Wie gut ist ganz schön schwarz?
Der soeben fertiggestellte Songfeng Pavilion ist als nachhaltige Berghütte gedacht. Doch seine Farbe befeuert eine aktuelle Architektur-Diskussion: Sind schwarze Bauten in Zeiten der Klimaerwärmung die richtige Botschaft?
Es sieht schon richtig schick aus, das kleine Häuschen! Die Architekten von Robot3 Studio haben in die Berge vor Peking eine Art Berghütte gepflanzt, die jedenfalls die Blicke aller vorbeikommenden Wanderer auf sich zieht.
Zwei auseinander triftende Schrägwände sorgen bei ihrem Songfeng Pavilion für eine bewusste Asymmetrie. Diese will verdeutlichen, dass die Natur selbst nie vollkommen symmetrisch ist. Und damit ist auch schon klar, dass die Architekten mit ihrer neu gedachten Bergunterkunft versuchen, Naturnähe in den Vordergrund zu rücken.
Nachhaltigkeit im Vordergrund
„Der Hauptzweck des Baus dieser Hütte bestand darin, einen Schutz vor Wind und Regen zu bieten“, sagen sie. „Aber dabei haben wir uns allein darauf konzentriert, die Auswirkungen des Objekts auf die Umwelt möglichst minimal zu halten!“ Sprich: Die Architekten verfolgen einen derzeit omnipräsenten Zugang in der Architektur – alles will nachhaltig sein.
Deshalb wurde das gesamte Haus etwa auf Stelzen gebaut, um den Boden nicht mit einem Fundament in Mitleidenschaft zu ziehen. „So kann die Vegetation unter dem Objekt ganz normal weiter gedeihen“, heißt es in der Beschreibung der Planer. Auch wurde das Objekt so ausgerichtet, dass die Sonne kaum direkt auf die großen Glasfronten trifft und keine zu intensive Erhitzung des Innenraums stattfindet.
Doch eben bei dem Aspekt der Erwärmung fängt sich die Sache nun ein bisschen zu spießen an. Preisfrage: Warum haben die Architekten ihre gesamte Hütte mit pechschwarzem Linoleum umwickelt? Tatsache ist schließlich, dass sich schwarze Flächen einfach immer viel stärker und schneller erhitzen als etwa weiße. Die Antwort in diesem Fall ist recht einfach: Schwarz sieht super aus. Gerade hier inmitten purer Natur sticht ein schwarzer Bau hervor, ohne aber als Fremdkörper zu wirken.
Schwarz ist hip – aber auch gut?
Außerdem ist Schwarz in der Architektur derzeit ziemlich hip. Dazu schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung kürzlich: „Immer mehr Neubauten sind schwarz. Früher in einigen Regionen zwingend, löst die Trendfarbe nun manch architektonische Weißheit ab.“ Man kann getrost behaupten, nachdem die Abwesenheit von Licht in der Mode längst als Standardwert gilt, wirft Schwarz nun auch seine Schatten auf die Architektur.
Die Farbe Schwarz hat in der heutigen Architektur schlichtweg nichts mehr verloren. Wir können nicht in Zeiten der Klimaerwärmung zusätzliche dunkle Flächen in die Welt setzen!
Wolf D. Prix, Coop Himmelb(l)au
Das aber leider nur im sprachbildlichen Sinne. Denn in der Realität erzielen Architekten mit dunklen Fassaden eben keine Abkühlung durch Beschattung. Vielmehr generieren sie so eine unnötig intensive Erwärmung der dahinterliegenden Innenräume.
Bloß keine dunklen Flächen!
Eben dazu äußert sich etwa der international renommierte Architekt Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au gerne sehr eindeutig: „Die Farbe Schwarz hat in der heutigen Architektur schlichtweg nichts mehr verloren. Wir können nicht in Zeiten der Klimaerwärmung zusätzliche dunkle Flächen in die Welt setzen!“
Der Hintergrund ist wahrlich einleuchtend. Einerseits strahlen schwarze Flächen zusätzlich Wärme in die Atmosphäre ab und andererseits benötigen wir durch die im Inneren der Gebäude entstehende Wärme mehr Energie, um die Räume konstant zu kühlen. Die klimaunfreundliche Schere geht also gleich in zwei Richtungen auf.
Da ist jetzt freilich bei einer so kleinen Hütte wie dem Songfeng Pavilion der Impact auf die Umwelt eher überschaubar. Allerdings geht es bei Prix’ Kritik eben um eine Grundsatzfrage. Was will man als Architekt vermitteln? Und wenn man schon sagt, Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu rücken, dann wäre es eigentlich naheliegend, auch den Aspekt der Farbwahl zu bedenken.
Lichtblick in Österreich
Wenn wir aber von China weg einen Blick nach Österreich werfen, so können wir hierzulande grundsätzlich beruhigt sein: Die vorherrschenden Farben der Fassaden orientiert sich seit jeher an harmlosen Kalkfarben.
„Man hat versucht, die Farben von Naturstein zu imitieren, und das sind eben Weiß- und Grautöne. Bunt war in Wien nie nobel, sondern eher provinziell“, sagt etwa Friedmund Hueber, Architekt und Professor für Bauforschung, Kunstgeschichte und Denkmalpflege an der TU Wien.
Dass zuletzt große Projekte wie etwa der DC-Tower des französischen Architekten Dominique Perrault in der Wiener Donau City schwarz in den Himmel ragen, darf man aber in Anbetracht der Klimadiskussion getrost hinterfragen.
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Robot3 Studio