Stil kann man kaufen!
Elke Altenberger sorgt seit 20 Jahren dafür, dass Menschen stilsicher wohnen. Deshalb weiß die Wiener Interior-Designerin schon heute, was morgen hip ist. Und genau das hat sie uns verraten.
Eines gleich vorweg: Wer der Redewendung glaubt, man könne Geschmack und Stil nicht kaufen, irrt gewaltig! Wenn man nämlich Menschen wie Elke Altenberger engagiert, wird das Gegenteil schnell zur Realität: Die Wienerin zählt zu den ersten echten Interior-Designerinnen des Landes und hat sich in den letzten 20 Jahren einen wahrlich stilsicheren Ruf erarbeitet. Heute gibt sie uns Einblicke in ihre persönliche Arbeitswelt unter fremden Dächern. Und Ausblicke auf das, was uns in Sachen Innenraumgestaltung in naher Zukunft erwartet.
Ist Interior-Designerin nicht einfach bloß der englische Begriff für Innenarchitektin?
Eigentlich schon, da haben Sie recht. Allerdings ist die Wortbedeutung dann doch eine andere. Ein Innenarchitekt hat Architektur studiert und beschäftigt sich eher mit den baulichen Gegebenheiten und Veränderungen einer Räumlichkeit. Beim Interior-Design hingegen dreht sich alles um Dekoration und die tatsächliche Gestaltung eines Raumes – vom großen Möbel bis ins kleinste Detail.
Und diese Dienstleistung ist trotz Ikea, interio und Co so gefragt, dass sich ein ganzer Berufszweig entwickeln konnte?
Eines sei gesagt: Im internationalen Vergleich hinkt Österreich auf diesem Gebiet tatsächlich hinterher! Im Grunde hat sich das Berufsbild des „Interior Designer“ erst in den letzten fünf Jahren tatsächlich etabliert und wird eben nicht mehr so sehr mit dem Beruf des Innenarchitekten gleichgesetzt. Außerdem ist der Hemmschuh in den letzten paar Jahren gefallen, Interior-Designer bei Wohnprojekten zu Rate zu ziehen.
Moderne Medien wie Instagram und Pintarest spielen für die Boost unserer Branche eine bedeutende Rolle: Sie eröffnen den Menschen neue Lebenswelten!
Elke Altenberger, Interior-Designerin
Wie können Sie diesen „Boost“ erklären?
Moderne Medien wie Instagram und Pinterest spielen hierbei eine richtig große Rolle. Sie haben jedem die Option eröffnet, sich über die unterschiedlichsten Möglichkeiten zu informieren und auszutauschen. So kann jeder Endverbraucher sehen, was es gibt und Trends pflanzen sich viel rascher fort. Gleichzeitig aber werden die Menschen von diesem offensichtlichen Überangebot regelrecht erschlagen, fühlen sich in einem Stil-Dschungel. Und in dieser Orientierungslosigkeit kommt dann der Interior-Designer gerade recht, der als Trichter, als Filter und Ratgeber wieder eine Linie in das große Trend-Kuddelmuddel bringen kann.
Führt dieses Überangebot dann Ihrer Meinung nach umgekehrt auch verstärkt zu einer Art „Stillosigkeit“ bei Menschen, die sich keinen Rat holen?
Ich würde niemanden jemals als stillos bezeichnen! Aber eines ist klar: Stil selbst geht nicht so einfach. Die Frage: Was ist schön? Sie lässt sich ebenso nicht einfach und nicht mit einer Antwort beantworten. Stil ist eine Frage der kulturellen Erziehung und Wahrnehmung. Vor allem hat Stil mit Interesse zu tun und mit ästhetischer Erziehung ist eine stilistische Sicherheit bei Menschen nicht zu erwarten. Allerdings gibt es tatsächlich Menschen, die aus ihrer eigenen Authentizität heraus das, was wir als Stil bezeichnen, haben. Diese Gabe ist aber eher selten. Gefährlich ist es nur, wenn man glaubt, stilsicher zu sein, aber aus objektiven Gesichtspunkten heraus in Wahrheit keine Ahnung hat (schmunzelt).
Endlich sind wieder Rundungen zu sehen! Rillen und Fräsungen kommen ebenso zurück – das rein Kubische gehört nun der Vergangenheit hat.
Elke Altenberger, Interior-Designerin
Also, helfen Sie uns bitte: Mit welchen Trends sind wie derzeit vorn dabei?
Es sind aktuell mehrere große Entwicklungen zu beobachten, wobei vor allem der so genannte Mid-Century-Stil einen regelrechten Boom erlebt. Dieser fasst Elemente der 50er-, 60er- und 70er-Jahre zusammen. Das bedeutet: Kleine, zarte Möbel. Durchaus in das Skandinavische gehend, hell und bunt. Möbel also, die einem anderen Trend entgegen kommen: Jenem der Tiny Houses und der kleinen Wohnungen. Wir haben aufgrund der immer höheren Wohnkosten immer kleinere Wohnräume zur Verfügung und dem entspricht diese Interior-Entwicklung ganz konkret.
Klingt ein wenig verspielter, als wir es gewohnt sind …
Ja, während vor 15 Jahren alles ausgesehen hat, als wäre es von Ikea, nur kubische Formen und glatte, lackierte Oberfächen Thema waren, sind nun wieder Rundungen zu sehen. Gerade in den Küchen wird es wieder lieblicher, auch was die Oberflächen betrifft: Fräsungen und Rillen sind zurück. Selbst die Farbwelten orientieren sich an den 50ern und geben Pudertönen oder Minttönen Raum.
Es heißt, jeder Trend provoziert zwangsläufig einen Gegentrend: Wie sieht es in diesem Fall aus?
In der Tat finden wir einen Gegentrend als Kontrast. Allerdings ist es einer, der sich vorwiegend in der wirklich wohlhabenden Gesellschaftsschicht etabliert, wo eben trotz höherer Preise nach wie vor viel Raum zur Verfügung steht: Art déco kehrt zurück! Einlegearbeiten, das Spiel mit Messing, Holz und Stein; große Möbel, sehr luxuriöse und voluminöse Möbel. Das ist teuer und auch nur für wirklich große Wohnräume gedacht. Dort aber ist es gerade supergefragt!
Messing findet sich aber auch in anderen Stilrichtungen wieder …
Gerade Messing erlebt eine echte Renaissance! Wir finden es in der Tat im Mid-Century-stil genau so, wie bei Art Deco oder dem ebenfalls aktuellen Contemporary-Stil. Wo man früher Chrom oder Edelstahl hatte, kommen nun Messing und auch Kupfer daher. Wobei Kupfer schwerer zu kombinieren ist, daher ist Messing das Metall der Stunde. Egal ob matt, mit Patina oder ohne – es ist voll da. Bei Armaturen oder Möbelbeschlägen sehen wir es überall. Genau so wie Tapeten gerade in aller Munde sind …
Also wirklich? Omas Tapete ist zurück?
Seit gut sieben Jahren ist sie im Aufwind, aber jetzt ist sie obenauf! Und ja, auch Omas alte braune Tapete mit Palmenblättern (lacht)! Tatasache aber ist: Tapeten geben dem Raum mehr Kraft als weiße Wände. Englische Landhäuser etwa sind niedrig, aber oft vierseitig mit Blumenmotiven tapeziert. Es ist ein Irrglaube, dass weiße Farbe den Raum größer und somit schöner macht. Es geht eigentlich darum, dass der Raum behaglich wird, einzigartig, dass er Wärme und Charakter hat. Das kann man mit einer weißen Wand nicht wirklich, da hat der Raum kein Herz, da spürt man nichts. Also gerne kleine Räume mutig mit großen Motiven tapezieren! Allerdings muss man hier nun schon sagen, dass es keine allgemein richtige Aussage dazu gibt sondern am Ende wirklich jeder Raum individuell zu beurteilen und somit auch individuell zu gestalten ist.
Text: Johannes Stühlinger
Fotos: Elke Altenberger, Getty Images