Inspiriert von einer neuen Generation

Das Büro nach der Pandemie, prophezeit Büromöbelhersteller Narbutas, wird anderen Anforderungen genügen müssen als dessen Pendant vor dem Jahr 2020: „Es gibt ein wachsendes Interesse am ganzheitlichen Ansatz für Büros mit besonderem Fokus auf das körperliche, soziale und geistige Wohlbefinden der Mitarbeiter. Zu den Faktoren, die positiven Einfluss auf die Gesundheit der Menschen haben, gehören die Menge an Raum und Licht, aber auch ergonomische Büromöbel, die Privatsphäre gewährleisten.“

Neue Kollektionen gegen die Pandemie

Das eigentümergeführte Unternehmen hat rasch auf die geänderten Anforderungen reagiert. Seit 2020 brachte Narbutas 13 neue beziehungsweise ergänzte Kollektionen auf den Markt, die die Veränderungen am Bürosektor widerspiegeln. Zum Beispiel akustische Trennwände und Kabinen, die private Räume in Großraumbüros schaffen sollen.

Modulare Schreibtischsysteme helfen bei einer effektiven Arbeitsplatzgestaltung. Das – ebenfalls modulare – Lounge-Sitzsystem SOFT ROCK soll für Entspannung, zwanglose Besprechungen, kooperative oder individuelle Aufgaben sorgen. Das hauseigene Büromanagement-Tool FLANCO wiederum soll effiziente Mobilität im Büro garantieren und unkompliziert via App ermöglichen, Besprechungsräume zu buchen oder freie Arbeitsplätze zu finden.

Neues Land, neuer Mut

Das litauische Unternehmen mit globaler Ausrichtung feiert 2021 sein 30-jähriges Bestehen. Gründer Petras Narbutas erinnert sich anlässlich des Jubiläums an die nüchternen, aber ambitionierten Anfangstage – im Jahr eins der Unabhängigkeit Litauens von der Sowjetunion: „Es begann mit der einfachen Idee eines Computerschreibtisches. Ich war Physiker, und Möbel herzustellen schien nicht besonders relevant. Aber ich wollte wirklich ein Unternehmen gründen.“

Anfangs wäre das eigentliche Thema gar nicht die wichtigste Frage gewesen, wichtig war nur, „dass ich ein Unternehmen gründe, dessen Ziel es ist, ernsthaft und lange im Geschäft zu bleiben.“ Heute umfasst das Portfolio mehr als 70 verschiedene Möbelkollektionen, die von über 750 Partnern in mehr als 50 Ländern weltweit vertrieben werden. Selbst die Corona-Pandemie konnte die stetig wachsenden Umsätze nicht stoppen. Zu den weltweiten Großkunden zählen Unternehmen wie BioNTech, Colgate und Aston Martin, auch im World Trade Center in Dubai setzt man auf Qualität aus Litauen.

„Nichts Unnötiges“

Anfangs, gibt CEO Petras Narbutas zu, konnte er seinen Mitarbeitern weder gute Arbeitsbedingungen noch großartige Versprechen bieten: „Das Einzige, was ich sicher sagen konnte, war, dass das Unternehmen sich um seine Mitarbeiter kümmern würde.“ Diese Offenheit fand Anklang und Narbutas prosperierte dank seiner prinzipiellen Ausrichtung mit Schwerpunkt auf Ehrlichkeit – und Qualität.

„Ich habe herausgefunden“, sagt Petras Narbutas, „dass unsere Kunden – genau wie ich selbst – funktionelle Produkte mit guter Qualität lieben. Aber dass sie nicht bereit sind, für etwas zu bezahlen, das sie nicht benötigen. Das ist der Grund, warum unsere Produkte funktionell, von hoher Qualität und attraktiv, aber gleichzeitig einfach und schlicht sind. Das Motto für unser Design ist ‚Nichts Unnötiges‘.“

Millionen für die Zukunft

Ein entscheidender Entwicklungsschritt war ein Innovations- und Investitionsschub im Jahr 2018. Narbutas erweiterte sein Werk im ost-litauischen Ukmerge, rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Vilnius, zu einer der größten und modernsten Produktionsstätten Ost- und Zentraleuropas.

Mehr als sieben Millionen Euro wurden in die Erweiterung von 29.100 auf 36.600 Quadratmeter gesteckt und die Anzahl der Mitarbeiter auf über 700 erhöht. Das Werk verfügt heute unter anderem über eine Holzwerkstatt, eine Produktionsstätte für Metallkonstruktionen, Stoffschneide- und Nähmaschinen sowie Produktionseinheiten für gepolsterte Möbelelemente. 

Nachhaltigkeit im Fokus

Narbutas legt großen Wert auf Nachhaltigkeit. Der Fokus liegt dabei auf zwei Schwerpunkten: Einerseits sollen in der Produktion möglichst oft recycelte Rohstoffe verwendet werden. Andererseits soll die Qualität der Produkte deren Langlebigkeit garantieren und unnötigen Konsum (und Wegschmeißen) verhindern; Narbutas ermöglicht durch seine modularen Systeme außerdem, dass einzelne Komponenten jederzeit ausgetauscht werden können – auch, wenn Bürogebäude umgebaut und Büros umgestaltet werden müssen.

Um selbst energieeffizienter produzieren zu können, wurden auf dem Dach der Fabrik Solarzellen installiert, die rund 15 Prozent des jährlichen Strombedarfs abdecken. Auch bei der Verwendung von Lacken und Klebstoffen auf Wasserbasis achtet Narbutas bewusst auf nachhaltige Lösungen.

Neu erfinden

Der Firmengründer sieht in diesen fortschrittlichen, dynamischen Schritten einen der Schlüssel zum Erfolg: „Modern zu sein bedeutet, sich ständig zu verändern. Ich hoffe, dass sich unser Unternehmen bis zum 50-jährigen Bestehen völlig neu erfindet. Und unsere Werte und Modernität werden die einzigen Dinge sein, die unverändert bleiben.“

Beim Design seiner Möbel geht Narbutas bewusst einen internationalen Weg: italienischer Stil trifft skandinavischen Minimalismus, gepaart mit litauischer Gemütlichkeit. „Unser Produktentwicklungsteam und die Innovationsgruppe arbeiten konstant mit Designern aus Litauen, Italien, Dänemark, Japan und anderen Ländern zusammen“, heißt es bei Narbutas. „Und diese langfristige Zusammenarbeit mit internationalen Partnern trägt großartige Früchte.“

Internationale Anerkennung

Und sie sammelt eine Serie von Preisen, die wir hier nur in Auszügen wiedergeben: 2016 erhielt das Lounge-Sitzsystem ARCIPELAGO den i-NOVO-Award, 2019 wurden der Lounge-Stuhl TANGO und der Konferenztisch NOVA Wood ebenso mit Red-Dot-Awards ausgezeichnet wie 2021 der Chefsessel NORTH CAPE. Ganz aktuell wurde das modulare Lounge-Sitzsystem SOFT ROCK mit dem German Design Award 2022 geehrt.

Dieser deutsche Designerpreis wird seit 2011 vom Deutschen Rat für Formgebung in den Bereichen Produkt- und Kommunikationsdesign verliehen. Die Jury – bestehend aus mehr als 35 Design-, Marken- und Kommunikationsexperten – bewertete das Gesamtkonzept der Nominierten in Bezug auf Haltbarkeit und Funktionalität ebenso wie auf Nachhaltigkeit und Ästhetik.

Dämemark trifft Litauen

Das Gewinnerprojekt, das erwähnte Lounge-Sitzsystem SOFT ROCK, ist das erfolgreiche Produkt einer Kooperation von Narbutas und dem dänischen Designstudio Strand+Hvass. Christina Strand und Niels Hvass freuten sich anlässlich der Preisverleihung, dass ihr Konzept in Litauen ein mutiges „Go!“ bekommen hatte: „Das Führungsteam von Narbutas hat in schwierigen Pandemiezeiten innovative Lösungen für das neue Produkt entwickelt und gefunden. Ohne deren Engagement wäre diese Auszeichnung nicht möglich gewesen.“

Tatsächlich haben sich Strand+Hvass an den Bedürfnissen der Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale orientiert: „Wir haben versucht, die Anforderungen der neuen Generation zu definieren. Was wir jetzt sehen, sind die Veränderungen. Nicht nur der Schreibtisch, sondern auch weiche Sitzgelegenheiten in Loungebereichen werden für Angestellte zum Arbeitsplatz. So steigt die Nachfrage nach zwangloseren, entspannteren Arbeitsbereichen, bei einem gleichzeitigen Bedürfnis nach ständiger Bewegung.“

Narbutas – Von der Natur inspiriert

Dänemark und Litauen haben zwar keine gemeinsame Grenze, liegen aber beide malerisch an der Ostsee. Und so passt es, dass sich Strand+Hvass bei ihrem Design von der Natur inspirieren ließen: Wellen, die über Felsen und Steine der Küste brechen – und dabei die Formen dieser Felsen und Steine glatter erscheinen lassen. Denn es gibt ja immer noch diesen einen Ort, der noch schöner ist als zu Hause (und vielleicht sogar schöner als das Büro): der Strand, mit freiem Blick hinaus aufs Meer.

Text: Hannes Kropik
Fotos: Narbutas