Museumsneubau: Norwegens Kistefos Museum hat den „Twist“ (Foto: Laurian Ghinitoiu)
#architektur

Norwegens Kistefos Museum hat den „Twist“

Geht es um spektakuläres Design, hat das dänische Architekturbüro BIG wahrlich den Dreh heraus: Sein jüngst im Skulpturenpark des norwegischen Kistefos Museums eröffneter Neubau „The Twist“ schlägt eine faszinierende Brücke zwischen Kunst und Architektur – im wahrsten Sinn des Wortes.

Das Gelände des Kistefos Museums gilt seit Jahren als großartiges Ausflugsziel. Nur etwa eine Stunde Autofahrt von Oslo entfernt, locken hier Kunstausstellungen, ein Skulpturen- und ein historischer Industriepark interessierte Betrachter. Jetzt ist das Kistefos um ein architektonisches Highlight reicher:

Das neue Museumsgebäude „The Twist“ wurde jüngst eröffnet. Designt vom vielfach ausgezeichneten, dänischen Büro BIG, thront es mitten im Wald. Ein Bauwerk, das verbindet: Architektur und Kunst ebenso, wie die Ufer des Randselva-Flusses, über den sich die „bewohnbare Brücke“ erhebt.

Genialer Brückenschlag

The Twist wirkt selbst wie eine riesige Skulptur. Wie ein futuristischer, nahe der Mitte um 90 Grad gedrehter Balken. Eine Brücke mit zwei Haupteingängen, über die Besucher ihre Tour durch den Kunstpark komplettieren können. Der „Dreh“ des Bauwerks hat es möglich gemacht, das bewaldete Südufer auf der einen Seite mit dem hügeligen Gelände an der Nordseite des Flusses zu verbinden. 

Faszinierendes Spiel mit Form und Licht: „The Twist“, der vom dänischen Büro BIG designte Neubau für Norwegens Kistefos Museum (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
Faszinierendes Spiel mit Form und Licht: „The Twist“, der vom dänischen Büro BIG designte Neubau für Norwegens Kistefos Museum (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

Am Südeingang führt eine 16 Meter lange, Aluminium-verkleidete Stahlbrücke in den hohen Innenraum. Der Blick zur Nordseite ist offen. Dort formt eine neun Meter lange Fußgängerbrücke den Zutritt. Eine Glaswand bietet Panoramablick auf die die historische Zellstoffmühle des Kistefos und den Fluss. Auf den 1.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wird nun zeitgenössische Kunst präsentiert. 

„Twist“ stellt Gewohntes auf den Kopf

Durch die Biegung der Fenster wird das Museumsgebäude in drei unterschiedlich mit Tageslicht erhellte Bereiche geteilt: Eine breite, natürlich beleuchtete Galerie mit Aussicht bestimmt den Norden. Der „Zwischen-Raum“ verfügt über gedrehten Lichteinlass im Dach. Und im südlichen Teil befindet sich eine hohe Ausstellungszone mit Kunstlicht. 

„Gedrehte“ Dimensionen im Inneren des neuen Kistefos Museums (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
„Gedrehte“ Dimensionen im Inneren des neuen Kistefos Museums (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

Was eben Decke war, wird durch den „Twist“ zu Wand und Boden (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
Was eben Decke war, wird durch den „Twist“ zu Wand und Boden (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

Dieses Konzept vermittelt den Eindruck, im „The Twist“ mehrere, unterschiedliche Kamera-Verschlusszeiten zu durchwandern. Und im „Zwischen-Raum“ – dem eigentlichen „Twist“ – ergibt sich ein weiterer, erstaunlicher Effekt: Die Wand wird scheinbar zur Decke, die sich ihrerseits in Boden und Wandflächen verwandelt.

Kistefos: Tradition & Industriedesign

Die gekurvte Geometrie des Museums besteht aus geraden, 40 Zentimeter breiten Aluminiumpaneelen und ist wie ein aufgefächerter Bücherstapel aufgebaut. Ein ähnliches Prinzip bestimmt auch das Innere, wo weiß gestrichene, acht Zentimeter breite Latten aus Tannenholz als Verkleidung für Boden, Wände und Decken dienen.

Weiß gestrichenes Holz bestimmt das Innere des Kistefos Museums  (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
Weiß gestrichenes Holz bestimmt das Innere des Kistefos Museums (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

Metallisch kühler Schimmer: Die Außenhaut des „Twist“  (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
Metallisch kühler Schimmer: Die Außenhaut des „Twist“ (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

Mit diesem Design schlägt das Architekturbüro BIG eine weitere Brücke: Von außen eine metallisch schimmernde Referenz an Industriebauten, regiert innen der in Norwegen traditionelle, landestypische Baustoff Holz.

Natur ringsum, zum Greifen nah

Eine gläserne Treppe führt ins Untergeschoss an der Nordseite. Dort wird die Aluminium-Haut des Gebäudes zur Decke. Durch eine weitere Glaswand haben Besucher auch hier freien Blick auf den Fluss und das idyllische Umland des Museums.

Der Museumsneubau „The Twist“ verbindet die beiden Ufer des Kistefos Skulpturenparks  (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
Der Museumsneubau „The Twist“ verbindet die beiden Ufer des Kistefos Skulpturenparks (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

The Twist geriet zur eleganten, architektonisch faszinierenden Erweiterung des Kistefos Skulpturenparks. Das Museum selbst wurde 1996 von Unternehmer und Kunstsammler Christen Sveeas initiiert.

Rund um die Überbleibsel einer 1889 errichteten Zellstofffabrik finden sich dort inzwischen Werke vieler norwegischer und internationaler Künstler wie etwa Yayoi Kusuma, Jeppe Hein, Tony Cragg und Anish Kapoor

Funktionelles Gebäude und Kunstwerk zugleich: „The Twist“ fügt sich perfekt in den Skulpturenpark des Kistefos Museums ein (Foto: Laurian-Ghinitoiu)
Funktionelles Gebäude und Kunstwerk zugleich: „The Twist“ fügt sich perfekt in den Skulpturenpark des Kistefos Museums ein (Foto: Laurian-Ghinitoiu)

Bjakre Ingels Architekturstudio BIG ist für seine visionären Konzepte berühmt. 2011 wurde BIG von Christen Sveeas mit der Planung des Museumsneubaus beauftragt. Wo auf dem idyllischen Gelände dieser entstehen sollte, wurde dem renommierten Kopenhagener Architekten Ingels freigestellt.

Kunstwerk Museumsbau

Die Entscheidung, ein Gebäude mit Doppelfunktion als Brücke und Museum zu designen, hat sich gelohnt: Mit seiner außergewöhnlichen, innovativen Struktur ist The Twist würdige Präsentations-Location für große zeitgenössische Werke – und zugleich selbst ein Kunstwerk, das seinesgleichen sucht.

Die Eröffnungsausstellung „Hodgkin and Creed – Inside Out“ kann noch bis Mitte November besichtigt werden. Dann begibt sich das Kistefos Museum in die Winterpause.

Text: Elisabeth Schneyder
Fotos: Laurian-Ghinitoiu / BIG

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