Zurück in die Zukunft
Mitten in Chile entsteht das Quincha Haus des einheimischen Architekturbüros Base Studio. Mit einem Rückgriff auf altbewährte Bauweisen und futuristischem Design entsteht ein Haus, das sich harmonisch und ressourcenschonend in seine Umwelt einfügt.
Der Volksmund nennt es gerne das längste Land der Erde. Man könnte auch sagen, es ist ein Ort, an dem Welten aufeinandertreffen. Denn von den Anden, der Atacamawüste und Traumstränden am Pazifik bis hin zu den Gletschern Patagoniens ist Chile ein Land der Extreme und Gegensätze.
Durch die schmale, längliche Form erstreckt sich das Staatsgebiet über fast alle Klimazonen der Erde, was dem Staat bereits den Spitznamen der „Krawatte Amerikas“ verschaffte. Hier hat unweit der Hauptstadt Santiago de Chile das chilenische Architekturbüro Base Studio ein Wohnhaus geplant, das man als mindestens so kontrastreich bezeichnen könnte wie das Land selbst.
Im Quincha Haus treffen innovatives und unkonventionelles Design auf historische Bauverfahren. Zum Einsatz kommt dabei die gleichnamige Quincha-Bauweise, die spanische Kolonialherren im 16. Jahrhundert nach Südamerika importiert hatten. Schon damals fand sie vielfach Anklang.
In ihrer Arbeit begegnen Base Studio den Herausforderungen des modernen Lebens mit einer unkonventionellen, nicht-geometrischen Formgebung. Auch bei der Planung des Quincha Hauses kam diese Philosophie zum Einsatz. Mit Materialien, die vor Ort gewonnen werden, entsteht dabei ein Haus, das nicht nur in puncto Design neue Maßstäbe setzt.
Alte Baukunst im Fokus
Mit Hilfe digitaler Designprozesse soll der ursprünglichen Handwerkskunst und dem Bauen mit Lehm ein moderner Anstrich im Sinne der Nachhaltigkeit verpasst werden. Ganz im Einklang mit seiner Umgebung besteht das Haus von seinen Innenräumen bis zur äußeren Keramikverkleidung aus den Materialien, auf denen es schlussendlich stehen soll.
Mit dem Haus in Puchuncaví erlebt die Quincha-Baumethode ein Revival. Grob erklärt wird bei dieser Konstruktionsweise zunächst ein leichtes Gerüst aus Holz oder Bambus errichtet. Später wird dieses mit einem Geflecht aus Stroh und Zweigen gefüllt und mit Lehm überzogen. Durch die flexible Struktur ergeben sich viele Vorteile wie ein natürlicher Schutz vor Erdbeben. Zudem sorgt der Lehm für hervorragende thermische Bedingungen und eine effiziente, natürliche Isolierung. Abgesehen davon ist die Bauart kostengünstig sowie problemlos mit regionalen Materialien und daher nachhaltig umsetzbar.
Design und Landschaft im Einklang
Mit dem Quincha Haus haben Base Studio ebendiese Maßnahmen getroffen und der historischen Bauweise zudem einen futuristischen Twist verpasst. Mit seiner fließenden, asymmetrischen Form fügt es sich organisch in die umliegende Hügellandschaft ein und zieht dennoch alle Blicke auf sich.
Gelegen in einer leichten Hanglage steht das Haus auf einer großflächigen Plattform, die der Form des Hauses nachempfunden ist. Gleichzeitig dient das Fundament den Bewohnern als Terrasse mit genügend Platz für verschiedene Sitzmöglichkeiten und einen eingelassenen Swimming-Pool.
Fließende Raumgestaltung
Über eine großzügige Glasfront am Gebäude gelangt man vom Außenbereich in die offen gehaltene Wohnküche. Scharfe Kanten sucht man hier vergeblich – auch im Innenraum des Quincha Hauses dominieren weichen Konturen. Bestehend aus einer Küche mit Kücheninsel und einem gemütlichen Wohnzimmer mit Holzofen besticht das Herzstück des Hauses mit viel natürlichem Lichteinfall und einer ruhigen Atmosphäre. Von hier aus verzweigt sich das zentrale Volumen des Gebäudes in verschiedene Trakte, in denen sich die Schlaf- und Büroräume der Bewohner befinden sollen.
Deren Gesamtinvestition für das Quincha Haus ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass das Haus bereits jetzt einen zukunftsweisenden Trend setzt, nämlich die Rückbesinnung auf bewährte Traditionen in modernem Gewand.
Text: Rabea Scheger
Bilder: Base Studio