Drei Schwestern für ein Halleluja
Das neu gestaltete Spice & Barley in Bangkok besticht mit einem spektakulären Zusammenspiel aus analoger und digitaler Welt. Gleichzeitig huldigen die Architekten dabei drei besonders genussfreudigen Schwestern.
Es ist eine durchaus verführerische Geschichte, die man sich im neu gestalteten Spice & Barley im Anantara Riverside in Bangkok seit seiner Eröffnung vor wenigen Wochen erzählt. Sie dreht sich um das durchaus exzentrische Wirken dreier Schwestern, das in eben dieser Region Thailands sein lukullisches und glückliches Ende fand.
Große Reisen dreier Schwestern
Es heißt, dass vor einigen Jahrzehnten ein verwitweter Kaufmann in Sichuan, am Rande des mächtigen Flusses Jangtse drei bildhübsche Töchter aufzog. May, Zaza und Fei.
Während May als Dichterin mit unheilbarem Fernweh an Bord des Orient-Expresses bald das Abenteuer suchte, zog es Zaza als Sängerin auf die großen Bühnen dieser Welt. Fei jedoch widmete sich ganz der Kunst des Kochens. Kurz gesagt: Alle drei wurden durch ihre jeweiligen Leidenschaften in die unterschiedlichsten Winkel der Welt verstreut.
Und sie alle erlebten dank ihrer jeweiligen Begabungen außergewöhnliche Erfolge. Gleichzeitig aber scheiterten sie auch an eben ihren Talenten. Doch eines Tages führte das Schicksal die drei Schwestern wieder zusammen. Und das in einem kleinen Restaurant am Ufer des Chao Phraya, dem zweitgrößten Fluss Thailands. Erst als sie alle drei ihre unterschiedlichen Begabungen in einen Topf warfen, konnten die drei Schwestern zur Ruhe kommen.
Das Spice & Barley als Bühne
So wird heute zwischen den Zeilen vermittelt, dass der Gast im Spice & Barley das besondere Bier, das May in Belgien zu brauen gelernt hatte, genießen kann. Und die besonderen Gerichte von Spitzenköchin Fei. Während freilich Zaza die Bühne und die Unterhaltung des Spice & Barley prägt.
Ein Zusammenspiel, dem sich auch die für die Gestaltung des Spice & Barley verantwortlichen Architekten von Enter Projects Asia gerne hingaben.
„Das gesamte Konzept des zu gestaltenden Restaurants dreht sich um die historische Abenteuergeschichte der drei Schwestern“, so die Gestalter. Gleichzeitig aber habe man auch den lokalen Kontext, das Thema Innovation und die Idee von Nachhaltigkeit in diese architektonische Nacherzählung integriert, wird betont.
Rattan als Stoff der Wahl
Was das bedeutet, wird offensichtlich, sobald man das neue Spice & Barley betritt: Der 30 Meter hohe Raum wird von zwei in sich eng verschlungenen Rattansäulen getragen, die gemeinsam in die Decke übergehen. Diese Optik erzählt freilich vom Zusammenspiel der drei Schwestern, das ein großes Ganzes ermöglicht.
Gleichzeitig aber nehmen diese buchstäblichen „Augenweiden“ auch weitere Details auf, die erst auf einer zweiten Ebene ersichtlich werden. So imitieren die frei fließenden, fast flüssig anmutenden Geometrien der goldgelben Rattanstränge Bier, das in ein Glas gegossen wird.
Ein Link zu den Braukünsten der ältesten Schwester, die sich auch im Craftbeer-Angebot des Spice & Barley wiederfindet. Die Verwendung des lokalen Rohstoff Rattan, der aus der Rattanpalme gewonnen wird, zahlt zudem auf den regionalen und nachhaltigen Hintergrund des Projekts ein.
3D-Design trifft Handarbeit
Genau so übrigens wie die Machart. Denn die gigantische Rattankonstruktion wirkt zwar aus maschinellem Guss, ist aber feinste Handarbeit. Hier kommt gleichzeitig auch der Innovationsgedanke der Architekten zum Tragen: Die Form der Rattansäulen wurde mittels moderner 3D-Technologie generiert. Hergestellt aber wurden die einzelnen Stränge von lokalen Handwerkern, die im Kunsthandwerk des Flechtens wahre Meister sind.
Während die Form und die Entstehung dieses Raumkonzepts an sich schon beeindruckend sind, dient das goldfarbene Rattan zudem ganz pragmatisch dazu, die für das Restaurant notwendige Technik, also Bierleitungen, Klimaanlage und dergleichen zu verbergen.
Das wiederum ist eine Hommage der Architekten an ihr eigenes Credo, wonach „Form und Funktion eines Objekt stets eins sein sollten, verbunden in einer spirituellen Einheit“.
Und was ist mit dem Essen?
Ein Gedankengang, der wohl auch jedem Spitzenkoch als Grundlage dienen darf. Schließlich sollten feinste Gerichte nicht bloß schön anzusehen sein, sondern auch gut schmecken. Und zudem sättigen.
Also serviert im Spice & Barley auch kein anderer als Sternekoch Sam Leong Gerichte, die zweifelsohne allen drei Schwestern gemundet hätten.
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Spice & Barley Bangkok Riverside