie einsparen.

Aber natürlich geht es beim Thema Nachhaltigkeit immer auch um zeitloses Design und Langlebigkeit. Hochwertige Möbel müssen seltener ersetzt werden, was insgesamt weniger Emissionen verursacht. Bei der Ausstattung von öffentlichen Bereichen wie der Lobby bevorzugen wir außerdem Möbel, die möglichst regional hergestellt werden, um Transportemissionen zu reduzieren. In den von uns möblierten Musterflächen des Timber Pioneer arbeiten wir unter anderem mit dem Möbelhersteller Vitra zusammen, der gebrauchte Möbel wieder zurücknimmt, und ihnen in sogenannten Circle Shops ein zweites Leben schenkt.

Flexible Nutzungsflächen sind heute im Hinblick auf die Langlebigkeit von Gebäuden wichtiger denn je. Wie kann die Ausstattung diesen Anspruch unterstützen?

Da sich die Anforderungen im Office-Bereich stetig weiterentwickeln, müssen wir das auch beim Design mitdenken. Wo immer möglich, setzen wir auf modulares Design. Dadurch ist es möglich, Möbel leichter anzupassen oder zu erweitern, ohne dass dafür bestehende Systeme komplett getauscht werden müssen. Das reduziert den Bedarf an neuen Materialien und spart zusätzlich Emissionen.

Wir haben über die Vorteile des Holzbaus gesprochen. Hat er auch seine Tücken?

Holz im Bürobereich ist nicht nur im Hinblick auf das gesunde Arbeitsklima wichtig, es sorgt auch für eine gute CO2-Bilanz des Gebäudes, was vor allem auf Nachwuchstalente sinnstiftend wirkt. Aber ja, der hybride Holzbau hat uns auch vor Herausforderungen gestellt, etwa im Bereich der Akustik. Gerade im Großraumbüro kann es manchmal lauter werden. Holz kann zwar Schall grundsätzlich gut absorbieren, aber zusätzlich war es wichtig, geräuschdämpfende Materialen an strategischen Punkten einzusetzen.

Die Landschaftsarchitektur wird bei Bauprojekten immer wichtiger. Welche Grünräume erwartet die künftigen Büronutzer im Timber Pioneer?

Wir wollen Mitarbeitenden erholsame Orte im Freien bieten, wo sie sich entspannen und frische Luft tanken können. Ideal dafür geeignet sind Dachgärten, aber auch Innenhöfe und Terrassen. Hier wurde versucht, möglichst vielfältige Sitzgelegenheiten zwischen Pflanzen oder unter Bäumen zu schaffen.

Aber auch Innenräume lassen sich grün gestalten. Die Palette reicht von klassischen Topfpflanzungen bis hin zu vertikalen Gärten. Pflanzen verbessern die Luftqualität und sorgen für eine natürliche und beruhigende Arbeitsumgebung. Durch die großzügigen Glasflächen im Timber Pioneer wird der Blick nach draußen maximiert – der grüne Europagarten liegt vor der Haustüre – und eine möglichst natürliche Lichtsituation geschaffen. Große Fenster, offene Räume, natürliche Umgebung, darum geht es. 

Welche Anforderungen sollten die Räumlichkeiten für die Nutzer sonst noch erfüllen?

Bei der Entwicklung von Büroimmobilien ist es heute besonders wichtig Arbeitsflächen zu schaffen, die sich flexibel an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen lassen. So können abwechslungsreiche Arbeitslandschaften entstehen, die auch zufällige Begegnungen, Interaktionen und damit den Ideenaustausch unter Mitarbeitenden fördern. Besonders informelle Treffpunkte wie Lounges, Cafés oder Besprechungsecken sind dafür besonders wichtig. Abgesehen davon braucht man natürlich auch räumlich abgetrennte Bereiche für den persönlichen Rückzug und das konzentrierte Arbeiten. Die Musterflächen im Timber Pioneer zeigen die Vielfalt in der Gestaltung, die schon auf kleinem Raum möglich ist.

Interview: Gertraud Gerst
Fotos: UBM Development