Nestbau für Klettermaxis
Für das Senbo Resort erdachten die Architekten von WH-Studio Baumhäuser, die das Gefühl des Einnistens vermitteln wollen. Und in Erwachsenen das kindliche Erlebnis des Baumkletterns wachrufen sollen.
Sie sind längst nicht mehr so außergewöhnlich, wie es ihre Erbauer vielleicht gern selbst darstellen. Doch sie liegen jedenfalls im Trend: Baumhäuser und vor allem Baumhaushotels. In Anbetracht der durch Corona noch befeuerten Entwicklung hin zu (er)lebbarer Naturnähe und der Suche nach Resonanz-Orten, liegt diese Entwicklung buchstäblich in der Luft. Doch Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt sieht im Baumleben mehr als das:
Im Baumhaus erwacht das Kind
„Fast jeder hat als Kind davon geträumt, einmal ein Baumhaus zu bauen und darin zu spielen“, sagt der Hamburger. „Jetzt wird dieser Traum möglich.“ Und zwar mit dem entsprechenden Komfort: „Die Qualität stimmt mittlerweile.“ Der wissenschaftliche Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen ist sich deshalb sicher, dass die Erholung in Baumhausresorts kein vorrübergehender Trend ist. „Im Gegenteil: Es wird noch das ein oder andere dazu kommen.“
Damit hat Reinhardt offensichtlich sehr Recht! Soeben wurde das chinesische Hotelviertel Senbo Resort um eine ausgesprochen groß angelegte Baumhaussiedlung erweitert. Und weil es eben schon recht viele derartige Resorts gibt, haben die zuständigen Architekten von WH-Studio auch ganz besonders motiviert in der Konzept-Schublade gekramt. Sinn der Sache: Den Reiz des Lebens in den Wipfeln von Grund auf zu begreifen, um diesen zusätzlich zu erhöhen.
Senbo Resort lädt zum Einnisten ein
Das Resultat der intensiven Recherchen und Überlegungen: „Es ist nicht das einsame Wohnen in den Ästen, das ein Gefühl des Einnistens erzeugt“, sind sich die Kreativen hinter Senbo Resort sicher. Vielmehr sei es der „Zustand der Geselligkeit auf dem Baum, der die Eigenschaften des Nistens am intensivsten verstärken kann! Daher sahen wir eine Gruppe von Hütten, die auf den Ästen landet als besonders zielführend.“
Um den kommerziellen Charakter des Projekts zu unterstreichen und nicht etwa eine zu spitze Zielgruppe anzusprechen, versuchten die Architekten zudem die Mischung aus Gebirgsumgebung und Wald zu integrieren, wie sie selbst betonen. Zitat: „Wir haben uns auf das Gleichgewicht zwischen Abstraktion und natürlicher Logik, aus Geometrie und Natur konzentriert.“
Design im Gleichgewicht
Daher würden Dualität und Gleichgewicht „in allen Aspekten des Designs umgesetzt“. Das klingt in der offiziellen Projektbeschreibung dann allerdings ein wenig sperrig – und zwar so: „Der simulierte tote Baumstamm ruft direkt das Bild eines Nestes in der Natur hervor. Gleichzeitig vermeidet dies aber einen übermäßigen Realismus mit üppigem Blattwerk. Die schlichten Schrägdächer der Häuschen behalten einfache geometrische Merkmale bei.“
Außerdem sei es wichtig, dass die Fassade das Grün des umgebenden Waldes widerspiegeln würde. Deshalb würden alle Objekte mit natürlichen Bäumen bepflanzt, wobei das Verhältnis der Formen zueinander eine gewisse Künstlichkeit behalten sollte. Wir erinnern uns: Gleichgewicht zwischen abstrakt und natürlich.
Dass dies recht gut gelungen ist, zeigen die nun veröffentlichten Bilder des kürzlich fertiggestellten Projekts. Jede Baumhäuser-Gruppe besteht aus jeweils sechs Hütten. Außenliegend wurden Terrassen in verschiedenen Höhen platziert, um die im Senbo Resort so groß geschriebene Kommunikation untereinander zusätzlich zu fördern.
Senbo Resort soll bei jungen Menschen punkten
In Anbetracht der Tatsache, dass laut den Auftraggebern die Baumhäuser vor allem bei Familien und Jugendlichen besonders gut ankommen, sah der Entwurf ursprünglich noch Rutschen vor. Diese sollten die jungen Gäste besonders rasch von oben nach unten bugsieren. Allein, dieses Detail wurde schlussendlich nicht realisiert. Wohl aus der Sorge heraus, dass sich die zahlenden Gäste in zu großer Zahl als Unfallopfer am Waldboden wiederfinden würden.
Was aber sehr wohl umgesetzt wurde, ist die Idee, den Menschen eine Art Baumkletter-Erlebnis zu bieten: Die einzelnen Wipfel-Villen sind über hölzerne Zickzack-Pfade erreichbar, die sich durch die umgebenden Äste hin zu den Eingängen schlängeln.
Im Zick-Zack zur Frucht
WH-Architekten dazu: „Die Erfahrung des Baumhauses beginnt durch den Zickzack-Weg mit dem Klettern auf den Baum. Wir legen besonderes Augenmerk auf den Weg und die Erfahrung im Freien.“ Der kleine Klettersteig biete die Erfahrung von Windungen, Licht- und Schattenwechseln, während die Terrassen einen komfortablen Raum für Aktivitäten im Freien bieten würden, heißt es.
Wer schließlich alle Stufen hinter sich gelassen hat, bekommt als Belohnung die Früchte des Baums serviert. In Form kleiner Holzvillen, hoch über dem Waldboden.
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Xiaoli Liu, CC, WCTG