Zaha Hadid Architects, Sleuth Rith Institute, Kambodscha, Holzbau
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Dunkle Vergangenheit, helle Zukunft

Dass Gedenkstätten immer düster und niederschmetternd sein müssen, widerlegen Zaha Hadid Architects mit ihrem Entwurf für das Sleuk Rith Institut in Kambodscha. In einem organischen Holzbau soll das düstere Kapitel der Roten Khmer aufgearbeitet werden.

Seit die US-amerikanische Schauspielerin Angelina Jolie als Lara Croft den Tempel Ta Prohm betreten hat, erlangte die kambodschanische Sehenswürdigkeit auch abseits von Backpackern Bekanntheit. Die Ruinen der halb verfallenen Anlage sind von riesigen Wurzeln überwuchert und bilden die perfekte Kulisse für das Abenteuer- und Fantasy-Genre. Der Entwurf für das Sleuk Rith Institut im Süden der Hauptstadt Phnom Penh erinnert mit seiner organischen Fassade an die von der Natur überwachsenen alten Mauern. Die fünf Baukörper aus Holz scheinen wie von einem Wurzelwerk getragen, das aus dem Boden in die Höhe wächst.

Sleuk Rith Institut, Kambodscha, Phnom Penh, Zaha Hadid Architects
In einer der fünf Baukörper wird eine Bücherei untergebracht sein.

Es war uns sehr wichtig eine Institution zu schaffen, die von der beklemmenden, industriegleichen Strenge der meisten Genozid-Gedenkstätten abweicht.


Youk Chhang, CEO des Documentation Center of Cambodia

Tatsächlich berufen sich Zaha Hadid Architects in ihrem Konzept auf die geschichtsträchtigen Tempelbauten: „Die antike Tempelanlage Angkor Wat und die vielen anderen bemerkenswerten angkorianischen Stätten Kambodschas schaffen Komplexität durch die Kombination und Verzahnung einer Vielzahl von geometrischen Formen.“ Genauso, wie sich die inneren Tempelanlagen am Lotusblatt orientieren und fünf Türme aufweisen, so besteht der vor über zehn Jahren begonnene Neubau aus fünf Baukörpern.

Führendes Völkermord-Zentrum Asiens

Auftraggeber für das Projekt ist das Documentation Center of Cambodia, das mit dem Neubau ein öffentliches Archiv für die bislang erfassten Gräueltaten der Roten Khmer schafft und zudem Asiens führendes Zentrum für Völkermordstudien etablieren will. Das Institut wird neben einem Genozid-Forschungszentrum und einer zugehörigen Hochschule auch eine Bibliothek, ein Museum und das erwähnte Archiv beherbergen. Diese Bereiche sind in den fünf Türmen untergebracht, die zwischen drei und fünf Stockwerke hoch sind.

Eingang, Sleuk Rith Institut, Kambodscha, Phnom Penh, Zaha Hadid Architects
In den vorgelagerten Wasserbecken soll sich die Fassade des Bauwerks spiegeln.

Die Baukörper sind ebenerdig als separate Gebäude mit eigener Erschließung ausgeformt, und mit steigender Höhe machen die Kubaturen auf und schaffen Verbindungen zueinander. „In der Höhe werden so die unterschiedlichen Abteilungen, Besucher und Studenten zu einem großen Ganzen zusammengeführt“, beschreiben Zaha Hadid Architects das Raumkonzept. 

Ein lebendiger, dynamischer Ort

Nicht zuletzt soll das Institut auch ein Mahnmal sein, das an die Massensäuberungen und Todeslager des totalitären Regimes der Roten Khmer erinnert, das in den 1970er-Jahren an die Macht kam. Schätzungen zufolge kamen dabei rund zwei Millionen Kambodschaner und Angehörige ethnischer Minderheiten ums Leben. Dass diese Gedenkstätte seine künftigen Besucherinnen und Besucher nicht in spröder Düsternis empfängt und niedergeschmettert zurücklässt, zählte zu den Vorgaben der Bauherrschaft.

Foyer, Sleuk Rith Institut, Kambodscha, Phnom Penh, Zaha Hadid Architects
Im Foyer des geplanten Gebäudes kommt das Tempelhafte des Entwurfs besonders zur Geltung.

Sleuk Rith Institut, Kambodscha, Phnom Penh, Zaha Hadid Architects
So wie manche Tempelanlage scheint auch der Bau von Zaha Hadid Architects einem Fantasy-Fim entsprungen.

In der Höhe werden die unterschiedlichen Abteilungen, Besucher und Studenten zu einem großen Ganzen zusammengeführt.

Die Vision für das Sleuk Rith Institut kommt vom CEO des Dokumentationszentrums, Youk Chhang. Als Überlebender der Killing Fields, Filmemacher und Autor hat er die Gräueltaten des Regimes vielfach dokumentiert. Trotz des düsteren Kapitels in der Geschichte Kambodschas soll das Institut ein Ort sein, der in erster Linie vermittelt, versöhnt und inspiriert. „Es war uns sehr wichtig eine Institution zu schaffen, die von der beklemmenden, industriegleichen Strenge der meisten Genozid-Gedenkstätten abweicht“, so Chhang. 

Dabei gehe es ihm nicht darum, solche Konzepte zu verunglimpfen, sondern mit Blick auf die reichen kulturellen und religiösen Traditionen Kambodschas eine andere, positive Richtung einzuschlagen. „Die besten Denkmäler sind keine Orte, die wir einmal besuchen und dann ad acta legen. Vielmehr sind es lebendige, dynamische öffentliche Räume, die alle Generationen der Gemeinschaft miteinbeziehen.“

Rückseite, Sleuk Rith Institut, Kambodscha, Phnom Penh, Zaha Hadid Architects
Das Institut ist von einer weitläufigen Parkanlage umgeben.

Alte Ideen neu gedacht

Was den Bau des Gebäudes angeht, so verweisen Zaha Hadid Architects auf das nachhaltig zertifizierte Holz, das beim Tragwerk, dem außenliegenden Sonnenschutz und den Trennwänden im Inneren zum Einsatz kommt. Sehr prägnant sind die zu Spitzbögen geformten Leimbinder, die innen wie außen das Erscheinungsbild prägen. 

So wie die Kanäle, die die alten Tempelanlagen umgeben, so werden auch Besucher des Instituts zuerst von der Reflexion des Bauwerks begrüßt, das sich in den vorgelagerten Wasserbecken spiegelt. Anders als bei den historischen Bauten erfüllen diese Becken auch eine ökologische Funktion. 

Schule, Sleuk Rith Institut, Kambodscha, Phnom Penh, Zaha Hadid Architects
Eine Hochschule für Völkermord-Studien soll der geplante Bau ebenfall beherbergen.

Das gesammelte Regenwasser ist ein wichtiger Teil des Wassermanagements und trägt dazu bei, dass der Neubau die Umwelt möglichst wenig belastet. Dazu soll auch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen beitragen sowie ein möglichst energieeffizienter Betrieb. 

Auf diese Weise wird das Sleuk Rith Institut nicht nur die düstere Vergangenheit des Landes aufrollen, sondern mithilfe der Architektur einen lebendigen und positiven Ort schaffen, der in die Zukunft weist.

Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: Zaha Hadid Architects

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