Bewegtes Holz
Bei einer Innovation spanischer Studenten mit dem schönen Namen Mobile MOCA lohnt es sich, einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Wobei hier eigentlich hinter der Fassade gleich vor der Fassade ist.
Nein, Mobile MOCA ist kein neuer Begriff für Coffe to go. Es handelt sich vielmehr um ein Tiny House – und doch ist das „to go“ hier recht zutreffend. Aus dem Entwurf von Studierenden des Institute for Advanced Architecture of Catalonia (IAAC) in Barcelona ist nämlich ein Tiny House auf Rädern entstanden, das komfortabel mit dem Auto dorthin transportiert werden kann, wo es einem gerade gefällt.
Im Grunde genommen ist Mobile MOCA (MOCA steht dabei für Mobile Catalyst) also ein hölzerner Wohnwagen. Was etwas sperrig klingen mag, ist dabei aber hoch innovativ und clever designt. Und das Besondere an diesem schlicht wirkenden, hölzernen Zuhause ist, dass seine Bewohner autark leben können.
Am Puls der Zeit
Das Haus wird zur Gänze mit Solarstrom betrieben und ist so konzipiert, dass es bis zu 24 Stunden ohne erneutes Aufladen genutzt werden kann. Auf dem Dach befinden sich drei leicht biegsame monokristalline Solarmodule, die mit einem MultiPlus-Wechselrichter und einer Reservebatterie verbunden sind.
Für die Toilette wird ein humusbasiertes System verwendet, das kein Spülwasser benötigt. Dadurch wird der Aufwand für die Entsorgung und Aufbereitung reduziert und Schwarzwasser entsteht nur beim Kochen und Putzen. Über eine Auffangschale wird das Abwasser der Dusche gesammelt, in einem Grauwassertank gespeichert und anschließend wiederaufbereitet. Dabei durchläuft es eine dreistufige Filterung, inklusive UV-Reinigung, bevor es in den Kreislauftank zurückgeführt wird.
Holz soweit das Auge reicht
Die Studenten und Forscher am IAAC haben dieses mobile Haus im Rahmen des Postgraduate Programms Advanced Ecological Buildings & Biocities (MAEBB) mit Holz aus dem Naturpark Collserola gebaut. Konkret entschieden sie sich für Massivholzbauweise aus Dübelholz (Dowel-Laminated-Timber, DLT). Der Fokus lag dabei einerseits auf der Robustheit des Materials, andererseits auf Nachhaltigkeit. Als sogenanntes Null-Kilometer-Material ist es lokal verfügbar und kann nach der Nutzungsdauer als natürliche Ressource der Natur wieder zurückgegeben werden. Die mehrschichtigen Massivholzplatten sind fest verleimt und können einfach mit Holzdübeln zusammengebaut werden, ganz ohne Nägel oder Metallbefestigungen. So können die Paneele dann direkt vor Ort mit CNC-Maschinen bearbeitet werden. Ein mobiler Wohnraum also, der bereits in seinem Entstehungsprozess mobil, individuell und flexibel ist.
Die Herausforderung bestand darin, ein mobiles Haus aus Holz herzustellen und dabei die Materialien und Werkzeuge zu verwenden, die uns in den Valldaura Labs des IAAC zur Verfügung stehen.
Vicente Guallart, Co-Direktor von MAEBB
Die Ruhe der Bewegung
MOCA ist Mobilität und Nachhaltigkeit in einem und damit der ideale Ort, um der Schnelligkeit des Alltags zu entfliehen. Schließlich ist der Prototyp des Zwei-Personen-Hauses nicht nur so konstruiert, dass er mit dem Auto leicht transportiert werden kann. Im Mittelpunkt der beweglichen Unterkunft steht ein flexibler, offener Raum, der sich leicht in einen Schlaf-, Wohn-, Ess- oder sogar Veranstaltungsraum verwandeln lässt. An den Fassaden ermöglichen faltbare, mit wasserabweisendem Stoff bespannte Holzrahmenwände eine vollständige Öffnung. Durch Glastüren verstärkt kann die Fassade aber auch eine Grenze zwischen Außen und Innen schaffen. Jedes Bedürfnis findet hier eine individuelle Lösung.
„Die faltbaren Paneele ermöglichen mehrere offen-geschlossene Konfigurationen auf einer oder beiden Seiten, je nachdem wo sich das Wohnmobil gerade befindet, ob im Wald, am Strand oder in einer städtischen Umgebung“, so Guallart. „Der Stoff ermöglicht die Regulierung der Sonneneinstrahlung. Er hat ein sehr geringes Gewicht, was aufgrund der zulässigen Höchstwerte für das Befahren von Straßen von entscheidender Bedeutung war.“
An den jeweiligen Enden des zentralen Wohnbereichs befinden sich Stauräume – im Entwicklerteam besser bekannt unter dem Begriff „Tool Boxes“. Die Nutzung des Hauptraums kann so stets individuell geändert werden, ohne dass einzelne Vorrichtungen die Nutzung einschränken. Kurz: Generell wirkt es so, als könnte jeder dieses Holzhaus für sich passend zusammenbauen. Quasi ein Spielzeug für Erwachsene, dem es an Weitsicht und Abenteuer nicht fehlt. Gelebt wird hier mit und in der Umwelt. Und dabei ist man wortwörtlich in der Natur zu Hause.
Text: Eva Schroeder, Michi Reichelt
Bilder: IAAC