Origami in Holz
Das japanische Architekturbüro Uenoa hat ein Bürogebäude aus Holz geschaffen, das ganz ohne tragende Wände auskommt. Die origamiartig gefaltete Deckenkonstruktion verhilft dem Brettsperrholz zu ungeahnter Leichtigkeit.
Brettsperrholz oder Cross Laminated Timber (CLT) ist ein Begriff, den man bislang nicht mit der japanischen Kunst des Papierfaltens in Zusammenhang brachte. Vielmehr ist das Baumaterial, das aus mehreren über Kreuz verleimten Brettlagen besteht, zum Inbegriff für den neuen, urbanen Holzbau geworden. Durch seine hohe Formstabilität können mittlerweile auch Hochhäuser in nachhaltiger Holz-Bauweise errichtet werden. Wie innovativ diese CLT-Paneele eingesetzt werden können, haben nun die japanischen Architekten Fumie Horikoshi und Yoshinori Hasegawa vom Büro Uenoa eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Mehr als nur Eye Candy
Der Holzschraubenhersteller Synegic wünschte sich für seinen neuen Firmensitz in der Präfektur Miyagi ein „fortschrittliches architektonisches Design, das die Möglichkeiten des modernen Holzbaus neu auslotet“. Eine Vorgabe, die von den Architekten mit einem außergewöhnlichen Konzept erfüllt wurde. Sie entwarfen ein Gebäude in offener Bauweise, das ganz ohne tragende Wände auskommt.
Die Dachkonstruktion ist ein imposantes Feature, das der Origami-Kunst nachempfunden ist.
Fumie Horikoshi und Yoshinori Hasegawa, Architekten
Die gefaltete Dachkonstruktion hat eine Spannweite von 18 Metern und neigt sich an vier Außenpunkten zum Boden. An manchen Stellen kann die kunstvoll gestaltete Decke sogar berührt werden. Allerdings ist sie mehr als nur Eye Candy. Neben ihrer eindrucksvolles Form hat sie auch eine praktische Funktion. Die dreidimensionale Konstruktion besteht aus flachen Trägern und dreieckigen CLT-Paneelen, die kaskadenartig angeordnet sind.
„Durch die Verstrebung der Träger mit CLT-Paneelen kann auf die komplizierte Anfertigung von Verbindungsstücken und Anschlüssen verzichtet werden“, erklären die Architekten von Uenoa die Konstruktionsweise. Durch den hohen Grad an Vorfertigung müssen die einzelnen Elemente nur noch vor Ort verschraubt werden.
Arbeiten unter dem Origami-Dach
Eines haben die Architekten mit diesem Entwurf jedenfalls bewiesen: Brettsperrholzplatten müssen sich nicht hinter Verkleidung oder Putz verstecken. Im Gegenteil: Durch die besondere Anordnung der Elemente werden sie zum ästhetischen Stilmittel erhoben. „Die Dachkonstruktion ist ein imposantes Feature, das der Origami-Kunst nachempfunden ist. Die in Falten gelegten CLT-Paneele bilden eine Kaskade und verwandeln das Innere in einen ausdrucksstarken und weiten Raum“, beschreiben sie ihr Konzept.
Die Büroflächen der Synegic-Firmenzentrale sind auf zwei Stockwerken und einer Zwischenebene angelegt. Jede Form des Arbeitens – von der klassischen Schreibtischarbeit bis zur kreativen Kollaboration mit externen Spezialisten – findet hier ihren Platz. Wände wurden gänzlich abgeschafft. Schließlich sei das Ziel ein lebendiger Dialog unter den Mitarbeitern und die Förderung des Gemeinschaftssinns, wie es heißt.
Die Leichtigkeit des Seins
Die größte Kunst der Architekten Horikoshi und Hasegawa liegt wohl darin, dass sie einem massiven Material wie Brettsperrholz zu ungeahnter Leichtigkeit verholfen haben. „CLT wird für gewöhnlich in Wänden und Böden verwendet. Durch seine Anwendung in der Dachkonstruktion wurde gezeigt, dass CLT auch leicht wirken kann,“ so die Architekten von Uenoa.
Die Mitarbeiter des japanischen Unternehmens profitieren nicht nur von der warmen Atmosphäre des Holzes. Sie können auch den meditativen Effekt des Origami-Daches auf sich wirken lassen. „An manchen Stellen des Gebäudes lässt sich die Dachkonstruktion in ihrer ganzen Pracht erfassen. Besuchern eröffnet sich hier die Schönheit und Feinheit des Designs.“
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Hiroyuki Hirai, Uenoa