Eine Perle aus Holz und Stroh
Das außergewöhnliche kleine Wohnhaus Strohfloh zeigt, wie nachhaltiges Bauen unkompliziert zu bewerkstelligen ist. Die „Holzperle” wurde in Holzriegelbauweise mit Strohballendämmung und Photovoltaikanlage in Murstetten errichtet.
An Murstetten führen wohl viele Wege vorbei. Bisher zumindest. Die 300-Seelen-Gemeinde ist zwar nur rund 20 Kilometer von der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten entfernt. Auch die Wienerwald-Kleinstadt Neulengbach ist nicht weit. Doch der Weg zu diesem kleinen Dorf am Fuße des Frauenbergs ist es wert.
Dafür gibt es gute Gründe. Zunächst ist der Ort geschichtsträchtig: Hier befand sich die Goldburg. Das Renaissance-Schloss zählte zu den prächtigsten Schlössern in Niederösterreich, bis es 1809 von napoleonischen Truppen als Racheakt für den ungeklärten Tod eines Soldaten in Brand gesteckt wurde. Im Zentrum von Murstetten findet man noch die verfallene Gartenmauer des Schlosses.
Außergewöhnliches Wochenendhaus: der Strohfloh
Zum zweiten steht nun ein Musterbeispiel für gelungenen nachhaltigen Holz-Wohnbau in Murstetten.
Die Goldburg wurde nicht wieder aufgebaut. Auf dem Gelände, das unter Denkmalschutz steht, finden sich noch einige historische Relikte wie Mauern und Skulpturen. Und seit 2022 ziert den Park mit seinem rauen, wilden Aussehen nun ein Wochenendhaus, der Strohfloh.
Das historisch aufgeladene Grundstück in Murstetten bleibt in seiner rauen, wilden Anmutung erhalten. Der Neubau spielt sich frei von der umliegenden Bebauung und steht als Solitär selbstbewusst und selbstverständlich inmitten der historischen Überreste.
Juri Troy
Das „Einraumhaus” behauptet sich selbstbewusst inmitten der historischen Überreste und dem Wildwuchs, unweit vom Ortskern im Osten. Im Westen schließen Felder und Wiesen unmittelbar an das Grundstück an. Nur 42 Quadratmeter groß ist der von juri troy architects aus Wien konzipierte und realisierte kompakte Neubau.
Trutzburg mit Zugbrücken
Fast als habe man Reverenz an die einstige Burg erweisen wollen, können an den Schmalseiten des kleinen Hauses die Eingangstreppe im Norden sowie die Terrasse im Süden wie Zugbrücken hochgezogen werden. Werden diese Gebäudeteile mit Hilfe des Seilzugs hochgeklappt, sind diese beiden Fassaden komplett geschlossen.
Ausreichend Tageslicht dringt durch die großen Panoramafenster auf der Längsseite ein. Diese bieten auch interessante Ausblicke, etwa in Richtung Kirche, ins Tal oder zu den Überresten der historischen Teile der einstigen Burg.
Von ein- bis zweigeschoßig
Entlang der beiden Längsseiten des Strohfloh werden die Außenwände durch eine raumhohe Regalkonstruktion zum Innenraum erweitert. Sie machen einerseits die Tragstruktur der Außenwände ablesbar. Andererseits bieten sie Stauraum und Platz für Sitznischen und Arbeitsflächen.
Der kompakte Strohfloh entwickelt sich in seiner Höhe von ein- zu zweigeschossig. Man gelangt über den nördlich gelegenen Eingang ins Haus. Dort sind die Sanitärzelle und die Schlafgalerie untergebracht.
Aufständerung minimiert Bodenversiegelung
Der südliche Gebäudeteil ist der niedrigere. Hier befindet sich der Wohnraum mit der offenen Küche. Und hier liefert die großzügige Verglasung freien Blick auf den Garten und den durch das Gründstück fließenden kleinen Bach. Zudem lässt sich die Verglasung vollständig öffnen.
Das Projekt folgt einem ganzheitlich nachhaltigen Konzept in Planung, Nutzung und Umsetzung. Beispielsweise wurde unnötige Bodenversiegelung vermieden, indem man das Haus aufgeständert hat. Der Boden ist nur von den acht Schraubfundamenten tangiert.
Lokale Materialien
Die Baumaterialien stammen zum überwiegenden Teil aus der unmittelbaren Umgebung. So hat der Bauherr sowohl beim Holz für die konstruktiven Elemente als auch für die Oberflächen auf den Bestand im hauseigenen Wald zurückgegriffen. Es wurde im benachbarten Sägewerk verarbeitet.
Die Dämmung des Weekend-Häuschens besteht aus Stroh von einem benachbarten Bauernhof. Zur Wärme- und Energiegewinnung dient die Photovoltaikanlage auf der gesamten Dachfläche.
Kooperation mit Caravan Atelier
Das Projekt wurde Hand in Hand mit Caravan Atelier ausgeführt. „Durch die enge Zusammenarbeit hatten wir als Büro mehrfach die Möglichkeit auch selbst auf der Baustelle aktiv zu werden und sowohl bei der Strohdämmung als auch den Fassaden- und Möbeltischlerarbeiten mitzuarbeiten”, sagt Juri Troy.
Text: Linda Benkö
Fotos: juri troy architects, Caravan Atelier