Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
#architektur

Dänemarks erste Whisky-Destination

Die Destillerie Stauning hat den Whisky in Dänemark neu erfunden. Das preisgekrönte Gebäude-Ensemble von Loop Architects hat die Brennerei zu einer touristischen Attraktion gemacht und den Offline-Handel gestärkt.

Rein geografisch würde man das Whiskybrennen eher in Schottland verorten als in Dänemark. Doch das Königreich im nördlichen Europa hat alle Ressourcen, die man für das hochprozentige Getränk braucht. Neben hochwertigem Getreide und klarem Wasser ist das vor allem auch das passende Klima. Als sich vor rund zwanzig Jahren neun Freunde in Westjütland zusammentaten, um in einem Versuch ihren eigenen Whisky zu brennen, war das keine Schnapsidee, sondern die Geburtsstunde des dänischen Whiskys. Viele Experimente und Brennversuche später gründeten sie 2006 Stauning Whisky, die erste Destillerie des Landes.

Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
Bei der Formgebung orientierten sich die Architekten an der landwirtschaftlichen Typologie der Region.

Die Dachflächen und -firste sind unterschiedlich ausgeführt, sodass ein abwechslungsreicher Giebelrhythmus entsteht, der die typischen Langhäuser und Wirtschaftsgebäude repräsentiert.

Loop Architects

Heute verfügt Dänemark über eine ernstzunehmende Craft-Whisky-Szene, die zum Teil ihre eigene Gerste anbaut und mit anderen Getreidesorten experimentiert. Während man in Schottland auf industrielle Mälzereien zurückgreift, schrecken die Dänen auch vor der aufwändigen Arbeit des Mälzens nicht zurück. Beim Mälzen wird das Getreide kontrolliert zum Keimen gebracht und anschließend wieder getrocknet. Die Höhe der Temperatur und die Dauer des Darrens sind mit entscheidend für Farbe und Aroma des Whiskys.

Größte Destillerie Dänemarks

Als der Spirituosengigant Diageo vor knapp zehn Jahren rund 12 Millionen Euro in die Brennerei Stauning investierte, entwickelte sich aus dem kleinen Betrieb ein internationales Schwergewicht in der Branche. Mit einer Jahreskapazität von rund 900.000 Litern ist sie heute mit Abstand die größte Destillerie des Landes.

Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
In Stauning wird nach der traditionellen Alembik-Methode destilliert, und das ist durch die verglasten Giebelseiten auch von außen zu sehen.

Was für die großen Weinbaubetriebe in Spanien ein ebenso essenzieller Erfolgsfaktor ist wie für die bekannten Destillerien in Schottland, ist eine Architektur, die passend zum Produkt eine eigene Destination erschafft. Denn auch wenn heute der Online-Handel blüht, so kann gute Architektur dabei helfen, für Kunden eine Erlebniswelt zu schaffen und dadurch die Marke und den Offline-Handel zu stärken.

Eine Sehenswürdigkeit in Westjütland

Im Fall von Stauning ist die Rechnung voll aufgegangen. Das Studio Loop Architects aus der ostdänischen Küstenstadt Aarhus hat mit dem Ensemble an Baukörpern einen Ort geschaffen, der prägnant ist und jedes Jahr zahlreiche Besucher aus aller Welt anlockt. War der kleine Ort Stauning am Ostufer des Ringkøbing Fjords früher ein blinder Fleck auf der Landkarte, so ist er heute – zumindest unter Whiskykennern – ein Begriff.

Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
Der Whisky reift traditionellerweise in Eichenfässern.

Die Bauweise ist – ebenso wie das Produkt selbst – von ganzheitlichem Denken und dem Streben nach nachhaltigen und energieoptimierten Lösungen geprägt.

Loop Architects

Die zahlreichen Touren und Verkostungsprogramme, die man in der Brennerei anbietet, zählen zu den gut gebuchten touristischen Attraktionen der Gegend. Die Architektur, die den landschaftlichen und baukulturellen Charakter Westjütlands widerspiegelt, spielt dabei eine entscheidende Rolle. 

Referenz an lokale Agrartypologie 

Als Landmarke in der charakteristisch dänischen Agrarlandschaft greift sie auch die hier vertretene Typologie auf. Die Gebäudevolumina unterscheiden sich in Höhe und Breite und passen sich dabei den einzelnen Funktionen in ihrem Inneren an. Die dunkle Außenhülle und das archaische Erscheinungsbild schweißen die einzelnen Kubaturen zu einer unmissverständlichen Einheit zusammen. 

Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
Im Rückhaltebecken spiegelt sich die Giebelfolge der Brennerei wider.

Die in den Wänden gesetzten Öffnungen schaffen eine bewusste Variation und Gewichtung im Ensemble. „Auch die Dachflächen und -firste sind unterschiedlich ausgeführt, sodass ein abwechslungsreicher Giebelrhythmus entsteht, der die typischen Langhäuser und Wirtschaftsgebäude repräsentiert“, wie es vonseiten des Architekturbüros heißt. Diese Schnittmenge aus Vielfalt und Einheit sorgt dafür, dass die Anlage einer gewachsenen, ländlichen Siedlungsstruktur gleicht.

Das Herz der Brennerei

Das Gebäude, in dem die kupferfarbenen Brennblasen untergebracht sind, ist an den Stirnseiten zur Gänze verglast. In den dunklen Monaten, wenn die Beleuchtung im Inneren an ist, wirft es den Besucherinnen und Besuchern schon von weitem einen warmen Schein entgegen. Es ist ein Versprechen von Behaglichkeit und der vielzitierten Hygge, die ein Kernbestandteil des dänischen Way of Life ist.

Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
Die Brennerei Stauning wurde vom Statens Kunstfond für seine Architektur ausgezeichnet

Anstatt eines großen Firmenschildes, das am Gebäude prangt, gibt dieser direkte Einblick ins Herz der Brennerei seine Funktion preis und schafft zugleich ein Markenzeichen mit hohem Wiedererkennungswert. Verstärkt wird der Effekt durch das Regenauffangbecken vor der Anlage, wo sich im Vorbeigehen die markante Giebelfolge widerspiegelt. 

Preisgekrönte Architektur

Die Holzbauweise lässt sich sowohl außen als auch innen an der Holzverkleidung ablesen. Die Innenraumgestaltung teilt sich in drei Bereiche: die Rohproduktion, die Brennerei und das Besucherzentrum. Ebenso wie bei der äußeren Formgebung herrscht im Inneren eine abgestimmte Balance zwischen Einheit und Variation.

Stauning Whisky, Loop Architects, Dänemark, Westjütland
Mit einer Jahresproduktion von 900.000 Liter ist Stauning die größte Whisky-Brennerei in Dänemark.

Während man in der Produktion mit gegossenen Betonböden und einer Holzlattung „ehrliche und robuste Architektur“ geschaffen hat, zeigen sich die anderen Bereiche in einer edlen Kombination aus Holz, Beton und Stahl.

Die Brennerei Stauning wurde vom Statens Kunstfond für seine Architektur ausgezeichnet, nicht zuletzt auch wegen seiner umweltverträglichen Planung. „Die Bauweise ist – ebenso wie das Produkt selbst – von ganzheitlichem Denken und dem Streben nach nachhaltigen und energieoptimierten Lösungen geprägt.“

Text: Gertraud Gerst
Fotos: Loop Architects, Stauning Whisky

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