Büroturm mit Star-Allüren
Mit einem gigantischen Glaskuppelbau wollen die Kreativen von MAD Architects in Hollywood ihre Version eines „Büros der Zukunft“ hinstellen. Passender Name für das Projekt: The Star.
Können Sie sich noch an den Städteaufbauspielklassiker „SimCity 2000“ erinnern? Wer es in dem weltberühmten Computerspiel bis ins Jahr 2150 geschafft hatte, durfte das ultimative Bürogebäude namens „Launch“ errichten. Ein 200.000 Dollar teures Teil, das 65.000 virtuellen Menschen ebenso virtuelle Arbeitsplätze bot. Ausgesehen hat das futuristische Ding wie eine gläserne Rakete, die nicht von der Erde loskommen wollte.
The Star: Turm aus dem Computerspiel
An eben diesen Bau erinnert das nun Realität werdende Office-Projekt von MAD Architects. Die als durchaus mutig bekannten Planer aus Peking haben bei der Stadtverwaltung von Los Angeles nämlich gerade ihre Version des „Büros der Zukunft“, wie sie selbst sagen, eingereicht. Ihrer Vision zufolge soll im Zentrum Hollywoods, genau genommen an der Adresse 6061 Sunset Boulevard, ein gläsernes Office in den Himmel wachsen, das die Skyline der Stadt verändern und gleichzeitig auf den Glanz der Stadt referenzieren soll.
„Wir wollen mit diesem Bau eine Traumwelt erschaffen, die in der Realität verankert ist“, heißt es offiziell. Kein Wunder also, dass die Konzeptionisten ihr Mega-Projekt kurzerhand The Star getauft haben.
Da drängt sich naturgemäß die Frage auf: Was macht The Star zu einem Star? Ganz sicher einmal die Optik. Sollte The Star am Ende wirklich so aussehen, wie auf den veröffentlichten Renderings, erinnert die gigantische elliptische Glaskuppel tatsächlich an eine untergehende Sonne. Diese Illusion will man einerseits durch die Reflexionen der echten Sonne als auch durch unterschiedliche Begrünungen von Freiflächen erzeugen.
Illusion einer untergehenden Sonne
Die 22 Geschoße sollen auf zwei Ebenen so unterbrochen werden, dass das gesamte Objekt von Grünanlagen umrahmt werden kann. Ganz oben ist gar eine glasüberdachte und von Palmen gesäumte Terrasse geplant. All diese Bereichen dienen vordergründig dem Sonnenuntergangs-Szenario, sollen aber tatsächlich auch für die Belegschaft des gesamten Komplexes nutzbar sein. Klingt jedenfalls schon einmal recht aufregend.
Seilbahnen statt simple Lifte
Nicht minder spektakulär – die Art und Weise, wie sich die Menschen in dem Bürohaus von A nach B bewegen sollen. Mit hochmodernen Seilbahnen! Diese sollen an den vertikal verlaufenden Außenringen genauso geführt werden, wie an einem vertikalen Glasband, das die zwei Seiten der eiförmigen Struktur miteinander verbindet.
Die Architekten dazu: „So wirkt es, als würden die einzelnen Büroetagen aus den Ringen emporwachsen.“ Durch die spiegelnden Prismascheiben die genutzt werden, würde auch dieser Special-Effect verstärkt werden. Nachsatz: „Unsere Architektur soll ganz im Sinne Hollywoods die Kraft der Fantasie zum Ausdruck bringen.“
Der heimliche Star dieses Büro-Monuments in spe ist allerdings die Corona-Pandemie. Sie sei es gewesen, die Chef-Architekten Ma Yansong als Inspiration für The Star gedient hat, sagt er selbst. So sei ihm während der Lockdowns klar geworden, dass eine Post-COVID-Welt neuen Bedürfnissen folgen werde. „Komfort, Fitness, das körperliche, emotionale und geistige Wohlbefinden der Mitarbeiter wird in der Berufswelt einen höheren Stellenwert bekommen“, postulierte er zu Beginn der Planungsphase.
Alles für das seelische Gleichgewicht
Daher die Freiflächen und die Glasfassade. Beides soll in seiner Vorstellung eines perfekten Büroturms die Grundlage bieten, um das seelische Gleichgewicht des Baus bewusst steuern und somit erhalten zu können. Um so jenes der darin arbeitenden Menschen positiv zu beeinflussen.
Man habe sich bei jedem Planungsschritt auf den Licht- und Luftbedarf der in den jeweiligen Bereichen arbeitenden Menschen konzentriert, heißt es. Deshalb sollen auf sämtlichen Flächen Sensoren integriert werden, die nicht nur das Raumklima, sondern auch die Körperfunktionen der Menschen überwachen sollen.
Konkrete Vorstellung? Noch in Arbeit
Wie sich das Ma Yansong konkret vorstellt, blieb er bei der Präsentation von The Star allerdings schuldig. Nun wird gemunkelt, man wolle über Wärmekameras Rückschlüsse auf Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Menschen schließen wollen.
Von seiner Vision ist der chinesische Star-Architekt jedenfalls felsenfest überzeugt. Er sagt: „Hollywood ist seit langem ein bedeutendes Zentrum für Kultur und Kreativität. The Star wird das neue ikonische Wahrzeichen von Hollywood sein und die Inspiration und Kreativität der Öffentlichkeit weiter fördern.“
The Star ist seiner Zeit voraus
Eines jedenfalls ist jetzt schon einmal klar: Geht es nach dem MAD-Architekten, sind wir der SimCity-Zeit voraus. Bis 2026 soll The Star betriebsbereit sein. Dieser Speed hat aber auch seinen Preis: 500 Millionen US-Dollar wurden budgetiert. Tendenz steigend. Aber wenn wir uns nur wieder darauf besinnen, dass The Star im Herzen der Traumfabrik entstehen soll, scheint das alles – total realistisch. Film ab!
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: MAD Architects