Nieuw Bergen: Eindhovens „schräges“ Grün (Bild: MVRDV)
#stadtplanung

Eindhovens „schräges“ Grün

Das Gebiet „De Bergen“ in Eindhovens Innenstadt bekommt bald grüne „Berge“. Nach Plänen des Architekturbüros MVRDV soll das Projekt „Nieuw Bergen“ Alt und Neu sowie Stadt und Natur in einer innovativen Wohnsiedlung verbinden.

Bis zum Spatenstich wird es zwar noch ein wenig dauernd, besagt die Info-Seite des Entwicklers SDK Vastgoed. Demnach werden die Bauarbeiten wohl erst 2021 starten. Doch das Projekt, das einen Teil der niederländischen Stadt Eindhoven in ein lebenswertes, grünes Wohngebiet verwandeln soll, ist endgültig auf Schiene. Und „Nieuw Bergen“ – designt vom  Rotterdamer Büro MVRDV – hat durchaus das Potenzial, zum Vorzeigemodell innovativer Stadterneuerung zu werden.

Grün, menschenfreundlich & barrierefrei

SDK Real Estates‘ erklärtes Ziel ist ein integratives Umfeld für viele verschiedene Zielgruppen. Ein barrierefreier, moderner Bereich, in dem Menschen wohnen, arbeiten, sich entspannen, kommunizieren oder einkaufen können.

Das Architekturbüro MVRDV, das den entsprechenden Wettbewerb gewann, liefert das passende Konzept zum Vorhaben. Eines, dessen durchdachtes Design auch Gemeinde und Nachbarschaftskomitee überzeugte. Erschwingliche Wohnungen, begrünte Dächer, Sonnenkollektoren und die helle, luftige Gestaltung von „Nieuw Bergen“ zählten dabei zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren. 

Wiesen auf schrägen Dachflächen, die viel Tageslicht einlassen: Das Rotterdamer Architekturbüro MVRDV hat für Nieuw Bergen ein außergewöhnliches Konzept entworfen. (Bild: MVRDV)
Wiesen auf schrägen Dachflächen, die viel Tageslicht einlassen: Das Rotterdamer Architekturbüro MVRDV hat für Nieuw Bergen ein außergewöhnliches Konzept entworfen.

Das Projekt Nieuw Bergen soll ein Highlight des Stadtzentrums werden, das renovierte und umgebaute Teile mit neuen Bauwerken verbindet. Das 29.000 Quadratmeter große Areal mit sieben Gebäuden wird 240 neue Wohnungen, 1.700 Quadratmeter Gewerbefläche, 270 Quadratmeter urbane Landwirtschaft sowie Tiefgaragen umfassen. Ebenfalls mit im Plan: Ein außergewöhnliches Hochhaus an der Edenstraat.

„Sichtbar“ gemachte Nachhaltigkeit

Die einzelnen Einheiten sind unterschiedlich gestaltet, jedoch harmonisch aufeinander abgestimmt. Geneigte 45-Grad-Dächer zwischen benachbarten Wohngebäuden ergeben eine vielfältige Silhouette mit begrünten Zacken und Flächen. Sie bieten Platz für Sonnenkollektoren, Glashäuser und kollektive Gärten. Mit vielen Fenstern kombiniert, maximieren die geneigten Flächen den natürlichen Lichteinfall und sorgen für geringeren Energieverbrauch. Zugleich spiegeln die Schrägen die traditionelle Dachform niederländischer Städte.

Konzept-Details: Dach-Begrünung (links) und Gefälle (rechts). (Grafik: MVRDV)
Konzept-Details: Dach-Begrünung (links) und Gefälle (rechts).

Übersichtsplan: Ansicht des Projekts „Nieuw Bergen“. (Grafik: MVRDV)
Übersichtsplan: Ansicht des Projekts „Nieuw Bergen“.

„Natürliches Licht spielt in Nieuw Bergen eine zentrale Rolle. Denn die Einheiten folgen einer strengen Höhenbeschränkung und Gestaltungsrichtlinie. Diese ermöglicht ein Maximum an natürlichem Sonnenlicht, Sicht und Intimität bei eingeschränkter Sichtbarkeit von den Straßenebenen aus“, erklärt MVRDV-Gründer Jacob van Rijs. Und er fügt hinzu: „Pocket Parks sorgen auch für eine angenehme Verteilung des Grüns in der Nachbarschaft und schaffen eine intime Atmosphäre für alle“.

Verdichtet und doch lebenswert

Das Konzept ist die Weiterentwicklung eines von MVRDV erarbeiteten Strategie-Tools, das das Architekturbüro in Städten anwendet, die nachhaltige Verdichtung benötigen.

Die schrägen Dächer sind vom Erdgeschoss aus weniger sichtbar. Die Gemeinschaftsgärten und Gewächshäuser „krönen“ mehrere Gebäude, die meisten der schrägen Dachflächen werden mit Gras und anderen Gewächsen bepflanzt.

Glashäuser und Gemeinschaftsgärten spielen eine wichtige Rolle im Design der neuen Wohnsiedlung. (Bild: MVRDV)
Glashäuser und Gemeinschaftsgärten spielen eine wichtige Rolle im Design der neuen Wohnsiedlung.

Mit diesem Design folgt MVRDV dem Trend zu „lebendigen“ Fassaden und urbanen Gärten, die Ballungszentren umweltfreundlicher und lebenswerter machen und Hitzeinseln entgegenwirken sollen. Auch Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Systeme zur Nutzung von Regenwasser sind vorgesehen. 

Vom Entwickler gewünscht und vom Architekturbüro umgesetzt: Nieuw Bergen soll viel erschwinglichen, hochqualitativen Wohnraum bieten. (Bild: RVRDV)
Vom Entwickler gewünscht und vom Architekturbüro umgesetzt: Nieuw Bergen soll viel erschwinglichen, hochqualitativen Wohnraum bieten.

Bewusst neutral gewählte Farben und strukturierte Materialien mit subtilen Unterschieden prägen die markant glasierten Keramikfassaden. Die Farbpalette reicht von Weiß bis Grau, ihre Struktur von glänzend bis zu rau.

Helles, vielfältiges „Nieuw Bergen“

Zu den anderen verwendeten Materialien zählen Stein-, Holz- und Betonelemente. Auch die Wandöffnungen folgen dieser architektonischen Vielfalt. Und verschieden positionierte Balkone mit großzügigen Außenbereichen schaffen ein lebendiges, einladendes Wohnumfeld.

Ein Turm mit grünen Kanten wird Nieuw Bergens weithin sichtbarer Blickfang sein. (Bild: MVRDV)
Ein Turm mit grünen Kanten wird Nieuw Bergens weithin sichtbarer Blickfang sein.

Nieuw Bergen ist nur eines von vielen, besonders auf Nachhaltigkeit konzentrierten Projekten der MVRDV-Architekten. So finden sich im Portfolio des Studios etwa auch Taiwans Tainan Xinhua Obst- und Gemüsemarkt mit riesiger Dach-Farm oder das „Green Villa“-Wohngebäude im niederländischen Sint-Michielsgestel.

Ambitionierte Stadtplanung

In Eindhoven kommt MVRDVs außergewöhnliches Design offenbar sehr gut an, wie die SDK-Website verlautet. „Es ist wirklich schön, dass das Gebiet ,De Bergen‘ jetzt echte grüne Berge haben wird. Der Plan ist innovativ, einzigartig und sehr nachhaltig. Ein Gewinn für die Stadt“, wird da der zuständige Stadtrat Yasin Torunoglu zitiert. 

Tageslicht als Planungsfaktor: Der Sonnenstand im Tagesverlauf war mitentscheidend fürs Design, das bestehende Gebäude (ganz links und ganz rechts) harmonisch mit umgebauten und neu errichteten Teilen verbindet. (Grafik: MVRDV)
Tageslicht als Planungsfaktor: Der Sonnenstand im Tagesverlauf war mitentscheidend fürs Design, das bestehende Gebäude (ganz links und ganz rechts) harmonisch mit umgebauten und neu errichteten Teilen verbindet.

Auch die um die Erhaltung des historischen Stadtbildes bemühte Henri van Abbe-Stiftung und das Nachbarschaftskomitee haben sich demnach klar für MVRDVs Entwurf ausgesprochen.

„Ikonisch und innovativ“

Die Anwohner forderten zwar Konzepte gegen zunehmenden Verkehr und drohende Parkplatznot von der Gemeinde. Doch das ausgewählte Konzept für „Nieuw Bergen“ wurde als „ikonisch und innovativ“ bezeichnet. Nach Inkrafttreten des Bebauungsplans soll die Neugestaltung dieser grünen City-Zone also umgehend beginnen.

Text: Elisabeth Schneyder
Bilder: MVRDV

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