Azure Window
#architektur

Malta bekommt sein Herz zurück

Das so genannte „Azure Window“ auf der Insel Gozo galt als Wahrzeichen Maltas. Doch 2017 stürzte das natürliche Tor bei einem Sturm ein. Nun soll es spektakulär wieder aufgebaut werden.

Es war einer der heftigsten Stürme des Jahres, der am 8. März 2017 über den kleinen Inselstaat Malta hinwegbrauste. Dennoch wäre er am nächsten Tag vergessen gewesen, hätte er nicht ein Loch in das maltesische Herz gerissen: Er hatte das mehrere Millionen Jahre alte „Azure Window“, das „Blaue Fenster Maltas“, zum Einsturz gebracht.

Damit war das natürliche Wahrzeichen des Landes auf einen Schlag Geschichte.

Polit-Trauer um das Azure Window

Um zu verdeutlichen, welch große Bedeutung der ungefähr 100 Meter lange und circa 20 Meter hohe Bogen aus Kalkstein für die maltesische Bevölkerung hatte, wirft man am besten einen digitalen Blick zurück. An den Tag nach dem Sturm.

Der damalige Ministerpräsident Joseph Muscat twitterte da um 11:13 am Vormittag erschüttert: „Über die Jahre in Auftrag gegebene Studien hatten darauf hingewiesen, dass unvermeidliche natürliche Zersetzung dieses Wahrzeichen heftig treffen würde“, schrieb er. „Dieser traurige Tag ist gekommen. Es ist herzzerreissend.“

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Das Azure Window vor dem schweren Sturm.

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Das Azure Window in vielleicht schon naher Zukunft.

Doch nun, drei Jahre später, scheint die Genesung des gebrochenen Volksherzen in greifbare Nähe gerückt zu sein. Gemeinsam mit Interieur-Designerin Elena Britanishskaya hat Architekt Svetozar Andreev ein spektakuläres Konzept für einen künstlichen Wiederaufbau der einst natürlichen Landmark ausgearbeitet. Dieses wurde vom russischen Duo der maltesischen Regierung auch schon unterbreitet. Aber dazu später.

The Heart of Malta Project

Das außergewöhnliche Unterfangen wird jedenfalls schon offiziell unter dem Namen „The Heart of Malta Project“ geführt. Dennoch verbirgt sich hinter all der Emotionalisierung freilich eine klare architektonische Idee.

Rückschau durch das Azure Window

Die Pläne sehen eine polygonale architektonische Form mit verspiegelten Stahlflächen vor, die sich in die Landschaft einfügt. Sie wird die gleiche Größe und gleichen Proportionen wie der ursprüngliche Kalksteinbogen haben. Ihr Inneres stellt sich der Architekt wie eine Schnecke vor.

Diese überdimensionale Spirale soll auf jeder Ebene ein Jahrtausend maltesischer Geschichte repräsentieren. Hierfür wird bereits an einer adäquaten Ausstellung getüftelt, die sich auf den zur Verfügung stehenden 5.000 Quadratmetern Fläche ausbreiten soll. Was dabei konkret gezeigt wird, steht noch in den Sternen. Allein, dass „modernste Lasertechnik“ zum Einsatz kommen wird, sickerte kürzlich durch.

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Azure Window

Generell setzt Architekt Andreev bei dem Bau auf modernste Techniken und Materialien, wie er betont: „Alles, was derzeit in der Architektur und im Schiffsbau verfügbar ist, wird benötigt, um das Projekt in die Realität umzusetzen.“ Nur so könne gleichzeitig die bestehende natürliche Küstenlandschaft erhalten bleiben.

Zeugnis für Hartnäckigkeit

Schließlich möchte er nicht bloß das eingestürzte Wahrzeichen wieder aufbauen. Vielmehr liegt ihm daran, ein „perfektes Monument und ein Symbol für die Verschmelzung von Modernität und Natur sowie von Zeit und Geschichte“ zu errichten.

Das neue Tor solle als Zeugnis für die Hartnäckigkeit des menschlichen Geistes, der sich selbst über Naturgewalten zu hinwegsetzen vermag, verstanden werden.

(K)ein Widerspruch

Dies scheint überhaupt die treibende Kraft hinter Andreevs Vision zu sein. So wendete er sich auf seiner Website gezielt an potentielle Kritiker, die natürlich gewachsene Strukturen nicht mit künstlichen verschmolzen sehen wollen.

Auszug aus seinem Statement: „Trotz des oberflächlichen Eindrucks, mit der Umwelt in Konflikt zu stehen, handelt es sich bei diesem Projekt um ein Beispiel für die letztendliche konzeptionelle und architektonische Integration eines Bauwerks in seinen physischen Kontext. So, dass wir hier von einer erfolgreichen Lösung sprechen können. Von einer Lösung, die über den Rahmen des Urbanisierungskonzepts hinausgeht.

Das Bild eines azurblauen Fensters aus Stahl, das den Himmel, das Land und das Meer reflektiert – das ist ein sehr starkes Bild. Deshalb sind wir zuversichtlich, in unserem Projekt die Interaktion von Mensch und Natur, das Thema Untergang und Vorherrschen, als grundlegendes Leitmotiv für die zeitgenössische Kultur vollständig und getreu widerzuspiegeln.“ Auszug Ende.

Wenden wir uns also wieder weniger abstrakten, eher praktischen Aspekten zu. Tatsächlich verfolgt das Projekt natürlich vorrangig das Ziel, eine neue internationale Attraktion zu erschaffen. Ein architektonisches und kulturelles Wahrzeichen, das als Touristenmagnet die wirtschaftliche Zukunft des Landes absichert.

Neue Landmark als Filmmagnet

Auch die auf Malta stets gern gesehene Filmbranche würde von der schimmernden Metallkonstruktion noch stärker angelockt werden, ist man sich einig. „Ich bin zuversichtlich, dass das Herz Maltas als Kulturzentrum dem Land zusätzliche Einnahmen bringen und die Investitionen in seinen Bau durch regelmäßige internationale Kulturveranstaltungen, Konzerte, Modenschauen und Fernsehübertragungen sowie durch seine Attraktivität als Standort für Werbung, Musikvideos und Filme zurückerstatten wird“, so Svetozar Andreev dazu.

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Kein Wunder also, dass die maltesische Regierung auch unter dem neuen Ministerpräsidenten Robert Abela sehr großes Interesse an der Realisierung dieser modernen Landmark hat. Der Entwurf wurde Anfang 2019 offiziell eingereicht und wird seither bearbeitet. Parallel wurde eine Online-Umfrage durchgeführt. Deren Ergebnis besagt: 67% der Malteser stimmen der Realisierung des „Heart of Malta“ zu.

Malta liebt das neue Herz schon jetzt

Bleibt also nur noch zu hoffen, dass der Bau nach seiner Fertigstellung auch noch die verbliebenen 33% maltesischer Herzen erobern kann. Denn diese Benchmark gilt es schlussendlich zu erreichen, wenn man vom ultimativen Beliebtheitswert des 2017 eingestürzten Naturdenkmals ausgeht.

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Svetozar Andreev; Getty Images

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