Chaletdorf geht auch anders
Statt Grünflächen zu versiegeln und die Alpenlandschaft zu verhütteln, geht das Chaletdorf Peterhof Furx einen anderen Weg. Das Büro Baumschlager Eberle lieferte eine Hüttensiedlung mit architektonischem und ökologischem Anspruch.
Chaletdörfer haben in Österreich keinen guten Ruf. Sie fördern die Zersiedelung der Landschaft, sind meist weder sozial noch ökologisch verträglich und treiben den ohnehin enormen Flächenverbrauch in der Alpenrepublik fleißig voran. Österreich ist nämlich weltweit führend im Versiegeln von biologisch produktivem Boden. Jeden Tag werden 11 Hektar zugepflastert, während zugleich der Leerstand anwächst. Vor diesem Hintergrund regt sich immer öfter Widerstand in der Bevölkerung, wenn Hüttensiedlungen die ländlichen Wiesen und Hänge in Betongold verwandeln. Und anstatt architektonischen Anspruch zu liefern, stanzt man mit diesen Projekten obendrein eine verkitschte Typologie in die Landschaft, die mit der regionalen Baukultur sehr wenig zu tun hat.
Architektur mit Anspruch
Dass es auch anders geht, zeigt das Projekt Peterhof auf der Vorarlberger Alpe Furx, einem Plateau auf 1200 Metern über dem Rheintal. Ausschlaggebend für die hohe Verträglichkeit und Qualität der neuen Ferienanlage ist zum einen, dass sich ein Architekturbüro, nämlich Baumschlager Eberle, der Topografie, dem Landschaftsbild, dem kulturellen Erbe und der bestehenden Siedlungsstruktur mit viel Fingerspitzengefühl angenähert hat.
Zum anderen handelt es sich um einen Familienbetrieb in vierter Generation, das heißt, das Hauptgebäude ist ein Ersatzneubau und es wurden keine ehemaligen Grünflächen verbaut. „Mein Urgroßvater startete in den 1950er-Jahren mit dem Bauernhaus, das erst zur kleinen Pension und später zum Hotel ausgebaut wurde. Unser großer Vorteil war, dass wir die Widmungen schon hatten und jetzt mit dem Chalet-Konzept neu starten“, erklärt Patrick Schmid, Bauherr und Inhaber des Peterhof Furx.
Blick auf Berg und Tal
Die Anlage besteht aus einem Restaurant – dem Haupthaus – und 10 kleineren Baukörpern, die in 3 Gruppen dazu angeordnet sind. Die zweistöckigen Ferienhäuser sind durch Wege, Kreuzungen und Plätze miteinander verbunden. Sie variieren in ihrer Ausrichtung und Position und schreiben damit die gewachsene Dorfstruktur des 12 Einwohner zählenden Ortes Zwischenwasser weiter. „Statt Zersiedelung wird hier Städtebau am Land betrieben“, heißt es im Projektfilm der Architekten.
Statt Zersiedelung wird hier Städtebau am Land betrieben.
Baumschlager Eberle, Architekturbüro
An der Umsetzung der Anlage waren 62 regionale Unternehmen beteiligt, die Bauzeit betrug lediglich 12 Monate, was der hohen Vorfertigung im Holzbau geschuldet ist. Mit ihrer trichterähnlich geformten Stirnseite öffnen sich die Chalets zur Landschaft hin und fangen das Panorama über großformatige Glasflächen ein. Das Hauptgebäude ist von ehemals 5 auf 2 Stockwerke geschrumpft und verstellt somit die Aussicht für die Chaletgäste nicht. Durch geschosshohe Verglasungen bietet es einen gerahmten Weitblick in Richtung Rätikon, Alpstein, Rheintal und zur Skipiste hin.
Nachhaltigkeit ganzheitlich gedacht
Das gesamte Projekt, so betont man, ist ganzheitlich auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Diese reicht von der Materialwahl bis zur Organisation des alpinen Raums und der Nutzung der erneuerbaren Energiequelle Erdwärme. Das Holz wird nicht wie früher im Ofen verbrannt, sondern bildet das wesentliche Baumaterial. Die Fassade der Baukörper ist durchwegs mit Lärchenschindeln gedeckt, die regional verankert und gut mit einer modernen Formensprache vereinbar sind.
Durch die Spannung zwischen lokaler Baukultur in der Materialwahl und moderner Interpretation bietet die neue Alpe Furx einen attraktiven Beitrag zu Wiedererkennungswert und architektonischer Qualität in den Alpen.
Baumschlager Eberle, Architekturbüro
Auch im Inneren der Gebäude ist Holz das vorherrschende Material. Die Weißtanne der leimfreien Innenverkleidung schafft eine warme Atmosphäre und haptisch weiche Oberflächen. Das Raumprogramm und die Einrichtung der Chalets entsprechen den „zeitgemäßen Bedürfnissen von Menschen, für die sich Wohnen, Arbeiten und Reisen immer mehr vermischt“, wie es heißt.
Neben einem Schlafzimmer, einem großzügigen Wohn-Essbereich mit Küche und Holzofen verfügen die Chalets auch über einen eigenen Saunabereich samt Freiluft-Holzwanne.
Ausgezeichnete Alpenarchitektur
Das moderne Hotellerie-Projekt wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem German Design Award 2022, dem Bauherrenpreis Österreichs 2022 und zuletzt mit dem Vorarlberger Holzbaupreis 2023, dessen Jury insbesondere die „sorgfältige Einbettung der Häuser in die Topografie“ und die „handwerkliche Präzision der naturbelassenen Holzoberflächen“ hervorhob.
Die Architekten von Baumschlag Eberle sehen in dem Projekt einen Beitrag zur architektonischen Qualität in den Alpen: „Durch die Spannung zwischen lokaler Baukultur in der Materialwahl und moderner Interpretation bietet die neue Alpe Furx einen attraktiven Beitrag zu Wiedererkennungswert und architektonischer Qualität in den Alpen.“
Im Vergleich zu vielen herkömmlichen Chalet-Sieldungen hat man hier auf das Beschwören einer Hüttenromantik und das klischeehafte Festhalten an einzelnen Versatzstücken des baulichen Erbes durchwegs verzichtet.
Der Peterhof Furx kann als Vertreter einer neuen Alpenarchitektur bezeichnet werden, die die regionale Baukultur einerseits zu der ursprünglichen Materialität und Kreislauffähigkeit, die sie einst hatte, zurückführt und andererseits in Sachen Formensprache und Energiekonzept ins neue Jahrtausend holt.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Albrecht Immanuel Schnabel, René Dürr