Sugar Valley: „Süßer“ leben in der Stadt (Bild: KCAP)
#stadtplanung

Süßer leben in der Stadt

Ein besonders ehrgeiziges Großprojekt soll München ein naturnahes und innovatives Stadtviertel bescheren. Der Name: Sugar Valley. Die Vision: Eine der nachhaltigsten Nachbarschaften Deutschlands.

Für ausgehfreudige Münchner war die Nachricht wohl enttäuschend: Das beliebte Kultur- und Freizeit-Zentrum Sugar Mountain muss Neuem weichen. Der Grund dafür lässt jedoch auf mehr und ebenfalls süße City-Angebote hoffen. Die Flächen des Freizeit-Treffs sind nämlich Teil jenes Areals, das zum neuen und besonders nachhaltigen Viertel Sugar Valley werden soll. Und dieses von Salvis Consulting entwickelte Großprojekt soll Leben und Arbeiten im Stadtteil Obersendling künftig angenehm und bunt gestalten. 

Facettenreicher Masterplan

Der Masterplan und die städtebaulichen Richtlinien für Sugar Valley kommen von dem in Sachen Stadterneuerung erfahrenen, niederländischen Büro KCAP, den dänischen SLA-Landschaftsarchitekten und dem dänischen Büro COBE. Alt und Neu werden dabei zu einem zukunftsorientierten Ganzen verschmolzen. Insgesamt setzt sich das Bauvorhaben aus elf Gebäuden zusammen. Die Entwürfe dazu stammen aus der Feder von fünf national und international renommierten Architekturbüros. Jeder Bau soll individuell gestaltet werden – inklusive dreier „Spitzen“ mit 80 Metern Höhe.

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Viel Grün und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten: Der Masterplan für das neue Münchner Stadtquartier Sugar Valley.

Einst industrielles Rückgrat der Stadt, befindet sich der Stadtteil Obersendling seit Jahren im stetigen Wandel. Viele alte Fabriken und Lagerhäuser sind bereits modernen Entwicklungen gewichen. Das ursprünglich „Wunderkammer“ genannte neue Viertel verwandelt ein 4,7 Hektar großes Industriegelände, das früher ein Siemens-Werk und ein Betonwerk beherbergte, in ein zukunftsfittes, gemischt genutztes Quartier. 

Das 5-Minuten-Quartier

Hinter dem Masterplan für Sugar Valley stand die Frage, wie ein dichtes Stadtviertel mit hervorragenden Landschafts- und Umweltbedingungen geschaffen werden kann. Eines, das sich nahtlos in seine Umgebung einfügt, viel Grünraum und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bietet.

Umwelt- und Klimaaspekte wurden mit Hilfe digitaler Werkzeuge optimiert. Und die Lage zwischen zwei nahen U-Bahn Stationen für den Entwurf eines fortschrittlichen Mobilitätskonzepts genützt. Schließlich orientiert sich der Plan am Ideal der „15-Minuten-Stadt“, die kurze Wege zu allen urbanen Angeboten vorsieht. Mit Sugar Valley peilen die Planer sogar ein 5-Minuten-Quartier an.

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„Sugar Valley“: Münchens neues Quartier setzt auf ein modernes Mobilitätskonzept…

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… und viele grüne Freiflächen, die allen Bewohnern und Besuchern offen stehen.

KCAP zeigt die nördliche Grenze des neuen Viertels an der Münchner Boschetsrieder Straße. Zentral durch das Projektgebiet zieht sich eine ehemalige Bahnlinie, die zum Fußgänger- und Radweg umfunktioniert wurde. Heute verläuft darunter die U-Bahnlinie 3. Die architektonische Gestaltung von Sugar Valley spiegelt die raue Industrie- und Nachkriegsgeschichte des Areals: Materialien wie Sichtbeton, Stahl und Ziegel dominieren. Postindustrielle Ästhetik, die jedoch durch viele Grünflächen aufgelockert wird.

Gut wohnen, arbeiten & mehr

Von modernen Arbeitsplätzen und Wohnvarianten für alle Generationen bis Einkauf, Gastronomie, Freizeitgenuss und Veranstaltungen: Sugar Valley soll alles bieten, was Stadtleben verlockend und gesund gestaltet. In architektonisch attraktivem und vielfältigem Umfeld.

Attraktives Formenspiel

Der zentrale Platz wird von drei 80 Meter hohen Türmen flankiert. Er weitet sich in der Mitte und schafft dadurch eine Fülle von Räumen Platz für Zusammenkunft und Entspannung im Grünen. Die gestaffelten, terrassenartigen Formen der Türme sehen die KCAP Architekten als Anspielung auf die Industriesilos, die dort einst die Skyline prägten. Umrahmt wird der weitläufige Platz von Gebäuden mit Rücksprüngen und Abstufungen. Die Terrassen und Außenbereiche dieser Bauten werden auf halber Höhe angeordnet. 

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Jedes Gebäude des neuen Stadtquartiers soll sein eigenes, charakteristisches Aussehen bekommen.

Begrünte Dächer, Regenwassernutzung und energieeffiziente Bausysteme sind im neuen Stadtteil Standard. Das ambitionierte Konzept der Entwickler ist ganz auf natürliche Ressourcen ausgerichtet: Weder Bau noch Betrieb sollen, wie es heißt, die Umwelt mit zusätzlichem CO2 belasten. Es gilt absoluter Vorrang für erneuerbare Energien wie oberflächennahe Geothermie, Sonne und Wind. Zudem sollen Wärmepumpen und unterschiedliche Methoden zur Energiespeicherung zum Einsatz kommen.

Viel Stadt-Natur für alle

Nach der Fertigstellung wird das Quartier laut Plan über 20.000 Quadratmeter Grün- und öffentlich zugängliche Freiflächen umfassen. Darunter auch eine 400 Meter lange, blau-grüne „Stadtnaturachse“, die der Haupttrasse der ehemaligen Fabriken folgt. Inspiration für die Landschaftsgestaltung holte sich das SLA-Team von den Alpen und umliegenden Tälern Münchens. 

Zukunftsorientiertes Gesamtkonzept

„In Sugar Valley integrieren wir Gebäude, Infrastruktur, Regenwassermanagement, Mikroklima und Außenräume in einen großen Gesamtplan“, erklärt SLA-Partnerin Franziska Meisel zu den Plänen. Und führt aus: „Durch die Wiederverwendung der bestehenden industriellen Strukturen, Materialien und Atmosphären und die Schaffung eines großen, autofreien Stadtbodens erhält das Viertel eine völlig neue Identität in München.“

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Urbane Lebensqualität: Der Masterplan setzt ein nachhaltiges, grünes Quartier in die Stadt, …

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… das nicht nur Münchens Stadtteil Obersendling bereichern und einladend gestalten soll.

Optimale Positionierung von Gebäuden, städtischen Räumen, grünen Parkflächen und Bäumen zueinander soll ein natürliches Mikroklima gewährleisten. Eines, das auch bei extremen Unwettern Regenwasser aufnimmt, reinigt und ableitet, vor kalten Winterwinden schützt und sommerliche Hitzeinseln minimiert.

Alles da & alles nah

Landschaft und städtische Räume des Quartiers sind so angelegt, dass ein perfektes Umfeld für abwechslungsreiches, aktives Stadtleben entsteht. So sind etwa informelle Treffpunkte, Vorrang für Fußgänger- und Fahrradwege, Sitzgelegenheiten im Freien und eine große Lebensmittelhalle für lokale Waren und Produzenten fixe Teile des großen Plans.

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Einst Industriegebiet, bald attraktiver Lebensraum …

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… für alle Generationen: das Großprojekt Sugar Valley.

Das am ersten Bauabschnitt beteiligte deutsche Büro J.MAYER.H. und Partner, das das Areal des ehemaligen Betonwerks transformieren wird, beschreibt: „Im so genannten Zuckertal haben wir auf dem zentralen Grundstück eine Drehscheibe für soziokulturelle Interaktion entworfen.“ Mit dem Ziel, dem neuen Stadtteil durch Kulturangebot, Gastronomie, Veranstaltungen, Gemeinschaftsflächen und künstlerische Elemente einzigartigen Charakter zu verleihen. Bauabschnitt Nummer eins soll 2027 fertig werden. 

Vom Zuckerberg zum Zuckertal

Für die Fertigstellung des großen Vorhabens nennt man beim Masterplan-Team des Büros KCAP das Jahr 2034. Kaum nennenswerter Trost für jene Münchner, die das eingangs erwähnte Kulturzentrum Sugar Mountain schon jetzt vermissen. Wobei, und auch wenn es noch dauern wird: Sugar Valley stellt jedenfalls erfreulichen Ersatz in Aussicht. Dem Vernehmen nach auch schon nach Abschluss des ersten Bauabschnitts.

Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: KCAP, Olof Eriksson

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