Im Auge des Lachses
Ein Restaurant im Inneren eines schwimmenden Auges? Was klingt wie einem Fantasy-Film entsprungen, gibt es in Norwegen tatsächlich. Das Restaurant Iris im Aquakultur-Zentrum Salmon Eye bietet neben ausgezeichneter Kulinarik ein erlesenes Ambiente.
Salmon Eye. Lachsauge. Schon der Name der Aquakultur-Erlebniswelt im Hardangerfjord an der norwegischen Atlantikküste macht klar: Hier wurde etwas Ungewöhnliches, ja Außergewöhnliches geschaffen. Das auf Ausstellungen spezialisierte dänische Studio Kvorning Design entwarf den schwimmenden Pavillon mit rund 1.000 Quadratmetern Nutzfläche für das Lachszucht-Unternehmen Eide Fjordbruk und verlieh ihm seine namensgebende Form, die insbesondere beim Anblick von oben an ein Fischauge erinnert. Zudem erinnet die mit tausenden schimmernden Edelstahlplatten versehene Hülle des im Fjord fix verankerten Gebäudes an die Schuppen eines Lachses. Als immersives Besucherzentrum bietet Salmon Eye Ausstellungen, Führungen, sowie Tagungen zum Thema Aquakultur. Und dementsprechende Kulinarik.
Eines von jenen 20 norwegischen Lokalen, die aktuell mit einem Michelin-Stern versehen sind, befindet sich hier. Iris, so sein Name (der freilich nicht zufällig Bezug zu einem Auge hat), kann dabei mit mehr aufwarten als mit – im wahrsten Sinne – ausgezeichneter Küche. Das von Norm Architects mit Sitz in Kopenhagen gestaltete Restaurant steht einerseits im Kontrast zu der glatten, kühlen Architektur des Salmon Eye. Andererseits ergänzt das Design des dänischen Büros die Gestaltung von Kvorning Design perfekt. So passen sich die Maß-Möbel wie Sessel, Teppiche und Lampen den Rundungen des Raumes an und fügen sich nahtlos in die Architektur.
Bewusster Widerspruch
„Die Atmosphäre ist ein sorgfältig ausgearbeiteter Widerspruch“, so Norm Architects. Während Salmon Eye als imposante Stahlkonstruktion Stärke und Modernität ausstrahlt, schaffen die Elemente im Inneren ein Ambiente der Wärme und Behaglichkeit. Die aus Walnussholz gefertigten Tische, Stühle und Schränke sowie die Polstermöbel und dicken Teppiche geben den Gästen ein einladendes, heimeliges Gefühl, das dem Konzept des gesamten Projekts folgt: die menschlichen Sinne in jeglicher Form anzusprechen. „Die Integration organischer Materialien verbessert nicht nur das haptische Erlebnis, sondern verbindet die Gäste auch mit der umgebenden Schönheit der Natur“, sagt das Architekturstudio. „Sie unterstreicht das Engagement des Restaurants für Nachhaltigkeit und sinnliches Erleben.“
Sanfte Beleuchtung sorgt zusätzlich für eine warme, intime Atmosphäre. Diese steht in bewusstem Kontrast zum oft unwirtlichen nordischen Wetter und zur rauen See, auf die man von den Tischen im Iris blickt. Die Aussicht auf Fjord, Gletscher und Berge ist Teil der unvergesslichen Momente, die die Verantwortlichen den Restaurant-Gästen bieten wollen. „Iris ist mehr als nur ein Ort zum Essen“, erläutern Norm Architects. „Es ist ein immersives Erlebnis, bei dem die atemberaubende Naturschönheit des Fjords auf außergewöhnliche kulinarische Kunst und einen durchdachten Entwurf trifft.“
Wilde Intimität
Um das Gefühl der Intimität zu verstärken, wurde der ursprünglich offene Raum in kleinere, gemütlichere Räume unterteilt. Dies schafft nicht nur eine gewollte Hierarchie innerhalb des Lokals, sondern soll darüber hinaus die Neugier der Besucher wecken. Die Gäste – die mit dem Boot anreisen müssen – entdecken so die gesamte Schönheit des Restaurants erst nach und nach – und nicht gleich beim Betreten.
Auch die Tischdekoration spiegelt die wilde Schönheit des Hardangerfjords wider. Mit natürlichen Materialien, Erdtönen und minimalistischem Design stellt sie eine Hommage an die nordische Umgebung dar. Norm Architects: „Das steigert das kulinarische Erlebnis, indem die Gäste in die lokale Landschaft eintauchen und ein Rahmen für die tiefe Verbindung zwischen Natur und Küche geschaffen wird.“
Die Verantwortlichen im Restaurant Iris ergänzen: „Unser Standort bestimmt jeden Schritt, den wir bei Iris machen. Wir möchten, dass unsere Gäste den Fjord, die Berge und die sich ständig verändernden Elemente auf die gleiche allumfassende Weise erleben, wie wir es jeden Tag tun. Hier haben wir das große Privileg, unsere Gäste zu den Zutaten zu bringen und nicht umgekehrt.“
Text: Michi Reichelt
Bilder: Restaurant Iris