Japanisch-dänischer Dialog
NOT A HOTEL Setouchi ist der doch außergewöhnliche Name für Ferienhäuser in einer nicht minder außergewöhnlichen Umgebung. Das dänische Studio BIG designte ein exklusives Resort in einem japanischen Nationalpark.
Die japanische Insel Sagi im Setonaikai-Nationalpark. Hier, in der Region Setouchi im Seto-Binnenmeer, wo im 15. Jahrhundert Piraten ihr Unwesen trieben, befindet sich heute ein Landschafts- und Meeresschutzgebiet. Nicht verwunderlich also, dass es zahlreiche Menschen in diese Gegend zieht. Und ebenso wenig verwunderlich, dass eine entsprechende Infrastruktur für ebendiese Menschen geschaffen wird. Ein Teil davon wird 2026 fertiggestellt: NOT A HOTEL Setouchi.
Der außergewöhnliche Name des Projekts der Bjarke Ingels Group (BIG) liegt am Auftraggeber. Das japanische Unternehmen NOT A HOTEL bietet Miteigentum an „von renommierten Architekten entworfenen und kuratierten Ferienhäusern an außergewöhnlichen Orten“. Im Fall des Setouchi-Resorts auf einem 30.000 Quadratmeter großen Grundstück mit Panoramablick aufs Meer ist dieser Claim wohl nicht übertrieben.
Grad-e Namen
Mit dem Entwurf stellt BIG „einen Dialog zwischen japanischem und skandinavischem Design her“, wie es offiziell vom dänischen Architekturbüro heißt. „Die moderne dänische Architektur ist tatsächlich stark von der traditionellen japanischen geprägt“, erklärt dazu BIG-Gründer Bjarke Ingels. Dabei sind die Bezeichnungen der drei Villen des Resorts Programm: 360, 270 und 180. Die Namen beziehen sich auf die jeweilige Gradanzahl des Designs. So ist beispielsweise die Villa 360 kreisrund (360 Grad). Sie befindet sich auf dem höchsten Punkt des Geländes und bietet einen spektakulären Rundumblick.
Die 180-Villa weist eine Hufeisenform auf und wurde damit an die Form einer vorgelagerten Landzunge angepasst. Villa 270, ein Dreiviertelkreis, liegt zwischen den beiden anderen Gebäuden. Bei jedem Entwurf wurde darauf geachtet, dass die jeweils offene Seite der Villa in Richtung Landesinnere weist; das Design fügt sich so in die umgebende Landschaft perfekt ein.
Architektur in Vollendung
Die Villen sind so gestaltet, dass sie traditionellen einstöckigen Häusern ähneln. Aus einheimischen Materialien hergestellt, beinhalten sie japanische Architekturelemente: strukturierte, monolithische Wände, Holzdecken und gepflasterte Böden. Jede Villa verfügt über drei oder vier Schlafzimmer sowie einen großen Wohnbereich inklusive offener Küche und eingelassenen Sitzgelegenheiten. Von hier gelangt man in die anderen Zimmer – und die Sauna. Im zentralen Hof gibt es zudem einen Schwimmbereich.
Große Dachüberstände sorgen für Beschattung der Innenräume. Diese sind von großzügigen Glasfassaden und Terrassen umgeben, um den zuvor erwähnten Ausblick genießen zu können. „Es sieht beinahe wie ein traditionelles japanisches Landschaftsgemälde in vollendeter Form aus“, schwärmt auch Bjarke Ingels. Infinity-Pools tragen zu dieser „Vollendung“ zusätzlich bei.
Natürlich schön
Der Masterplan des Projekts beinhaltet zudem die Aufforstung von Oliven- und Zitronenbäumen sowie die üppige Bepflanzung mit weiterer lokaler Vegetation, um „die natürliche Schönheit des Geländes hervorzuheben“, so das Studio.
„Japan hat In den letzten Jahrzehnten mit atemberaubenden Naturlandschaften, erlesenem Design, innovativer Architektur und hochmoderner Kunst für Aufmerksamkeit gesorgt“, sagt Shinji Hamauzu, CEO und Gründer von NOT A HOTEL. „Das Seto-Binnenmeergebiet, in dem NOT A HOTEL Setouchi entsteht, vereint alle diese Aspekte des japanischen Tourismus an einem einzigen Ort. In Zusammenarbeit mit BIG errichten wir eines der luxuriösesten Resorts Japans, das mehr Menschen den Zugang zum Charme der Setouchi-Region ermöglichen wird.“
Experimentelles Design
Bjarke Ingels ergänzt: „Bei unserem Designansatz für NOT A HOTEL Setouchi geht es darum, die Landschaft zu erkunden, zu beobachten und zu verstehen. Wir haben uns überlegt, wie wir dieses unverwechselbare, bemerkenswerte Gelände am besten nutzen können, und haben uns für ein Design entschieden, das die Eleganz traditioneller japanischer Architektur widerspiegelt.“
In Japan herrsche die Kultur der Verpflichtung zum Handwerk und des Strebens nach Qualität, so der BIG-Boss. „Man kann sagen, dass die Ehrlichkeit und Einfachheit der Struktur und die sorgfältige Auswahl der Materialien die traditionelle Architektur Japans und die moderne Architektur Dänemarks stark beeinflusst haben. Vielleicht habe ich deshalb, wenn ich nach Japan reise, immer das Gefühl, nach Hause zu kommen. NOT A HOTEL Setouchi wird ein Experiment darüber sein, was passiert, wenn beides zusammenkommt: der dänische Wunsch nach Einfachheit und die Sorgfalt und Perfektion Japans.“
Text: Michi Reichelt
Bilder: BIG, NOT A HOTEL