Viel Holz im Baum
Im hippen Stadtteil Silver Lake in Los Angeles hat das dort ansässige Architekturstudio AND AND AND einen Bungalow im Baumhausstil geschaffen. Mitten in der Metropole ist man so trotzdem mit der Natur auf Augenhöhe.
Silver Lake, Los Angeles. Ein Aushängeschild der Coolen und Kreativen, ein Künstlerbezirk, wie er wohl in jeder Metropole zu finden ist. Neben einem pulsierenden Nachtleben, Street Art, Concept Stores mit Instagram-Cafés sowie einer ethnischen Diversität, die selbst für Los-Angeles-Verhältnisse beeindruckt, hat Silver Lake aber noch einiges mehr zu bieten. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Hollywood durfte Silver Lake schon vielen bekannten Produktionen eine Kulisse bieten. Zudem siedelten zahlreiche Filmstudios im letzten Jahrhundert in das heutige Trendviertel. So haben sich hier Mitte der 1920er Jahre beispielsweise niemand geringeres als Walt und sein Bruder Roy Disney mit ihrem ersten großen Filmstudio einen Namen gemacht.
Auch als Schauplatz einiger wichtiger Meilensteine der Gay-Rights-Bewegung ist Silver Lake bekannt. Noch vor dem bekannten New Yorker Stonewall-Protest, dem Ursprung der heutigen Pride-Parade, kam es hier zu Bürgerinitiativen und Demonstrationen für die Rechte von Homosexuellen. Inmitten dieses geschichtsreichen Viertels hat das ebenfalls in Los Angeles ansässige Designstudio AND AND AND das Silver Lake Treehouse errichtet. Ein Projekt, das sich nicht nur bildlich gesprochen von seinen Nachbarn abhebt, sondern mit einem stilistischen Tribut an Silver Lakes beste Zeiten erinnert.
Baumhaus in der Stadt
Im Gespräch mit der Architekturplattform Dezeen erklärt das Team von AND AND AND, dass „in Anlehnung an einige bekannte Mid-Century-Projekte aus der Umgebung die Struktur des Hauses sowohl das Design der Innen- als auch der Außenräume beeinflusst.“ Damit bezieht man sich auf eine Stilrichtung, die vor allem im mittleren Drittel des 20. Jahrhunderts Anklang fand und bis heute das Stadtbild in Silver Lake prägt. Das Silver Lake Tree House zeichnet sich somit vor allem durch sein typischerweise geradliniges, quaderförmiges Volumen aus. Der „Baumhaus-Effekt“ ergibt sich aus dem abfallenden Gelände am Grundstück. Nach außen recht schlicht gehalten, ist der obere Teil der Fassade mit Holz verkleidet, darunter befindet sich das gipsverputzte Fundament. Entlang der Frontseite wurde ein Balkon angebracht, der sich über eine Treppe erreichen lässt, die auch direkt zum Hauseingang führt. Auf der linken Seite wurde außerdem ein Carport angelegt.
Stilistische Hommage
Bevor mit dem Bau des Silver Lake Treehouses begonnen wurde, gab es die Überlegung, den schon auf dem Grundstück bestehenden Bungalow zu renovieren. Nachdem sich jedoch herausstellte, dass es effizienter wäre, ganz von vorne zu beginnen, wurde das Haus abgerissen und durch die neue Konstruktion ersetzt. Um im Innenraum ein Gefühl der Verbindung zur umgebenen Natur zu schaffen, wird die Decke des Neubaus nahtlos von den Wohnräumen bis zum überdachten Balkon von auffälligen Holzbalken durchzogen. Sie dienen zudem als Ausdruck der Wertschätzung. Inspiriert wurde dieses Detail von Craig Ellwood, einem bekannten US-amerikanischen Architekten der kalifornischen Mid-Century-Bewegung.
Weil sich das Haus in einer Sackgasse befindet, eignet sich die verkehrsarme Straße perfekt für eine junge Familie. Mit insgesamt drei Schlafzimmern misst das Baumhaus eine Fläche von 233 Quadratmetern.
Natur im Blick
Herzstück des Hauses ist die offene Wohnküche samt Kücheninsel mit Marmorarbeitsplatten sowie offenen Holzschränken. Zudem befinden sich hier ein Essbereich und eine Sofalandschaft. Ein legeres Zusammenspiel aus zeitgenössischen Möbeln gepaart mit Vintage-Stücken sorgen für eine entspannte, ungezwungene Atmosphäre. Dank der großzügigen Fensterfront und der Erhöhung über Bodenniveau ist man hier mit den Baumkronen auf Augenhöhe.
Weil für die Familie auch zukünftige Veränderung möglich sein sollte, wurde auch dies in der Planung berücksichtigt. Das Designkonzept im Mid-Century-Style zieht sich von der Form des Hauses bis hin zur Inneneinrichtung durch wie ein roter Faden und ergibt ein mehr als stimmiges Ergebnis – einen Tribut auf allen Ebenen.
Text: Rabea Scheger
Bilder: Caitlin Atkinson