Neuer Superbeton aus Russland und der Schweiz
Wissenschafter der russischen Far Eastern Federal University haben einen neuen Superbeton entwickelt. Er ist deutlich frostbeständiger, resistenter gegen Wasserschäden und viel fester als herkömmlicher Beton. In der Schweiz wiederum kam erstmals UHFB zur Anwendung, „Ultra-Hochleistungs-Faserbeton“.
Hätten Sie’s gewusst? Die Rolling Stones gibt es in Beton. Aber nicht als Statuen, sondern in Form einer Schallplatte. Die Oberfläche aus Superbeton beziehungsweise ultrahochfestem Beton kann so filigran bearbeitet werden, dass sogar die Prägung einer echten Schallplatte möglich ist – was den Ingenieuren der Berliner Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung gelungen ist.
Superbeton hilft Treibhausgase eindämmen
Forschern rund um den Globus steht der Sinn jedoch weniger nach den musikalischen Anwendungen als vielmehr nach felsenfesten und ökologischen Qualitäten des Baustoffs Beton – gilt die Zementherstellung doch weltweit als Nummer 2 unter den Verursachern von Treibhausgasen.
Wissenschafter der russischen Far Eastern Federal University (FEFU) etwa haben einen brandneuen Super-Beton entwickelt, der frostbeständiger, resistenter gegen Wasserschäden und viel fester als herkömmlicher Beton sein soll. Natursteine sind zehnmal fester, obwohl sie fast die gleiche Zusammensetzung und Struktur wie Beton haben. „Aber wir sind jetzt in der Lage, Beton zu erzeugen, der um ein Vielfaches stärker als herkömmlicher Beton ist“, sagt Roman Fediuk.
Weniger Energieverbrauch
Er gibt die Druckfestigkeit mit dem 2,7- bis 3,3-fachen gegenüber herkömmlichem Beton an. Auch die Frostbeständigkeit habe sich verdreifacht; die Wasserbeständigkeit, also jener Druck, unter dem Wasser Beton durchdringt, sich sogar mehr als vervierfacht.
Zudem lasse sich der neue Superbeton umweltfreundlicher herstellen und verarbeiten. Während der üblicherweise verwendete Beton bei niedrigen Temperaturen mit Dampf statt Wasser angerührt werden muss, ist dies beim Beton der Russen nicht nötig. In dieser Bauphase erfolge daher keine zusätzliche Wärmeabgabe an die Atmosphäre. Und die Energiekosten sinkt laut den Forschern um bis zu 70 Prozent.
Von Geonik inspirierter Superbeton
„Bei der Erforschung der Zusammensetzung haben wir uns an den Grundprinzipien der modernen Wissenschaft namens Geonik beziehungsweise Geomimetik (Anm.: Phänomene der Gesteinsstruktur und -mechanik und deren Übertragung auf die Technik) orientiert”, heißt es bei der FEFU. Untersucht wird die Ähnlichkeit der Baumaterialien mit natürlichen Materialien. Diese neue wissenschaftliche Disziplin geht auf Professor Valery Lesovik von der Staatlichen Technologischen Universität Belgorod, ein korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie für Architektur und Bauwissenschaften, zurück.
Die Rohstoffe für die Herstellung des neuen Betons – Stein, Sand, Zement und Wasser – werden bewusst aus derselben Region entnommen. Sie sind so hinsichtlich chemischer Zusammensetzung, physikalischer und mechanischer Eigenschaften ähnlich – eine gute Voraussetzung für die hohe Festigkeit.
Und weniger Wasserverbrauch
Ziel war es auch, den Einsatz von Wasser zu reduzieren. Dieses soll normalerweise die Fließfähigkeit der Betonmischung bis zur Verbringung an den Bestimmungsort gewährleisten. Übermäßige Wassermengen führen jedoch im getrockneten Zustand zu Rissen. Fediuk und sein Team haben daher einen Teil des Wassers durch ein organisches Fließmittel ersetzt, einem speziellen Kunststoff. Die Herstellung des neuen Betons entstand aus einer Kooperation zwischen FEFU und KGASU (respektive KSUAE – Kazan State University of Architecture and Engineering) unter Federführung von Ruslan Ibragimov, dem Leiter der KGASU-Abteilung für Bautechnologie.
Spezieller Betonmischer
Auch bei der mechanochemischen Bindung geht man neue Wege: Ein Rotationspulsations-Mischer dreht sich deutlich schneller als ein herkömmlicher. Auf diese Weise verteilen sich die Rohstoffe homogener und der Beton bindet weitaus schneller ab, sodass Schalungen früher – in drei bis sieben Tage statt bis zu 28 Tagen – entfernt werden können. Dies wiederum senkt die Baukosten. Wolle man eine vergleichbare Wirkung mit normalem Beton erreichen, müsse man den Zementanteil erhöhen, so Fediuk. Das bedeute eine zusätzliche Belastung der Umwelt.
„Wunder-Belag” auf Schweizer Straßen
Witterungsunabhängiges Bauen, hohe Belastbarkeit und lange Lebensdauer sind auch anderswo gefragte Qualitäten. Südlich vom schweizerischen Zug wurde vor kurzem der neue Hightech-Baustoff UHFB – kurz für Ultra-Hochleistungs-Faserbeton – erstmals auf der Straße verlegt, so das Schweizer Bundesamt für Straßen.
Dieser Superbeton soll Gebäude und Straßenbeläge klimaunempfindlich machen und den Angaben zufolge mit 150 N/mm² eine hervorragende Druckfestigkeit aufweisen. Die hohe Bindemittelintensität verleihe dem Beton zudem große Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und Feuchtigkeit. Anders die klassische Armierung von Autobahnbrücken: Hier muss aufwändig mit Dichtungsbahnen und Epoxidharz gearbeitet und die Aushärtung abgewartet werden.
Langzeit-Bewährungsprobe fehlt noch
Wie alle Ultra-hochfesten Betonarten führten auch bei diesem neuen Baustoff die Feinststoffe zum Erfolg, dafür komme man komplett ohne Kies aus. Die integrierten Stahlfasern und der Feinsand sorgen dafür, dass sich das Material besser mit Stahlkonstruktionen und Untergründen verbindet.
UHFB könne dazu beitragen, Instandhaltungskosten für alte und zu sanierende Bauwerke deutlich zu senken. Allerdings weiß noch niemand, wie der Ultra-Hochleistungs-Faserbeton der Langzeit-Belastung bei täglichem Straßenverkehr und starken Klimaschwankungen standhält.
Text: Linda Benkö
Fotos: BAM, gettyimages, iStock Rezus, iStock Ollo, iStock taikrixel