Natürlich, lasst die Kinder spielen!
Gerade die kleinsten Mitglieder unserer Gesellschaft verdienen unsere größte Aufmerksamkeit. Der neue Kakapo Creek Kindergarten auf Neuseelands Nordinsel bietet nachhaltige Räume für Neugier, Freude und Energie – und fördert selbst seine natürliche Umgebung.
Ngā Hau E Whā beschreibt übersetzt die „vier Winde“. Bei den Māori, den neuseeländischen Ureinwohnern, symbolisiert der Begriff einen Ort, an dem Menschen aus allen Himmelsrichtungen zusammentreffen.
Im Kakapo Creek, einem neuen Kindergarten und Vorschul-Lernzentrum im Herzen von Mairangi Bay, stehen die überlieferten vier Winde auch für einen Treffpunkt von Menschen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründen.
Begegnungszone unter freiem Himmel
Architektonisch zu Boden gebracht wird der schöne Gedanke in einem kreisförmig angelegten Gebäude, das einen zentralen Begegnungsraum unter freiem Himmel schafft. Die Form wurde dabei harmonisch von der Form des Baches abgeleitet, der die Grundstücksgrenze an der Nordseite bildet und dazu beiträgt, den 729 Quadratmeter großen Kindergarten an seinem Platz zu verankern.
Mairangi Bay ist ein malerischer Küstenvorort der Metropolregion Auckland auf Neuseelands Nordinsel und zählt knapp 6.000 Einwohner. Der Kindergarten selbst liegt nur einen Block vom Strand und dem tiefblauen Pazifik entfernt und bildet einen eigenen, von Bäumen und Sträuchern gesäumten Kosmos für bis zu 100 Kinder.
Wohlbedachte Ideen
Vier Klassenzimmer des im Frühjahr 2022 eröffneten Kakapo Creek Kindergartens umgeben den zentralen Freiluft-Spielplatz. Sie sind zum Innenhof hin verglast, was eine Verbindung zwischen innen und außen sowie zwischen den Räumen selbst ermöglicht. Abgerundet wird das elegante, schlichte Design durch eine begrünte Überdachung aus Brettschichtholz, welche die darunter liegenden Räume noch stärker miteinander verbindet und das Gebäude in seine natürliche Umgebung einfügt.
Wir wissen, dass Kinder die Natur brauchen, um ihren Forscherdrang zu entwickeln. Ihr Staunen und ihre Freude.
Kaye und Ian McKean
Ausgedehnte Landschaftsgestaltung um das Gebäude und auf dem Dach mit einheimischen Pflanzen fördern die Artenvielfalt. Das begrünte Dach übernimmt aber noch eine weitere Aufgabe: Es reduziert nämlich auch den Regenwasserabfluss um über 50 Prozent. Das restliche Regenwasser wird vom Dach über herabhängende Ketten in den Boden unter dem Gebäude abgeleitet, wo es durch Bakterien in Kiesfiltern gereinigt und schließlich in den angrenzenden Bach geleitet wird.
Kakapo Creek – Staunen fördert die Neugier
Betrieben wird der Kindergarten von Kaye und Ian McKean, die besonderen Wert auf einen spielerischen Zugang zur Natur legen. Kinder werden ermutigt, sich im Freien ebenso ungezwungen zu bewegen wie im Inneren ihres „Boutique Childcare Centers“. „Wir wissen, dass Kinder die Natur brauchen, um ihren Forscherdrang zu entwickeln. Ihr Staunen und ihre Freude“, wird die Erziehungs-Philosophie zusammengefasst, „sollen dafür sorgen, dass ihre Neugier und Energie gefördert werden.“
Für die räumliche Umsetzung ihrer Ideen haben die McKeans einen Partner gesucht (und in CASA – Collingridge And Smith Architects – gefunden), der seiner Arbeit selbst mit großer Neugier, Freude und Energie nachgeht. Und tatsächlich steht auf der Homepage der Architekten über ihr prinzipielles Herangehen an neue Aufträge zu lesen, dass ihr „forschungsbasiertes Design zu innovativen Lösungen führt, die für unsere Kunden funktionieren.“
Attraktivität entscheidet
Das neuseeländisch/englische Architekturbüro wurde 2007 von Phil Smith in Auckland gegründet und 2012 um den Engländer Graham Collingridge erweitert. Die beiden waren zuvor schon Kollegen bei Foster + Partner in England, Phil Smith war aber 2006 – gemeinsam mit Ehefrau Tiffany, der heutigen General Managerin von CASA – nach Neuseeland emigriert, um ein nachhaltigeres Leben führen zu können.
Ihre Arbeit stützen die Architekten auf fächerübergreifende Erkenntnisse: „Jüngste Fortschritte in den Neurowissenschaften und der Psychologie haben es ermöglicht, einige der Gründe zu entschlüsseln, warum wir bestimmte Kunstwerke, Objekte und Umgebungen attraktiver finden als andere. Im Kern geht es dabei um eine einfache darwinistische Theorie: Wenn wir etwas attraktiv finden, werden wir uns mit größerer Wahrscheinlichkeit für diese Sache entscheiden als für eine andere – sei es ein Gemälde, ein Musikstück, eine Landschaft oder sogar ein Gebäude.“
Ganzheitliche Integrität
Dieses Wissen führt in ihren Planungen zu einem „Streben nach Wohlgefallen“ und der Überzeugung, dass schöne Räume eine bessere Umgebung für Menschen – und also auch für Kinder und ihre Betreuer – schaffen: „Wir integrieren sorgfältig architektonische, landschaftliche, innenarchitektonische und möbelgestalterische Fähigkeiten, um sicherzustellen, dass unsere Projekte eine ganzheitliche Integrität erreichen, die den Bedürfnissen unserer Kunden entspricht.“
Eines der Grundbedürfnisse im Kakapo Creek Kindergarten war und ist die Nachhaltigkeit. Deshalb wurde die Tageslichtzufuhr durch umfangreiche Verglasung maximiert, so dass tagsüber keine künstliche Beleuchtung erforderlich ist. Die natürliche Belüftung der Räume ist kohlenstofffrei; Heizung und Kühlung erfolgen kostengünstig und kohlenstoffarm durch elektrische Wärmepumpen, die in den Badezimmern über der Decke versteckt sind.
Was spielen wir?
Um Wärmeverluste zu minimieren, wurden Dach- und Wandisolierungen gewählt, die laut Collingridge And Smith Architects „weit über den baurechtlichen Mindestanforderungen“ liegen; für die Verglasung wurde Low-E-Glas (also Low-Emissivity-Glas) verwendet, das dank einer hauchdünnen Metallschicht für geringere Wärmeabstrahlung sorgt. Außerdem wurden alle Versorgungsleitungen so unter dem Doppelboden des Gebäudes verlegt, dass für Wartungs- und Sanierungsarbeiten ein einfacher Zugang gewährleistet ist.
Für die Kinder selbst stehen aber natürlich ganz andere Fragen im Vordergrund. Allen voran: Was stellen wir an? Was spielen wir als nächstes? Bei diesen Antworten helfen die Experten von Learning Space Global (LSG), einem lokalen Produzenten kindergerechter Holzmöbel und naturbelassener Spielelemente, deren Vision es seit 2006 ist, eine „hervorragende Lernumgebungen zu schaffen, um den Erfolg jedes einzelnen Kindes zu fördern und zu stimulieren.“
Kakapo Creek – Von der Natur inspiriert
Auch hier steht wieder das Zusammenspiel mit der Natur im Mittelpunkt, wie es bei LSG heißt: „Wir sind der Meinung, dass biophile Elemente, die von der Natur inspiriert sind, in Kombination mit natürlich ausgerichteten Möbeln das beste Gleichgewicht für beruhigende und anregende Räume schaffen. So können sich die Kinder voll auf ihre akademische, körperliche und soziale Entwicklung konzentrieren und ganz sie selbst sein.“ Und zwar egal, aus welcher Himmelsrichtung sie kommen.
Text: Hannes Kropik
Fotos: Mark Scowen