The Kaleidoscope
#architektur

Gut behüteter Arbeitsplatz

Dass Arbeits- und Schlafplätze auf einem Fabriksgelände nicht unbedingt in einem Baucontainer beheimatet sein müssen, beweisen die Architekten von Inrestudio. Sie haben mit The Kaleidoscope ein Büro- und Wohngebäude geschaffen, das spannende Architektur mit effizienter Funktionalität und angenehmer Atmosphäre vereint.

Sagt Ihnen das Logo der amerikanischen Fastfood-Kette Pizza Hut etwas? Es zeigt das Dach der in den USA oftmals freistehenden Restaurants, also einer „Hütte“ (daher auch der Name Pizza Hut). Im deutschsprachigen Raum wird das Logo jedoch gerne mal als Hut wahrgenommen. Ein Eindruck, dem ein Missverständnis beim Namen der Kette zugrunde liegt. Denn das englische Wort für „Hütte“ sieht nun mal genauso aus wie das deutsche Wort „Hut“ …

Beim neuesten Projekt des vietnamesischen Architekturbüros Inrestudio hingegen ist die Wahrnehmung, einen Hut vor sich zu haben, alles andere als ein Missverständnis. The Kaleidoscope, ein Arbeits- und Wohngebäude, ist tatsächlich einem Nón lá, einer traditioneller vietnamesischen Kopfbedeckung, nachempfunden.

The Kaleidoscope
Das Dach von The Kaleidoscope ist einem traditionellem vietnamesischem Hut nachempfunden.

Kaleidoscope als Klima-Schutzraum

Errichtet wurde das behütete, einstöckige Haus auf dem Fabriksgelände der Hoang Long Mineral Company in der Provinz Quảng Bình. Seinen Namen hat es aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen, quasi kaleidoskopischen Blickwinkel aus dem nach allen Seiten offenen Gebäude: Auf das Meer, auf einen bewaldeten Hügel, auf das Gelände.

The Kaleidoscope
Errichtet zwischen Hügeln und Meer …

The Kaleidoscope
… bietet The Kaleidoscope unterschiedliche Aussichten

Der Fokus des Projekts lag darin, einen Raum zu schaffen, der vor dem extremen Klima der Region schützt, erklärt Inrestudio. „Während der Trockenzeit weht heißer Wind, während der Regenzeit gibt es Taifune und Überschwemmungen.“

Sonnenhut

Der einem Hut nachempfundenen Dachkonstruktion kommt daher auch eine funktionelle Bedeutung zu: Das konische Dach wirft Schatten auf das gesamte Gebäude, der belüftete Hohlraum der Konstruktion fungiert als natürliche Isolation bei Sonneneinstrahlung. Die weit und tief überhängenden Traufen machen offene Fenster auch bei Starkregen möglich.

The Kaleidoscope
Gut behütet bietet das Kaleidoskop Schutz vor dem extremen Klima.

Getragen wird das Dach von teils offenen Betonwänden, die eine natürliche Belüftung des gesamten Gebäudes ermöglichen. Der Grundriss besteht in beiden Stockwerken aus, mit der Spitze nach innen liegenden, Dreiecken, in denen sich die Wohnbereiche und kleinere, private Büros befinden. Der zentrale Büroraum befindet sich im ersten Stock, darunter gibt es einen offenen Bereich, in den von außen direkt zugefahren werden kann.

The Kaleidoscope
Sieben Dreiecke nehmen ihn in die Mitte …

The Kaleidoscope
… den großen, zentralen Büroraum.

Zwischen den Dreiecken liegen Gemeinschaftsbereiche wie der Speisesaal, ein Auditorium, Besprechungszimmer sowie große, offene Balkone.

Lichtspiele

Besonderes Augenmerk wurde auf die Lichtverhältnisse innerhalb des Gebäudes gelegt. Die Muster der Betonwände erzeugen ständig wechselnde Licht- und Schattenspiele im Inneren. Bei Einbruch der Abenddämmerung wiederum sorgt eine sanfte Beleuchtung für eine angenehme, wohnliche Atmosphäre im Haus.

The Kaleidoscope
Licht- und Schattenspiele untertags …

The Kaleidoscope
… warme Beleuchtung in der Nacht

Der Tag geht …

Die Lichtgebung markiert so auch den Funktionswechsels des Gebäudes mit dem Übergang von Tag zu Nacht: Es wandelt sich vom Arbeits- zum Schlafplatz. „Wenn der Tag endet, ähnelt das Gebäude einem großen Wohnaus, das von einer warmen Beleuchtung erfüllt wird“, so Inrestudio dazu.

Um die nötige Privatsphäre zu gewährleisten, bestehen auch die Innenwände aus dicken Betonelementen.

The Kaleidoscope
Am Abend verwandelt sich The Kaleidoscope in ein großes Wohnhaus.

Langlebiges Design

The Kaleidoscope wurde innerhalb von fünf Jahren verwirklicht und im Mai 2022 fertiggestellt. Errichtet wurde es von einem Team, das aus erfahrenen Bauarbeitern aus Ho-Chi-Minh-Stadt sowie lokalen Arbeitern, die kaum Erfahrung mitbrachten, bestand. „Das Projekt trägt so zur Entwicklung des regionalen Handwerks bei und zeigt das Potential von ländlichen Bauprojekten,“ erklären die Verantwortlichen von Inrestudio.

The Kaleidoscope
Ein Team aus erfahrenen und wenig erfahrenen Arbeitern setzte das Projekt um.

Das 2016 eröffnete Architekturbüro ist selbst in Ho-Chi-Minh-Stadt zuhause und hat es sich zum Credo gemacht, auch die Umgebung jedes ihrer Projekte stark in diese miteinzubeziehen. Man wolle „Langlebiges in einer schnell wachsenden Gesellschaft designen“.

Text: Michi Reichelt
Bilder: Hiroyuki Oki

Jetzt Newsletter Bestellen <>