Eindhovens neue „Wohn-Tribüne“
Was Philips-Produktionsstätte war, ist heute begehrtes Wohngebiet und kreatives Zentrum von Eindhoven: Strijp-S fasziniert mit industriellem Erbe und modernem Design. Mit dem Wohn- und Mixed-Use-Neubau „Strijp-S Tribune“ soll der Stadtteil nun ein weiteres Highlight bekommen.
Ein guter Ort für Neues war die niederländische Gemeinde Strijp schon vor über 100 Jahren. Gerade Teil der Stadt Eindhoven geworden, wurde sie 1920 vom aufstrebenden Elektronik-Unternehmen Philips als Produktionsstätte auserkoren. Teil eins dieser Entwicklung: Das Strijp-S genannte Areal, das sich nach dem Philips-Wegzug in den 1990er Jahren zum lebendigen Kreativviertel mauserte. Alte Fabriken beherbergen nun Werkstätten, Wohnungen, Büros, Shops, Lokale und mehr. Und Neubauten sorgen für einen spannenden Mix aus Gestern und Morgen. So, wie das innovative Wohngebäude Strijp-S Tribune, das bald ein weiteres Highlight setzen soll.
Design-Hotspot
In den umgenutzten Fabriken und den neuen Hochhäusern rund um den Ketelhuisplein logieren kreative Unternehmen und Anwohner in bestem Einvernehmen. Die Dutch Design Week lockt alljährlich Akteure und Interessenten aus aller Welt. Und Architektur-Fans genießen Touren durch diesen Teil Eindhovens, der mit vielen höchst interessanten Gebäuden aufwartet. Dazu zählen etwa die beiden, nach den Philips-Familienmitgliedern Gerard und Anton benannten ehemaligen Fabriksbauten, sowie der Trudo Tower und der Haasje Over Tower.
Charakteristisch für Strijp-S ist auch die Leidingstraat („Rohrstraße“): Eine hängende Pergola, die einst Flüssigkeiten und Gase zwischen den Fabrikgebäuden transportierte. Sie wurde 2014 vom Landschaftsarchitekten Piet Oudolf und den Lichtdesignern Har Hollands in einen erhöhten Garten verwandelt.
Neue „Stufen“ der Innovation
All diese Sehenswürdigkeiten sind bestimmend für den innovativen Neubau „Strijp-S Tribune“, der bald im Herzen des Gebiets entstehen soll. Designt vom niederländischen Top-Büro MVRDV, das in Eindhoven bereits mit anderen Projekten Furore macht. Und im Auftrag des Entwickler-Unternehmens Trudo, das auch schon für andere Novitäten des Quartiers sorgte.
Das neue Vorhaben wird ab Herbst 2024 in genau jenem Dreieck realisiert, das die Gebäude Anton, Haasje Over und Area51 bilden. Direkt am lebhaften Ketelhuisplein. Wie der Name schon sagt, hat es die Form einer Tribüne. Und damit nicht genug: MVRDV verpasst dem in Stufen angelegten „Strijp-S Tribune“ freundlich anmutenden Holz-Look und dichte Begrünung.
Gute Aussichten für Bewohner
In Erdgeschoss und erstem Stock ist Platz für kommerzielle Funktionen vorgesehen. Darüber entstehen 56 Wohnungen – jeweils mit eigenem Balkon oder Dachterrasse mit Blick auf den Ketelplein. Die verschiedenen Ebenen der Tribüne sind mit grünen Pflanzgefäßen gesäumt. Auf den Terrassen wird für aufsteigendes Grün, wie etwa Bäume, Sträucher und Sedumpflanzen mit automatischem Bewässerungssystem gesorgt.
Grünes Plus „Strijp-S Tribune“
Damit fügen die MVRDV Architekten dem Gebiet, in dem auch andere Bauten auf spektakuläre Begrünung setzen, ein zusätzliches ökologisches Plus hinzu. Passend zu nahen, vom selben Entwickler realisierten Projekten, wie dem Trudo Tower. Schließlich wurde dieser vom fürs rundum grüne Mailänder Hochhaus „Bosco Verticale“ berühmten Architekten Stefano Boeri designt.
Im hinteren Teil des „Strijp-S Tribune“ Geländes, neben dem Haasje Over Turm, ist der Neubau acht Stockwerke hoch. Entlang des Ketelhuisplein Platzes fällt er jedoch auf nur zwei Etagen ab und wird zur Verbindung zwischen dem offenen Raum und dem Hochhaus. Ähnliches zeigt der Plan auch in Bezug aufs zweigeschossige Indoor-Skater-Paradies Area 51 und das große Volumen des „Anton“.
Holz setzt Natur ins industrielle Erbe
Durch die Stufenform wird auch das Anton-Gebäude sichtbar, das sonst verdeckt worden wäre. Die Form des Neubaus passt sich der Umgebung an. Die graubraune Holzfassade jedoch ist dazu gedacht, einen weicheren, natürlicheren Aspekt in eine von Ziegel und Beton dominierte Nachbarschaft zu bringen. Und sie soll an die Holzpavillons erinnern, die hier – wie etwa das Biobasecamp 2019 –während der Dutch Design Week ausgestellt werden.
Mit unserem Entwurf wollen wir die Energie dieses Ortes einfangen und ein neues Gebäude schaffen, das sich nahtlos in seine Umgebung einfügt und gleichzeitig die Atmosphäre von Strijp-S auf eine neue Ebene hebt.
Winy Maas, Architekt und MVRDV-Gründungspartner
Die Terrassen der „Strijp-S Tribune“ bieten sowohl einen privaten Außenbereich für die angrenzenden Wohnungen als auch gemeinschaftliche Freiluft-Zonen. Letztere stehen auch jenen offen, die weiter unten im Gebäude wohnen. Sie sind durch Treppen verbunden und jeweils vom Ende des zentralen Korridors auf jeder Etage aus zugänglich. Dadurch ist bequemer Wechsel zwischen den Gemeinschaftsterrassen der verschiedenen Ebenen gewährleistet.
Einladend kommunikativ
Das Ergebnis ist eine Reihe von Räumen mit Blick auf den darunter liegenden Platz. Räume, die zum Zusammenkommen und Kontakte knüpfen einladen. Von der untersten Terrasse aus ragt ein Steg auf die Leidingstraat, von dem eine Treppe auf Straßenniveau hinunterführt. Dadurch wird ein öffentlich zugänglicher Aussichtspunkt an der Ecke des Ketelhuisplein geschaffen. Und die Treppenreihe dient zugleich als zweite Feuerleiter.
„Strijp-S ist zweifelsohne ein Viertel mit außergewöhnlichem Flair“, betont MVRDV-Gründungspartner Winy Maas. Mit dem Entwurf will sein Team die aufkommende Energie dieses Ortes einfangen und ein Gebäude schaffen, das „die Atmosphäre von Strijp-S auf eine neue Ebene hebt“.
Verbindender Treffpunkt im Korridor
In die beiden unteren Etagen des Bauwerks setzt der Plan Räume für gewerbliche Funktionen. Diese können für Einzelhandel, Café, Restaurant oder Büros genutzt werden. Die darüber liegenden Wohnungen werden über breite, beidseitig mit Tageslicht versorgte Flure erschlossen. Und sie werden über Innenfenster zu den Wohnungen verfügen. Ein Design-Kniff, der die Korridore zu einer Art kleinen Straßen macht. Zu Wegen, die es erleichtern, Nachbarn kennenzulernen und eine Gemeinschaft zu bilden.
Ambitionierter Zeitplan
Apropos Nachbarschaft: Dieser wurde MVRDV‘s Entwurf fürs 8.500 Quadratmeter umfassende Mixed-Use Projekt „Strijp-S Tribune“ im Frühling vorgestellt. Und er liegt seitdem auch der Gemeinde Eindhoven zur Genehmigung vor. Voraussichtlicher Baubeginn: Noch im Herbst 2024. Läuft alles wie geplant, könnte das Projekt schon 2025 fertiggestellt werden.
Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: MVRDV