Die Wiederentdeckung der Markthalle
In Meerstad hat De Zwarte Hond den SuperHub entworfen: Ein nachhaltiges, flexibles und sogar rückbaubares Mixed-Use-Gebäude, das als Community-Treffpunkt fungiert. Das Markthallen-Konzept ist innovativ, die Holzkonstruktion einzigartig.
Unter einem Hub versteht man gemeinhin einen Knotenpunkt oder eine Drehscheibe. Ein Hub definiert somit einen zentralen Ort, wo Verbindungen zusammenlaufen und von dem aus neue Richtungen eingeschlagen werden können. Was insbesondere für „Connectivity“-Schnittstellen in der Welt der Elektronischen Datenverarbeitung gilt, trifft auf die Welt der Stadtplanung genauso zu.
Rauschendes Ried statt rasender Verkehr
Und unter diesem Gesichtspunkt kann auch ein Gebäude mit Mischnutzung, in dem unter anderem ein Supermarkt plus Cafe sowie ein Gesundheitszentrum und eine Kindertagesstätte untergebracht sind, zu einem SuperHub mutieren. So geschehen in Meerstad, einem aufstrebenden Stadtteil nahe der niederländischen Stadt Groningen. Das Gebiet ist beliebt für seine vielen Freiflächen und Grünflächen sowie für den Erholungssee Woldmeer.
In der Gegend wird in den kommenden Jahrzehnten ein Viertel mit 5.000 neuen Wohnungen entstehen. Denn Meerstad wächst stetig. Um den Bedürfnissen der Bewohner des Quartiers gerecht zu werden, hat De Zwarte Hond eine Art Cluster entworfen. Dieser ist aber definitiv mehr als nur ein Angebot an diversen kommunalen Einrichtungen.
Mit Blick auf diese künftige Expansion ist es wichtig, dass das Viertel ein einladendes Gemeindezentrum enthält, so der Plan der Stadtväter. Mehr noch: Es soll den Bewohnern auch als Ort zum entspannten Treffen, Reden und Dinieren dienen. Einkaufsmöglichkeiten dürfen freilich nicht fehlen.
Markthalle als Meetingpoint
Der auffällige SuperHub des niederländischen Architekturbüros mit dem originellen Namen – De Zwarte Hond heißt auf Deutsch „der schwarze Hund“ – verkörpert diese „Bestimmung“. Und gleichzeitig auch die Grundgestaltungswerte der Nachhaltigkeit und Lebensqualität.
Wie wir unsere Zeit einteilen und gestalten, ändert sich gerade massiv. Auch der Vorgang des Einkaufens hat sich total gewandelt. Online- und Lieferdienste vereinfachen zwar vieles, hinterlassen aber doch eine Lücke im sozialen Leben. Den Planern des SuperHub war sehr wohl bewusst, dass ein Einkaufszentrum heutzutage daher besondere Aufenthaltsqualitäten aufweisen muss.
Ziel war es, das Einkaufserlebnis wieder persönlich und sozial zu gestalten und den Besuchern eine erfrischende Alternative zu bieten. Neben seiner Funktion als Nahversorger ist das offene und großzügige Gebäude darüber hinaus zum beliebten Treffpunkt für die Bewohner geworden.
Problemlose spätere Umnutzung
Darüber hinaus wurde der Baukörper zukunftssicher geplant und lässt Raum für Anpassungen oder Ergänzungen. So könne das Gebäude später auch problemlos für Bildungs-, Sport- oder Wohnzwecke adaptiert werden, heißt es.
Für Meerstad war die Errichtung des SuperHubs ein großer Schritt, ging er doch mit dem ersten Supermarkt dort einher, mit einem „Jumbo“. Jumbo ist eine lokale Supermarktkette. Mit einem Marktanteil von 21 Prozent ist sie der zweitgrößte Lebensmitteleinzelhändler in den Niederlanden.
Neben der Lebensmittelhandelsfläche hat auch ein Sushi-Laden eröffnet. Die Realisierung für den Bauträger MWPO hatte Brands Bouw über. Die Handelsgruppe Maripaan wiederum war für die spezielle „Einzelhandels- und Gastronomie-Formel“ verantwortlich, für den „Look and Feel“.
Von überall her gut zu erreichen
Schon die offene, freundliche Architektur verrät, dass es sich um einen „wahren Meetingpoint“ für die mehr als 2.700 Einwohner des Stadtteils handelt. Auf der Nordachse bildet das Gebäude zusammen mit der lokalen Schule das zentrale Versorgungszentrum von Meerstad. Auf der Südseite schließt es an die Hauptverkehrsader an, die durch Meerstad führt, und den neuen Park am See begrenzt.
Durch die Lage an der Kreuzung wichtiger Zugangs- und Erholungswege ist SuperHub von allen Seiten gut zu erreichen, auch mit dem Fahrrad. Vom Café aus, mit seiner großzügigen Terrasse, bietet sich ein beeindruckender Blick sowohl auf den Park als auch auf das Wasser.
Moderne Symbiose
Der Auftrag an De Zwarte Hond lautete, ein multifunktionales und anpassungsfähiges Gebäude für das Viertel zu schaffen. Und so ist SuperHub eine moderne Symbiose aus dem Sozialraum Marktplatz und Einkaufszentrum. Das flexible, offene Layout ermöglicht es, die Funktionen des Gebäudes mit den sich ändernden Bedürfnissen der Gemeinde neu zu erfinden, so dass es in Zukunft nicht abgerissen werden muss. In 20 Jahren beispielsweise könnte dort ein Museum oder eben neuer Wohnraum entstehen.
Das Gebäude stehe voll und ganz im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen von Meerstad, betonen De Zwarte Hond und Brands Bouw. Es ist betonarm, das Hauptmaterial ist Holz, damit entspreche es den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Schon zuvor ist De Zwarte Hond mit Projekten in Holzbauweise aufgefallen. Jüngst etwa auch in Amsterdams Hafengebiet: Dort ist mit dem Alliander Westpoort ein Büro- und Gewerbe-Areal entstanden, das die Holzbauweise feiert. Sein Grundriss unterliegt einer rhythmischen Codierung, die das Ensemble zu einer resilienten Einheit verschweißt.
Die neu belebte Version der traditionellen Markthalle ist großzügig gestaltet. Das Objekt verfügt über eine Tragstruktur, die vollständig aus überkreuzten Brettschichtholz-Stützen und -Trägern besteht. Die Form der Stützen wechselt von einer Säule zu einem elegant geschwungenen Balken. Dies verleiht dem Gebäude eine kathedralenartige Anmutung.
Die große Spannweite und die Deckenhöhe von neun Metern schaffen einen außergewöhnlich hellen Raum. Zudem gewährleistet diese Struktur die künftigen flexiblen Grundriss- und Nutzungsanpassungen.
Weit ausladendes Vordach als Sonnenschutz
Das große, mehr als fünf Meter weit auskragende Vordach schützt die Menschen vor der Sonne und integriert die Struktur mit eleganten Säulen und netzartigen Holzfachwerken harmonisch in die grüne Umgebung. Die durchdachte Konstruktion verleiht dem Gebäude Stabilität. Es ist keine zusätzliche Aussteifung oder Verstrebung gegen etwaige Windböen erforderlich.
Auf dem Dach sind Sonnenkollektoren angebracht, mit denen unter anderem die eingebaute Luftaufbereitungsanlage betrieben wird. Die Pflanzen auf dem Dach locken Bienen und Insekten an. Die Wärme- und Kältespeicher im Boden sorgen für ein optimales und energieeffizientes Raumklima.
Mehrere Dachfenster bringen zusätzliches Licht in das Zentrum des Gebäudes.
Weitgehend erdbebensicher und rückbaubar
Alle Gebäudeteile waren vorgefertigt und so konnte man die Bauzeit in engen Grenzen halten. Außerdem ist das Gebäude so konzipiert, dass es die durch Erdbeben verursachten Erschütterungen aushalten kann. Eine weitere Stärke des Projekts ist, dass das Gebäude komplett rückgebaut und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden kann.
Konsequenterweise hat der SuperHub beim Groninger Architekturpreis in der Kategorie „Preis der Fachjury“ den Sieg errungen und in der Wertung der Publikumsjury den 3. Platz gemacht.
Text: Linda Benkö
Fotos: Ronald Tilleman, Ronald Zijlstra