Ndarja, in Tirana, von Ooda entworfen
#architektur

Tetris für Fortgeschrittene

Tirana ist eine beliebte Spielwiese für renommierte Architekturbüros. Auch die portugiesischen Architekten von OODA wollen der Stadt mit den komplementären Türmen von Ndarja ihren Stempel aufdrücken.

Wer kann sich nicht an das Computerspiel Tetris erinnern? Seit der Erfindung im Jahr 1985 verleitet das süchtig machende Geschicklichkeitsspiel immer noch Menschen jeglichen Alters dazu, bis in die frühen Morgenstunden die eigenen Rekorde zu brechen. Ziel des theoretisch unendlich laufenden Spiels ist es, aus den fallenden Bausteinen horizontale, lückenlose Reihen zu bilden. Das Tempo wird immer schneller und das Spiel endet, wenn die Bausteine den oberen Rand des Spielfelds erreichen.

Inspiriert vom Legespiel Pentomino und ursprünglich von Alexei Paschitnow entwickelt, verhalf Nintendo dem Spiel zum weltweiten Durchbruch.

Zwei Baukörper, die ineinander passen

Wer Tetris kennt, wird sich beim Anblick des Projekts Ndarja von OODA Architecture stark an das Spiel erinnert fühlen. Denn das Mischnutzungsgebäude, das in Albaniens Hauptstadt Tirana realisiert wird, besteht aus zwei Türmen, die wie Puzzlesteine – oder eben Tetris-Blöcke – ineinander passen.

Ndarja, Ooda Architecture
In Tirana entstehen seit einigen Jahren spektakuläre Gebäude vieler renommierter Büros wie BIG, MVRDV, Stefano Boeri und zum zweiten Mal auch von OODA.

Ndarja bedeutet auf Albanisch „Trennung“. Das renommierte portugiesische Architekturbüro hat es als quadratisches Gebäude konzipiert, das auseinandergezogen wurde, um zwei getrennte Türme zu bilden. Das Gebäude wird voraussichtlich 22 Stockwerke hoch sein.

Die Tetris-Idee dürfte OODA lieb gewonnen haben. Denn sie findet sich auch im Projekt Hora Vertikale Towers wieder. Dieser multifunktionale Bau mit 55.000 Quadratmetern Fläche liegt ebenfalls in Tirana. Das 140 Meter hohe „vertikale Dorf“ besteht aus übereinander gestapelten Baukörpern.

Ndarja, Tirana, Albanien
Der Ndarja-Entwurf von OODA: Das quadratisch konzipierte Gebäude wurde „getrennt“.

Projekt Ndarja, Ooda
Die zwei einzelnen Baukörper hat man anschließend leicht zueinander gedreht.

Doch OODA setzt auch Projekte mit runden Formen um, beispielsweise den Hoso Tower, ein Studentenwohnheim in der portugiesischen Universitätsstadt Porto. Neben Bauzeit und Baukosten reduzierten die vorgefertigten Betonelemente den CO2-Fußabdruck bei der Errichtung.

Bei Ndarja stehen für OODA – neben dem spektakulären Look – multifunktionales Design, natürliche Elemente und gemeinschaftsorientierte Räume im Vordergrund. Ndarja befindet sich in der Myslym-Straße im Zentrum von Tirana. Es ist für die Nutzungsarten Wohnen, Gastgewerbe, Büro, Hotel und Gewerbe konzipiert, die sich auf eine Fläche von 41.000 Quadratmetern verteilen.

Ort der Mitte, Ort der Ruhe

„Time for a break“ – auf Deutsch „Zeit für eine Pause“ oder wörtlich „Zeit für einen Bruch“. Auch wenn das englische Wortspiel auf Deutsch nicht funktioniert, so macht der „Bruch“ des Gebäudes Platz für den mittig entstehenden Raum. Anstatt einer bloß funktionalen Passage soll hier ein einladender Platz entstehen. Ein Ruhepol, der der Stadt und den Bewohnern eine Atempause verschafft.

Ndarja
Im zentralen öffentlichen Raum sind nun Grünflächen, reflektierende Wasseroberflächen und Balkongärten integriert.

Die architektonische „Zäsur“ definiert den städtischen Raum Tiranas neu. Der Trennungsraum schafft Verbindungen zwischen dem Gebäude und den Straßenzügen, ebenso wie zwischen der Stadt und den Menschen. Im zentralen Platz sind Grünflächen, reflektierende Wasseroberflächen und Balkongärten integriert.

Die zwei fast deckungsgleichen, fragmentierten Baukörper sind an ihrer Schmalseite zueinander ausgerichtet und leicht gedreht. Der offene Raum zieht die Nutzer und Besucher auf den ruhigen Platz in der Mitte. Es ist ein Ort, wo die Menschen dem hektischen Treiben und dem Tempo der Stadt – zumindest vorübergehend – entfliehen können.

Gleichzeitig entsteht ein angenehmes Mikroklima für die Nachbarschaft, für Flora und Fauna. Ein Bindeglied für die Menschen, denn hier kann man sich vortrefflich Zeit für Zusammenkünfte nehmen.

Ndarja, Konzept von OODA
Die Gegebenheiten des Bauplatzes wurden maximal ausgeschöpft.

Ndarja von oben
In der Mitte ist ein angenehmer Raum für Begegnung entstanden.

Das Ndarja-Gebäude mit einer Fläche von 41.000 Quadratmetern ist erstaunlich anpassungsfähig – gerade durch seine außergewöhnliche Konzeption. Umgeben von üppiger Vegetation und einem reflektierenden Wasserbecken wird die solide Struktur mit weichen, „atmenden“ Elementen ergänzt. Die spiegelnde Wasseroberfläche im Zentrum dient als „Portal“, das das natürliche Licht nach unten leitet und die Innen- mit den Außenbereichen verbindet.

Begrünte Außenflächen

Die unteren Stockwerke des Gebäudes beherbergen Gewerbeflächen und Gastronomie. Im Baukörper an der Myslym-Straße entstehen in den oberen Etagen luxuriöse Wohnungen mit offenen Grundrissen und großzügigen Balkonen sowie ein Hotel. Das Volumen an der Pitarka-Straße ist ebenfalls für Wohnungen vorgesehen, mit zusätzlichen Büroflächen mit modernen Arbeitsplätzen. Jede Nutzungsart verfügt über separate Eingangsbereiche. Die Bewohner können dabei aus einer Vielzahl an Wohnungstypen wählen, während die Hotelgäste auf den oberen Ebenen einen atemberaubenden Blick über die Stadt genießen.

Ndarja in Tirana
Die Brises-soleil, perforiertes Metallblech vor den Fassaden und Auskragungen steuern den Lichteinfall.

Ndarja, entworfen von OODA Architecture
Die Verkleidungen erhöhen nicht nur die Energieeffizienz des Gebäudes, sie verbessern zudem die Privatsphäre der Bewohner.

Die erdfarbene Fassade lässt das Gebäude harmonisch mit der Umgebung verschmelzen. Die durchdachte Anordnung von Grünflächen innerhalb und um das Gebäude herum trägt zu einer angenehmeren städtischen Umgebung und zu einem gesünderen Leben bei. Die Landschaftsarchitektur stammt vom Atelier P4 – Artes E Técnicas Da Paisagem. Die Vegetation aus widerstandsfähigen Pflanzen wurde sorgfältig ausgewählt, um den lokalen Bedingungen von Wind und Sonneneinstrahlung standzuhalten.

Dynamik zwischen Gebäude und Umgebung

Zusätzlich zur Begrünung wird das Äußere von Ndarja mit perforiertem Metallblech verkleidet, was die Energieeffizienz des Gebäudes erhöht. Die Brises-soleil und horizontalen Auskragungen an den Fassaden regulieren den Lichteinfall. Gleichzeitig verbessern sie die Privatsphäre der Bewohner, während die visuelle Transparenz erhalten bleibt. So entsteht die von OODA Architecture gewünschte dynamische Interaktion zwischen dem Gebäude und der urbanen Umgebung.

Fertigstellung für 2029 erwartet

Verläuft alles nach Plan, sollte Ndarja im Jahr 2029 fertiggestellt werden, erwartet OODA. Tiranas rasante Entwicklung dürfte sich fortsetzen. Bisher haben der Stadt schon renommierter Büros wie BIG, MVRDV und Stefano Boeri ihren Stempel aufgedrückt.

OODA besteht aus einem Team von mehr als 50 Architekten verschiedener Nationalitäten. Sie arbeiten an einem breiten Spektrum von Projekten unterschiedlicher Größe und Nutzungsart: von einzelnen Häusern bis hin zu großen Wohngebäuden und Hotels, von institutionellen Gebäuden bis hin zu Masterplänen und Stadtentwicklung.

Text: Linda Benkö
Fotos, Renderings: Plomp, OODA

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