Co-Working im Schwimmbad
Für das POHA House in Aachen Preuswald hat Urselmann Interior einen Community Space auf rund 500 Quadratmeter gebaut. Das ehemalige Schwimmbad wurde saniert und mit rund 95% Re-Use- und Cradle to Cradle-Materialien eingerichtet.
Der lange Tresen aus grünem Marmor bildet das Herzstück im Gemeinschaftsraum und versprüht altehrwürdigen Charme. In seinem früheren Leben diente er viele Jahre als Schalter in einer Frankfurter Bank. Stauraum in der anschließenden Küche bieten hingegen wiederverwendete Aktenregale. Stühle und Türen aus einer ehemaligen Schule sind zu neuem Mobiliar verbaut. Und die schicken Terrassenmöbel verdanken ihr Dasein ausrangierten Heizkörperverkleidungen. Dem Interior-Design im POHA House Aachen Preuswald sieht man die vielen Second-Hand-Materialien nicht an. Dafür hat das Unternehmen Urselmann Interior gesorgt.
Anstelle eines möglichen Abrisses haben wir uns bewusst für den nachhaltigsten Weg entschieden: den bestehenden Wohnraum durch eine umfangreiche Sanierung zu retten.
Landmarken AG, Immobilienentwickler
Für das 14-stöckige Hochhaus am Rand der belgisch-deutschen Grenzstadt Aachen, das in den 1970er-Jahren erbaut wurde, lagen bereits die Abrisspläne vor. Denn trotz voranschreitender Klimaerwärmung und ungebremsten Ressourcenverbrauchs ist es heute nach wie vor kostengünstiger ein Gebäude zu schleifen and ein neues hinzustellen als im Bestand zu bauen. “Anstelle eines möglichen Abrisses haben wir uns bewusst für den nachhaltigsten Weg entschieden: den bestehenden Wohnraum durch eine umfangreiche Sanierung zu retten“, heißt es vonseiten des Developers Landmarken AG, der das ambitionierte Projekt entwickelte.
Nachhaltiges Bauen im Bestand
Entkernt bis auf den Rohbau, begann man damit, die 5.700 Quadratmeter Wohnraum von Grund auf zu erneuern und für eine zeitgemäße Nutzung zu adaptieren. Der Bau erhielt unter anderem neue Leitungen, ein neues Dach und eine neue Fassade. Damit konnte die Struktur, für die schon einmal viel Energie und Ressourcen aufgewendet wurden, erhalten bleiben. Ein Umstand, der sich sehr positiv auf den ökologischen Fußabdruck des Bauprojektes auswirkt.
Der in die Jahre gekommene Wohnturm bietet heute 84 Wohnungen in unterschiedlicher Größe – vom Studio-Apartment bis zur Mehrzimmer-WG und zum familientauglichen Zuhause. Dieser Mix garantiert ein vielfältiges soziales Spektrum unter den Bewohnerinnen und Bewohnern, was auch für eine neue Belebung des städtischen Umfelds sorgt, wie der Entwickler erklärt: „Die Revitalisierung dieser weithin sichtbaren Landmarke war ein Leuchtturmprojekt zur Aufwertung des Stadtteils.“
Gemeinschaftsräume zum Arbeiten und Leben
Diese Aufwertung hängt auch mit dem CoSpace-Konzept zusammen, auf dem das POHA House Aachen Preuswald basiert. Kernstück dieses Konzeptes ist der knapp 500 Quadratmeter große Community Space im Erdgeschoss des Hauses. Wo sich früher Badegäste um ein Schwimmbecken tummelten, stehen heute Co-Working, Co-Living und andere gemeinschaftliche Interessen auf der Tagesordnung.
Im Vergleich zur konventionellen Bauweise konnten 111,73 Kubikmeter Wasser und sogar 15,49 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden.
Sven Urselmann, Gründer von Urselmann Interior
Während die wellenförmigen Akustikpaneele und die Rettungsring-Lampen in der Lounge Area thematisch auf die frühere Nutzung verweisen, stand beim übergeordneten Konzept von Urselmann Interior der Re-Use-Gedanke im Vordergrund. Hier steht auch der besagte grüne Marmortresen aus einer Frankfurter Bank. Insgesamt stammen 54 Prozent der eingesetzten Materialien aus alten Beständen, während zusätzliche 40 Prozent nach dem Cradle to Cradle-Prinzip zertifiziert oder produziert sind.
Der zirkuläre Weg zur Bauwende
Um Bestandsmaterialien zu ernten und neu einzusetzen benötigt man einen entsprechenden Marktplatz, der sich erst seit wenigen Jahren zu formieren beginnt.
In diesem Fall arbeitete man mit dem Unternehmen Concular zusammen, das aus Europas größtem Marktplatz für wiedergewonnene Baustoffe entstanden ist. Ein Unternehmen, das heute marktführend bei der Entwicklung zirkulärer Immobilien und Materialströme ist, und damit die Bauwende aktiv vorantreibt.
Sven Urselmann, Gründer von Urselmann Interior, rechnet die Einsparungen vor, die sich in der Ökobilanzierung für den Community Space des POHA House ergeben: „Betrachtet man die Herstellungsphase A1 bis A3, so konnten im Vergleich zur konventionellen Bauweise 111,73 Kubikmeter Wasser und sogar 15,49 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden.“
Ein starkes Narrativ
Auch in den Wohnung darüber setzte das Unternehmen zu 54 Prozent auf zirkuläre Materialien. Damit zählt das Bauprojekt zu den Vorreitern in Sachen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Zugleich lieferte man den Beweis, dass gebrauchte Materialien der Ästhetik nicht schaden, sondern – im Gegenteil – die Identität eines Ortes durchaus bekräftigen können.
Denn alle Re-Use-Materialien bringen ihre eigene Geschichte mit und stärken so das Narrativ der wertgeschätzten Ressourcen. Ein überzeugender Gegenentwurf zur Take-Make-Waste-Praxis, die in der Baubranche leider immer noch vorherrscht. Nicht umsonst wurde das POHA House Aachen Preuswald mit dem So!Apart Award ausgezeichnet, einem Preis für herausragende Projekte im Bereich Coliving & Serviced Apartments.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Magdalena Gruber / HEJM Photo