das Rapunzel Besucherzentrum (c) Roland Halbe und Markus Guhl
#greenbuilding

Rapunzel hat ein neues Zuhause

Die natürlichen Kreisläufe der Natur zu beachten ist eine Grundlage ökologischen Landbaus. Diesen Prinzipien fühlt sich der Hersteller von Bio-Lebensmitteln Rapunzel naturgemäß verpflichtet. Sie gelten auch für das neue Betriebsgelände, auf dem Besucher nun die Rapunzel Welt entdecken können.

Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter“, diese Anweisung aus dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm kennt im deutschsprachigen Raum wohl jeder. Ebenfalls sehr bekannt ist die deutsche Marke Rapunzel. Die Rapunzel Naturkost GmbH produziert und vertreibt seit 1974 vegetarische Bio-Lebensmittel aus fairem Handel. Vor kurzem hat Rapunzel ein neues Zuhause gefunden – samt Rapunzelturm.

Einladendes Rapunzel Besucherzentrum

Der Markenname wurde vor nunmehr fast 50 Jahren sehr treffend ersonnen: Im Süddeutschen wird Feldsalat auch Rapunzel genannt – eine sattgrüne Pflanze, die sich mit viel Kraft selbst durch Schneedecken schiebt. Dieses Sinnbild und die große Lust der Rapunzel Gründer auf gesunde Kost – ähnlich wie das Verlangen, das die Frau am Anfang des Märchens verspürt – waren ausschlaggebend für die Namensgebung.

Das Rapunzel Besucherzentrum ist vom Stuttgarter Architekturbüro haascookzemmrich STUDIO2050 entworfen
Das neue Besucherzentrum auf dem Betriebsgelände der Rapunzel Naturkost GmbH.

Die Bruttogeschossfläche beträgt rund 6.600 Quadratmeter.
Ein Rapunzelturm darf natürlich nicht fehlen.

Nun steht allen an gesunder Kost und ökologisch sinnvoller Kreislaufwirtschaft Interessierten das Rapunzel Besucherzentrum offen. Es ist auf dem Betriebsgelände der Rapunzel Naturkost GmbH in der Marktgemeinde Legau nach dreijähriger Bauzeit nach den Entwürfen des Architekturbüros haascookzemmrich STUDIO2050 als begehbare Gebäudeskulptur entstanden.

„Bio aus Liebe” wird erlebbar

Wie im Märchen, in dem die Liebe eine tragende Rolle spielt, soll das neue Besucherzentrum das Leitmotiv von Rapunzel für die Besucher erlebbar machen: „Wir machen Bio aus Liebe“. Es ist öffentlich und einladend konzipiert – ein Haus voller Entdeckungsmöglichkeiten. Es lädt mit abwechslungsreicher und emotionaler Wissensvermittlung die Gäste zum Verweilen und Mitmachen ein.

Auf dem Betriebsgelände der Rapunzel Naturkost GmbH in Legau ist nach dreijähriger Bauzeit ein Besucherzentrum als begehbare Gebäudeskulptur entstanden. 

Das große, schwebende, alles überspannende Dach legt sich wie ein umlaufendes Band um das Besucherzentrum.

Das neue Besucherzentrum ist öffentlich und einladend konzipiert und soll das Leitmotiv von Rapunzel transportieren
Die mit Ziegel bedeckte Holzdachkonstruktion folgt der dreigliedrigen Gebäudestruktur.

Die geformte Gebäudeskulptur empfängt jeden Besucher schon von weitem durch den nördlichen Hochpunkt – den Rapunzelturm. Der Märchengarten umspielt das Haus und erstreckt sich bis auf das Dach.

Das neue Zuhause von Rapunzel bietet viele Überraschungen

Am Ende der offenen und einladenden begehbaren Skulptur ermöglicht das „Krähennest” den Ausblick in die Landschaft. Über allem die große, schwebende mit Ziegel bedeckte Holzdachkonstruktion, die sich wie ein umlaufendes Band um die dreigliedrige Gebäudestruktur legt. Nur im Turmbereich reicht die Konstruktion bis auf den Boden und hebt sich vom Rest ab.

Die adressbildend geformte Gebäudeskulptur empfängt jeden Besucher von weitem durch den nördlichen Hochpunkt – den Rapunzelturm.
Das große, schwebende alles überspannende Dach legt sich wie ein umlaufendes Band um das Besucherzentrum.
Das Zentrum ist offen, hell und freundlich gestaltet. Es gibt multifunktionale Räume und eine Kaffeerösterei.

Der Märchengarten umspielt das Haus und erstreckt sich bis auf das Dach.
Das Gebäude birgt viele Überraschungen.
Im Märchengarten gibt es sogar auch eine Tropenstation mit Kaffeepflanzen.

In der Ausstellung erfährt der Besucher an interaktiven Stationen Wissenswertes zum Anbau, Fairen Handel und der Herstellung biologischer Lebensmittel sowie zur nachhaltigen Lebensweise. So kann man etwa bei der Röstung und Verarbeitung von Kaffee zusehen, während dem der herrliche Duft die Nase umspielt.

Der Zopf von Rapunzel wird in Form der Wendeltreppe nachempfunden.
Rapunzels Zopf findet sich in Form der großen, gewendelten Holztreppe wieder.

Rapunzels Zopf findet sich in Form einer großen, gewendelten Holztreppe wieder. Diese verbindet alle Geschosse: Vom Weinkeller über die Ausstellung bis zur Dachterrasse. Gleichzeitig hat man von ihr aus einen herrlichen Rundumblick.

Tropenhaus mit Kaffeepflanzen

Neben der Bäckerei und dem Bio-Markt befinden sich noch viele weitere Räume im Gebäude: für Schulungen, Yoga und andere Aktionen. Durch den spielerisch gestalteten Märchengarten gelangt man zum Tropenhaus mit den Kaffeepflanzen.

Nicht nur mit dem Gebäude möchte Rapunzel die Besucher herzlich willkommen heißen, auch mit den großzügig angelegten Außenanlagen – gleich einem weit offenstehenden Gartentor.

Martin Haas, Gründer und Partner haascookzemmrich STUDIO2050

Die vielen kleinen Details, wie die kupfernen Regenfallrohre, die spielerisch versetzten Dachziegel, jeder mit seiner eigenen Farbnuance, tragen zum besonderen Charakter der Rapunzelwelt bei.

Rapunzel Besucherzentrum

Rapunzel Besucherzentrum

Vielzahl an Aus- und Einblicken, Aus- und Eingängen

Die umlaufende Glasfassade im Erdgeschoss bleibt maximal frei und transparent, um Einblicke zuzulassen und eine Vielzahl an Ein- und Ausgängen zu erlauben. Für gezielte Ausblicke und eine natürliche Belichtung der oberen Geschosse sorgen umlaufend platzierte Gaubenfenster.

Gaubenfenster
Eines der vielen Gaubenfenster der neuen Heimat von Rapunzel.

Die organisch geschwungene Form des Gebäudes entsteht durch drei in den Raum gestreckte Flügel, die jeweils unterschiedliche Nutzungsbereiche beinhalten. Der öffentliche Bereich mit der hölzernen Wendeltreppenskulptur liegt im Zentrum der Rapunzel Welt.

Ökologie des Gebäudes und der Produktion

Die natürlichen Kreisläufe der Natur zu beachten ist eine Grundlage des ökologischen Landbaus. Die Ausstellung des Besucherzentrums bringt den Besuchern alles über die Teilaspekte gesunder Ernährung, über deren Anbau und Verarbeitung nahe.

Diesem Grundsatz der ökologischen Kreislaufwirtschaft hat man sich auch in der Architektur der Rapunzel Welt verpflichtet. So wurden natürliche und nachwachsende Baustoffe wie Holz und Ton eingesetzt, die Haustechnik auf ein notwendiges Minimum reduziert. Schon beim Bio-Lebensmittelhändler Alnatura hat das Stuttgarter Architekturbüro für den neuen Campus in Darmstadt auf Nachhaltigkeit gesetzt – und dem Lehmbau ein spannendes Comeback beschert.

Die kolossale Rapunzel Wendeltreppe
Die gewendelte Holztreppe verbindet alle Geschosse.

Dämmung und Unterboden kommen selbstverständlich ohne Styropor aus. Statt dessen gelangte recycleter Schaumglasschotter zum Einsatz Alle Materialien, Farben und Beschichtungen sind mineralisch und ökologisch sorgsam gewählt.

Regionale Baumaterialien

Im Besucherzentrum wird das Tageslicht genutzt und weitestgehend auf mechanische Klimatisierung verzichtet. Die Sehnsucht war, ein robustes und damit dauerhaftes Haus zu errichten, das mit der Natur und nicht gegen die Natur arbeitet.

Offen und kommunikatives Besucherzentrum

Alle Handwerksbetriebe, die bei der Errichtung der Rapunzelwelt mitgewirkt haben sind in der unmittelbaren Nachbarschaft Legaus beheimatet. Vom heimischen Holz bis zum Kies aus dem benachbarten Werk stammen die Materialien aus der Nähe. Damit hielt man die ökologischen Auswirkungen langer Transportwege gering.

Lediglich die Bestandteile der Rapunzeltreppe und die fein engobierten Ziegel stammen von entfernteren Partnern. Die Engobe ist ein Oberbegriff für eine dünnflüssige Tonmineralmasse, die zur Einfärbung oder Beschichtung keramischer Produkte dient. Dieses Verfahren bedarf spezieller Brennöfen, bei einer Ziegelbrennerei in der Schweiz wurde man fündig.

Die Lage und Anordnung der Räume und die Fensteröffnungen wurden nach mikroklimatischen Gesichtspunkten festgelegt. Der weite Dachüberstand sorgt für eine natürliche Verschattung der tageslichtoptimierten Räume. Die Belüftung ist – mit Ausnahme der Rösterei, wo die Wärmelasten verständlicherweise das Normalmaß überschreiten – natürlich.

Der Rapunzelzopf: Eine einzigartige Holzwendeltreppe

Das Gebäude wurde an das schon gute Nahwärmenetz und die solare Stromgewinnung des Rapunzel-Betriebs angeschlossen. Eine Ökobilanz wurde erstellt und bei der Wahl der Materialen waren die eingebundene Energie, die Wiederverwertbarkeit und der Transport entscheidende Faktoren. Nachwachsenden oder wiederverwertbaren Baustoffen wurde, wann immer möglich, der Vorzug gegeben.

Die ganz aus Holz und aufwändig gefertigte Wendeltreppe ist das Herz- und Verbindungsstück der Rapunzel Welt. Im Erdgeschoss beginnt die rund 12 Tonnen schwere und etwa 14,5 Meter hohe dreifach gewendelte und freitragende Wangentreppe.

Das Projekt Rapunzel Welt hat beim Baupreis Allgäu 2023 Anerkennung gefunden. haascookzemmrich STUDIO2050 ist ein von Martin Haas, David Cook und Stephan Zemmrich gegründetes Architekturbüro.
Die Partner sind Mitbegründer des DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e. V.).

Mit dem Ziel menschen- und umweltfreundliche Lösungen zu entwerfen, arbeitet das Studio mit 40 Mitarbeitern an Stadtplanungs- und Architekturprojekten weltweit. Ziel ist unter anderem eine Architektur, die über die reine Funktionserfüllung hinaus einen kulturellen Mehrwert liefert.

Text: Linda Benkö
Fotos: Roland Halbe, Markus Guhl

Jetzt Newsletter Bestellen <>