Ein Büro bekennt Farbe
Inmitten der Hamburger Speicherstadt ist eine neue Bürofläche entstanden. Im sogenannten SPACE haben Eva Marguerre and Marcel Besau mit ihrer Farbgestaltung eine klare Zonierung und ein visuelles Leitsystem geschaffen.
Im Empfangsbereich steht eine Sitzgarnitur in hellem Lachston, dahinter Fauteuils und Sofas in hellen Senftönen, die durch ihre hohen, umschließenden Rückenlehnen kleine Rückzugsorte bilden. Eine minimalistische Teeküche im selben Farbspektrum zieht sich an der linken Wand in den Raum hinein. Das luftige Wandregal gegenüber bietet Zeitungen, Magazine, Bücher und einen TV-Screen. Spätestens dort ist klar, dass diese Büroräume etwas mit Medien zu tun haben. Konkret handelt es sich um den Innovationsraum SPACE, hinter dem die Hamburg Kreativ Gesellschaft und nextMedia.Hamburg stecken, und der mitten in Hamburgs historischer Speicherstadt liegt. Im siebten Stock des Kreativspeichers M28 befindet sich dieser neue Hub, in dem die Medienbranche ein und aus geht.
Was vordergründig nach farbenfrohem Gemeinschaftsbüro aussieht, ist explizit kein Coworking Space. Vielmehr ist es ein Innovationshub, in dem man die Medien neu erfinden will. Etwa durch das Ausloten des kreativen Potenzials von KI für die Medienbranche. Vor allem aber durch das Fördern von spontanen Begegnungen, wie es heißt.
Finden ohne zu suchen
Laut Nina Klaß, der Leiterin des SPACE, soll es ein Ort für „Serendipity“ sein. Serendipität bezeichnet das Phänomen, etwas zu entdecken, nach dem man gar nicht gesucht hat. Die Erfindung der Post-Its etwa beruht darauf. Auf der Suche nach einem Superklebstoff entdeckte man einen Kleber, der sich leicht wieder ablösen ließ und sich perfekt für Haftnotizen eignete.
Im SPACE befinden sich verschiedene Zonen, die den vielfältigen Anforderungen an Arbeitsumgebungen gerecht werden und sich in ‚Meet‘ und ‚Work‘ unterteilen lassen.
Studio Besau-Marguerre, Design Studio
Derartige Entdeckungsmomente passieren meist abseits einer linearen Planung, durch das Zusammenspiel von Zufall und menschlichem Handeln. Dem Serendipitätsprinzip wird daher auch bei der Gestaltung von Büroräumlichkeiten immer größere Aufmerksamkeit geschenkt. Das Büro soll vom rein produktiven Arbeitsplatz zum sozialen Ort werden, an dem man sich gerne austauscht.
Zonierung nach Farbe
Der 600 Quadratmeter große Innovationshub im Hamburger Hafen bietet dafür die besten Voraussetzungen. Im SPACE finden Events und Workshops der lokalen Content- und Technologiebranche statt. Orientierung bietet dabei das visuelle Leitsystem. Wo genau es um fokussiertes Arbeiten, und wo es mehr um das Soziale geht, ist dank dem Interior-Konzept des Hamburger Studios Besau-Marguerre sofort erkennbar.
Eva Marguerre und Marcel Besau, die das Studio 2011 gegründet haben, setzten auf eine Farbgestaltung, die eine klare Zonierung in den Arbeitsflächen schafft. Dabei reicht die Palette von gedeckten Gelbtönen über unterschiedliche Rottöne bis hin zu Abstufungen in Blau und Grün.
Es ist ein Raum, der die sich ständig verändernde Arbeitswelt würdigt und in ihrer Vielfalt zelebriert.
Studio Besau-Marguerre, Design Studio
Während die warmen Töne überall dort zum Einsatz kommen, wo soziale Interaktion stattfindet, finden sich die kühleren Nuancen in den Bereichen, die dem fokussierten Arbeiten dienen. „Im SPACE befinden sich verschiedene Zonen, die den vielfältigen Anforderungen an Arbeitsumgebungen gerecht werden und sich in ‚Meet‘ und ‚Work‘ unterteilen lassen“, heißt es vonseiten des Studios.
Flexibilität ist das neue Mantra
Als Raumteiler kommen bevorzugt farbige Vorhänge zum Einsatz, die den Vorteil haben, dass sich Räume dadurch maximal flexibel gestalten lassen. Für eine Präsentation im kleinen Rahmen wird der Vorhang zugezogen, beim normalen Betrieb im Open-Desk-Bereich bleiben sie offen und schaffen so Blickbezüge nach draußen. Am Tageslichteintrag ändern die Vorhänge allerdings nichts, denn die Arbeitsbereiche werden großteils durch Oberlichter erhellt.
Flexibilität ist das neue Mantra einer Arbeitswelt, die sich im steten Wandel befindet. Mit der Raumprogrammierung muss daher der Spagat gelingen, ausdrucksstarke Räume zu kreieren und zugleich die Nutzung möglichst offen zu lassen. Im SPACE gelingt die harmonische Verbindung von Ästhetik und Funktionalität. Um es mit den Worten der Designer zu sagen: „Es ist ein Raum, der die sich ständig verändernde Arbeitswelt würdigt und in ihrer Vielfalt zelebriert.“
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Brita Sönnichsen