Große Ideen für Manhattan?
Entlang des East River in Manhattan soll mit dem Freedom Plaza ein neues Areal entstehen. Eine Art Zentrum für Kultur und leistbaren Wohnraum. Aber wie sehen die Pläne wirklich aus? Und was hat ein Casino-Betreiber damit zu tun?
Die Frage von leistbarem Wohnraum ist in den Vereinigten Staaten drängender denn je. Gerade in New York City, wo die Lebenshaltungskosten laut einer Studie von ECA International weltweit am höchsten liegen, steigen die Wohnkosten immer weiter. Wie das renommierte Maklerunternehmen Douglas Elliman berichtet, lag der durchschnittliche monatliche Mietpreis im bekanntesten New Yorker Bezirk Manhattan zuletzt bei 4.886 Dollar.
Eine natürliche Folge: Die Nachfrage nach leistbarem Wohnen wird immer größer – nur mangelt es freilich an entsprechendem Angebot. Vor diesem Hintergrund hat die Bjarke Ingels Group (BIG) neue Entwicklungspläne vorgestellt: Mit dem Freedom Plaza soll der Bedarf an leistbarem Wohnraum in Manhattan angegangen werden.
Am East River geplant, gibt es rund um den geplanten Komplex jedoch schon vor Baubeginn kritische Stimmen. Denn neben erschwinglichen Wohnungen soll darin auch ein unterirdisches Casino entstehen. Wie die New York Times berichtet, stimmt das zuständige Beratungsgremium Manhattan Community Board 6 bereits im Jahr 2022 dafür, jeden eingebrachten Vorschlag, der ein Casino beinhaltet, abzulehnen.
Vier neue Türme
Die Pläne von BIG jedoch liegen weiterhin vor. Demnach soll das neue Zentrum für Kultur und leistbaren Wohnraum direkt am Fluss entstehen. Auf einem 4,77 Hektar großen Areal inklusive öffentlichem Freiraum, auf dem sich auch das neue „Museum of Freedom and Democracy“ befinden wird – sowie zwei Hotels, Geschäfte, ein Casino und Restaurants.
Die als Investor fungierende Soloviev Gruppe hat versprochen, einen noch nicht definierten Prozentsatz der Casino-Gewinne – ab einer Summe von fünf Millionen Dollar – einem unabhängig geführten Gemeinschaftsfonds zu überlassen. Zudem soll damit ein Teil der Gebäude auf dem Freedom Plaza mitfinanziert werden. Details müssten jedoch noch ausverhandelt werden.
Freiraum für Alle
Die öffentliche Grünfläche soll jedenfalls in Zusammenarbeit mit Landscape Architecture gestaltet werden. Auf ihr werden insgesamt vier Türme errichtet. In zwei davon sollen Wohnungen etabliert werden, wobei 40 Prozent davon als für die Allgemeinheit leistbarer Wohnraum gedacht sind. Heißt es jedenfalls. Das Design der beiden Türme ist mit Fassaden aus Glas und Aluminium als Hommage an die modernen Gebäude von New York City der 1950er und 1960er Jahre gedacht. Ein Zentrum mit Geschäften verbindet die Gebäude auf Erdgeschossniveau.
Das Fünf-Sterne-Hotel Banyan Tree und das Hotel des Casino-Betreibers Mohegan wiederum sollen in den zwei anderen Türmen ausreichend Platz finden. Diese sind mit einer Skybridge miteinander verbunden, in der unter anderem ein Spa und Restaurants mit großartiger Aussicht integriert sein werden.
„Unser Plan ist es, diesen Standort so zu entwickeln, dass er der Nachbarschaft und der Stadt insgesamt Vorteile bringt. Das Projekt soll New York Citys Skyline und der Lage am Wasser würdig sowie seiner Schlüsselrolle als Marktführer in der globalen Kulturwirtschaft angemessen sein“, sagt Micheal Hershman, CEO der Soloviev Group, die den Freedom Plaza zusammen mit dem Casinobetreiber Mohegan entwickelt hat.
Glücksspiel, Wolkenkratzer und Museen
Im neuen „Museum of Freedom and Democracy“ möchte man die Evolution der Demokratie seit der griechischen Antike erzählen. Es werden unter anderem Originalstücke der Berliner Mauer ausgestellt, die aus der Sammlung von Stefan Solovjew, dem Vorsitzenden der Solovjew Gruppe, stammen. Das Gebäude des Museums hat eine symbolische Form. Ein Steinkreis, der ein Museumserlebnis in Form einer Schleife im Zentrum schafft. Zusätzlich eine ikonische Kulisse mit archetypischen Elementen, die das Zusammenkommen und die Gemeinde symbolisieren, wie BIG erklärt.
Das geplante Casino wiederum wird nicht nur die wirtschaftliche Grundlage des Vorhabens bilden. Aufgrund seiner unterirdischen Lage stellt es quasi auch das bauliche Fundament für das Gesamtprojekt dar. Und zugleich für ein Gesamtkonzept, das nicht minder auf Kritik stößt: Es ist als das erste von mehreren Casinos im Big Apple gedacht gedacht. Sie alle wurden soeben erst von einer staatlichen Kommission für Downstate New York genehmigt …
Wann der Freedom Plaza tatsächlich errichtet wird, ist noch unklar. Denn während zwar die baulichen Genehmigungen vorliegen, warten die Betreiber noch auf die zum Glücksspiel berechtigende Casino-Lizenz. Bis diese nicht vorliegt, bleibt das Projekt ein spannendes Versprechen für eine lebendige und zugängliche Zukunft in der Stadt, die niemals schläft. Oder ein Damoklesschwert für alle, die mit Glücksspiel genau gar nicht in Berührung kommen wollen.
Fotos: BIG
Text: Resi Reiner