Louis Vuitton: Tiefer Griff in die (kreative) Tasche!
Für seinen neuen Flagship-Store in Seoul hat das Luxus-Label Louis Vuitton in Sachen Kreativität und Kosten tief in die Tasche gegriffen. Für die Außenhaut wie das Innenleben sind zwei Superstars der Branche verantwortlich: Frank Gehry und Peter Marino.
Dass diese Marke Klotzen statt Kleckern kann, ist nichts Neues. Doch das betrifft in der Regel eher die Preise ihrer modischen Accessoires – vornehmlich ihrer Luxus-Taschen. Nur kurz zur Erinnerung: Für die kleinste Variante einer neuen Louis Vuitton darf man schon ganz schön was inblättern – unter 1.500 Euro spielt sich da nicht viel ab.
Luis Vuitton zeigt, was geht
Tatsächlich zeigt die Love-Brand der High-Society nur in ausgewählten Momenten, dass sie auch selbst gerne für schöne Dinge viel Geld ausgibt. Wenn es um einen neuen Flagship-Store geht, ist so ein Moment jedenfalls gekommen.
Eben einen solchen eröffnete Louis Vuitton dieser Tage feierlich in Seoul. Und dieser markante Bau im schicken Gangnam-Viertel der südkoreanischen Hauptstadt lässt keine Zweifel offen: Hier wurde tief in die Geldtasche gegriffen!
Gleich zwei international renommierte Architekten konnten unter ein konzeptionelles Dach gespannt werden. Schließlich galt es mit möglichst geballter Kreativität diesen Shop zu einem wahren Schmuckkästchen zu machen: Somit zeichnet der kanadische Architekt Frank Gehry für die spektakuläre Außenhaut verantwortlich. Sein nicht minder berühmter Fachkollege Peter Marino aus den USA hat sich das Innenleben des spektakulären Baus vorgeknöpft.
Zwei unter einem Dach
Was in so einem Fall wichtig, allerdings selten einfach ist: Wie bringt man die kreativen Ideen von zwei erfolgsverwöhnten Architekten möglichst konfliktfrei unter einen Hut? In diesem Fall fanden zum Glück beide Gefallen an dem Zusammenspiel aus Stadt und natürlicher Umgebung, das in Seoul allgegenwärtig ist – und so einen gemeinsamen Nenner.
“Bei meinem ersten Besuch in Seoul vor fast 25 Jahren beeindruckte mich vor allem die Beziehung zwischen Architektur und Naturlandschaft. Ich erinnere mich noch gut an die kraftvollen Eindrücke, die ich aus dem Garten des Jongmyo-Schreins gewonnen habe. Deshalb freue ich mich sehr, Louis Vuitton Maison Seoul entworfen zu haben“, erläuterte etwa Frank Gehry nun bei der Eröffnung.
Und auch Peter Marino stößt ins gleiche Horn: Deshalb habe er sich bei der Gestaltung der Innenräum darauf konzentriert, „die wogende und energiereiche skulpturale Qualität von Gehrys Außenhülle zusätzlich zu unterstreichen.“ Eben auch hier die Innenarchitektur mit dem Umfeld in Beziehung zu rücken. „So fließt der Stein von außen herein und die rechteckigen Formen im Innenraum korrespondieren mit den barocken Galsfronten die nach außen gerichtet sind“, führt er weiter aus.
Louis Vuitton hinter Glas
Aber was kann man sich nun abseits der philosophischen Ausführungen beider Weltstars unter diesem neuen Objekt wirklich vorstellen? Die Vorderseite des Gebäudes, die sich auf dem bestehenden Gelände des ursprünglichen Louis Vuitton-Geschäftes befindet, ist vollständig verglast. So entsteht eine Art hoher, im Zickzack verlaufender Vorraum mit Fenstern. Dieser führt zu einer Aneinanderreihung von geschlossenen Terrassen und mündet in wellenartigen Lamellenglasscheiben. Auf einer Basis aus weißem Stein ruhend, soll diese Konstruktion ein starkes Gefühl von Leichtigkeit vermitteln.
Louis Vuitton als Kunstmäzen
Innen sind die einzelnen Etagen des Gebäudes durch eine nahezu freischwebende Wendelttreppe miteinander verbunden. Die ersten Stockwerke umfassen den Männer- und Frauenbereich, während der dritte Stock einen privaten Raum und eine geschlossene Terrasse beherbergt. Diese können beide für intime Dinner und Veranstaltungen sowie für exklusive Veranstaltungen genutzt werden.
Im glasüberdachten Obergeschoss befindet sich schlussendlich der „Espace Louis Vuitton Seoul“. Ein Ausstellungsraum, der zur Premiere nun bereits acht Skulpturen von Giacometti beherbergt. Übrigens: Auch hierfür und für alle anderen im gesamten Gebäude verteilten Kunstwerke ist Peter Marino als Kurator verantwortlich. Mit unterschiedlichen Werken möchte er bei jedem Besucher ein einzigartiges Erlebnis erzeugen.
Deshalb habe er jede Etage als jeweils „einzigartige Universum“ entworfen, die alle mit einer riesigen, zwölf Meter hohen Eingangshalle und intimeren Lounge-Bereichen kontrastieren.
Um diesen Effekt zu intensivieren, versah er die offenen Räume mit einer Mischung aus weißen Wänden, hellen Holzböden und Regalen. Kleinere private Salons ließ er im Gegenzug grob in Stein gehauen, um das Gefühl zu vermitteln, sich in ausgehöhlten Nischen zu befinden. Um eine Form von archaischer Wohligkeit zu vermitteln. Gesamtkosten des Projekts: Streng geheim, weil superteuer.
Großes Kopfkino
In Summe jedenfalls soll dieser Flagship-Store in Seoul der betuchten Kundschaft vor allem eines vermitteln: Wer viel Geld für eine Tasche ausgibt, bekommt nicht nur ein international gern gesehenes Statussymbol geboten, sondern auch ein individuelles Erlebnis, das in keiner Tasche Platz findet. Sondern ausschließlich im Kopf des Käufers.
Text: Johannes Stühlinger
Fotos: Frank Gehry/Louis Vuitton