Die Fassade der Kaffee-Kunst
Der TAG Espresso Pop-up-Store, eine Kollaboration von Studio YO-U und Atelier TUO, lockte Besuchende auf dem Lujiazui Coffee Festival in Shanghai nicht nur mit Kaffee an.
In der zweitgrößten Stadt Chinas ist ordentlich was los. Und das liegt nicht nur an den 23 Millionen Einwohnern im erweiterten Stadtgebiet. Auch zahlreiche Touristen zieht es nach Shanghai, das Reisende mit einzigartigen Skylines, zahlreichen Sehenswürdigkeiten und ein paar ganz besonderen Highlights begeistern kann – wie beispielsweise Chinas Kaffeekultur. Ja, es klingt ein wenig paradox, dass sich ausgerechnet das Land der Teetrinkenden zu einer der führenden Kaffeenationen weltweit entwickelt.
Knapp 50.000 Kaffeehaus-Ketten in ganz China können vor allem junge Menschen für sich begeistern. Diese zeigen sich dabei – anders als in westlichen Ländern – überaus experimentierfreudig: Kaffee wird hier gerne mal mit anderen Getränken, beispielsweise Tee oder (ja, tatsächlich) Glühwein gemischt. Der neuste Trend eines Coffee-Shops in Shanghai: Milchkaffee, serviert in einer Paprika.
Kopi mit Twist
Die Experimentierfreude macht sich auch TAG Espresso aus Singapur zunutze. Das Konzept des Unternehmens: Kunden förmlich jeden Wunsch von den Augen abzulesen – und Kaffee ganz nach ihrem Geschmack zu kreieren. Dahinter steckt auch einiges an Kultur. So sieht man in Kopi, dem traditionellen südostasiatischen Heißgetränk, nicht einfach nur Kaffee. „Er ist ein kulturelles Emblem, das die Vielfalt der singapurischen Traditionen und Geschmäcker widerspiegelt“, so TAG Espresso.
Und diesen Kaffeegenuss bietet die Marke ihren chinesischen Kunden – wenn auch nicht ganz so traditionell – mit einem ganz persönlichen Twist. Ein Konzept, dass sich zu bewähren scheint, denn das Kaffee-Unternehmen betreibt bereits zwei Stores in Shanghai – und ein dritter ist in Planung.
Kaffeegenuss im Rampenlicht
Ein temporäres Projekt sollte 2023 ebenfalls für Kundenansturm sorgen: Ein Pop-up-Store auf dem Shanghai Lujiazu Coffeee Festival. Im Herzen des Stadtbezirks Pudong befindet sich Lujiazu – ein besonders glamouröses Finanzviertel, bekannt für seine futuristische Wolkenkratzer. Hier zelebriert das dortige Festival Kaffeegenuss auf hohem Niveau, weshalb sich jährlich mehr als 250 Kaffeemarken präsentieren. Seit 2023 fungiert die vom Festival gebotene Plattform Coffee Cube als Sprungbrett für junge Anbieter, um zukünftig weiterwachsen zu können.
Genau hier, umrandet von Hochhäusern, inmitten einer grünen Rasenfläche, wurde der kleine Store als Eye-Catcher von Studio YO-U und Atelier TUO errichtet. Die beiden Teams nutzen die zur Verfügung stehenden 36 Quadratmeter, um für TAG Espresso einen einzigartigen Pop-up-Store zu gestalten. Wiedererkennungswert inklusive. Vor allem aber: für Festival-Gäste von allen Seiten zugänglich.
Ganz klein im großen Stil
Das Häuschen besteht aus einer Stahlrohr-Konstruktion, die zur Gänze von hölzernen Schindeln bedeckt ist. Dadurch erweckt der TAG-Store von Weitem den Eindruck, als wäre er einem Zeichentrickfilm entsprungen; einem Knusperhäuschen nicht unähnlich. Verstärkt wird dieser Eindruck von an den Fenstern angebrachten Emojis – die Markenzeichen des Unternehmens, dessen Name unübersehbar am Dach des Stores prangt.
Dieser besteht aus zwei Hauptmodulen, wobei eins davon eine Krümmung von 22,5 Grad aufweist. Das Besondere: die Module lassen sich beliebig zusammensetzten. 3,6 Meter Höhe und 2,1 Meter Breite verleihen dem Pop-up-Store im Inneren insgesamt genügend Platz zum Verkaufen, Verkosten und Verweilen.
Modulares Meisterwerk
Die geschwungenen Schindeln aus rotem Zedernholz strahlen eine positive, freundliche, ja fast schon verspielte Atmosphäre aus. Dank ihrer leichten Neigung nach oben machen sie den Kiosk regensicher – und lassen natürliches Licht durchdringen. Durch die Schindeln hindurch erstrahlt das Innere in einem kräftigen Blauton, ein weiteres charakteristisches Merkmal für TAG Espresso.
Studio Yo-U und Atelier TUO zeigen, wie geschickt Funktionalität und Design verbunden werden können. Ihre Inspiration: Der französische Architekt und Designer Jean Prouvé, der als gewiefter Konstrukteur in die Geschichte einging. Seine Werke waren in der Regel für temporäre Nutzung gedacht und daher leicht demontierbar.
Auch die Stahlrohr-Hauptstruktur des TAG Espresso Pop-up-Stores kann vor Ort (de-)montiert werden. Es wäre nicht überraschend, wenn diese Art der modularen Cafés sich weiter bewährt: Konzeptionelle Pop-up-Stores gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Der TAG Espresso Pop-up-Store ist jedenfalls ein gelungenes Beispiel für eine strahlende Zukunft – der Architekten und der Kaffee-Marke.
Text: Katarina Andraschko, Michi Reichelt
Bilder: Viola Hu/half.half.photography