Replica-Beschläge erhalten das baukulturelle Erbe
Die Beschläge sind das wesentlichste Accessoire eines Fensters. Bei Haussanierungen können sie daher gezielt als optischer Blickfang Akzente setzen. Entsprechend wächst der Markt für historische Beschläge.
Das spezielle Wiener Flair verdankt die Bundeshauptstadt vor allem der Architektur verschiedenster Epochen. Vielen Wienerinnen und Wienern sind der verantwortungsvolle Umgang mit historischer Bausubstanz und die Nachhaltigkeit von Investitionen wichtig. Die „Sanfte Stadterneuerung“ und Altstadterhaltung sichert das (bau-)kulturelle Erbe. Und so nicht zuletzt auch die anhaltende Attraktivität Wiens als Tourismus-Metropole. Nicht nur Eigentümer von Gründerzeithäusern, auch Unternehmen der Baubranche sehen hier ihre Verantwortung und handeln danach.
Originalgetreue Beschläge im Showroom
Die Stadlauer Fenster und Türen GmbH ist eine davon. Das Familienunternehmen besteht seit 1867 und wird heute in vierter Generation der Familie Schrom geführt. Der große österreichische Fensterproduzent gilt als Spezialist in der Wiener Althaussanierung.
„Die Verbindung von Tradition und Innovation liegt uns am Herzen. Denn ein Teil der Bauten entlang der Wiener Ringstraße und der Innenstadt wurde in den Jahren 1867 bis 1914 mit Kastenfenstern der Tischlerei Schrom ausgestattet, heute Stadlauer”, sagt Geschäftsführer Michael Schrom.
Den Stadlauer-Handwerkern sei es gelungen, diese berühmten historischen Beschläge originalgetreu nachzufertigen. Diese wurden vor kurzem bei einem Event im neuen Showroom in der Wiener Gonzagagasse gezeigt.
Wertsteigerung
Viele historische Gebäude stehen unter Denkmalschutz oder steigen durch eine originalgetreue Sanierung in ihrem Wert. „Nachdem in den 1960-er Jahren viele Kunststoff-Fenster eingebaut wurden, besinnt man sich nun wieder auf alte Werte: Die Renovierung der antiken Kastenfenster“, meint Schrom.
„Da der Anteil von Sanierungen zunimmt, steigt auch der Bedarf an historischen Beschlägen”, skizziert Katharina Schrom das Potenzial dieses Segments. Andere Fensterhersteller arbeiten zumeist mit industriell gefertigten Beschlägen. Diese entsprechen oftmals nicht den individuellen Anforderungen.
Die historischen Beschläge werden gemeinsam mit dem Partnerunternehmen Pecco hergestellt. Geschäftsleiter Peter Kamml hat 1990 mit der Produktion von Zier- und Antikbeschlägen begonnen.
Die Vorlagen stammen im Wesentlichen aus zwei Quellen: Aus kundenspezifischen Aufträgen einerseits, wobei der Kunde mit dem alten Modell kommt. „Wir verlangen keine Formkosten, sondern nur den vergleichbaren Neupreis, also den Preis der schon am Markt befindlichen, ähnlichen Modelle”, so Schrom. Und andererseits aus laufenden Zukäufen, die man bei den Online-Plattformen „ebay” oder „willhaben” tätige.
Beim „Nachbauen der historischen Modelle” sind „unsere Leute inzwischen so gut geworden, dass bereits ein Bild eines historischen Beschlages genügt, um einen ,neuen, alten‘ Beschlag nachbauen zu können”.
3D-Druckverfahren im Kommen
Die Materialien unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung nicht sehr von den historischen Originalen, vermutet Schrom. Allerdings unterscheidet sich die Art der Herstellung: Früher wurde zumeist im Sandgussverfahren produziert. Bei Stadlauer hingegen wird fast ausschließlich im „lost wax-Verfahren” produziert – wodurch man sich viel händische Nachbearbeitung erspare.
„Zukünftig – wir warten nur mehr auf einen Durchbruch in der Metallurgie – werden wir wohl dann im 3D-Druck unsere kleineren Sondermengen produzieren. Erste Schritte dazu haben wir bereits vor zwei Jahren gemacht“, präzisiert Katharina Schrom.
Es gebe einen sehr großen Markt für „Alt Wien Beschläge” im Großraum der seinerzeitigen Habsburger Immobilien (Wien, Salzburg, Salzkammergut bis Kroatien). Da sei man mit dem Produktionsprogramm schon relativ gut aufgestellt. „Unabhängig davon gibt es jedoch auch regionale Märkte mit anderen typischen Beschlägen – Jugendstil als Art Déco in Frankreich, Gründerzeit in sehr vielen deutschen Regionen, Bauhaus dann im beginnenden 20. Jahrhundert”, führt Schrom aus.
Je mehr Kundenanfragen auch aus verschiedenen anderen Regionen eintreffen, desto mehr dieser „anderen” historischen Beschläge nehme man ins Programm. Innerhalb von zwei Jahren rechnet Schrom mit einer Verdoppelung des historischen Bereiches. Der aktuelle Auftragsstand in diesem Segment liebt bei rund 1,3 Millionen Euro. „Einerseits haben wir sehr viele laufende Projektaufträge, andererseits wachsen wir sehr stark bei ,neuen‘ historischen Modellen und bei neuen Kunden aus anderen Regionen”.
Technische Weiterentwicklung
Stadlauer entwickelt aber auch historische Beschläge technisch weiter: „EN179-zertifizierte historische Beschläge, RC3-Zertifizierung oder beispielsweise Vx-Bänder schwarz vernickelt oder altvermessingt.”
Der Fokus des eigentümergeführten Familienbetriebs liegt derzeit auf dem Raum Wien und Umgebung. Noch viele erhaltungswürdige Fenster harren hier ihrer Sanierung. Michael Schrom: „Aber natürlich blicken wir in die Zukunft – und damit in andere europäische Städte mit historischer Bausubstanz”.
Text: Linda Benkö
Bilder: @Getty, ©Stadlauer/Marcus Deak, ©Stadlauer, ©wikipedia/Werckmeister