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Ein Dorf nicht nur für Athleten

Für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 wurde vor Paris eine eigene kleine Stadt errichtet. Das Architekturstudio CoBe entwarf hier, im Norden der Metropole, das Projekt Lot E2B – aus dem in weiterer Folge ein Wohngebiet entsteht.

Ein Sommer des Ausnahmezustands in Paris. Die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 sorgen in der französischen Hauptstadt nicht nur für sportliche Höchstleistungen, für einen Fan-Ansturm aus aller Welt und dementsprechende Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch für neue Architektur im erweiterten Stadtgebiet.

Lot E2B
Drei Gebäude bilden das Herzstück des Projekts.

Aller guten Dinge sind drei

In den Gemeinden Saint-Denis, Saint-Ouen-sur-Seine und Île Saint-Denis nördlich von Paris entstand mit dem Olympischen Dorf eine Wohnstätte für mehr als 14.000 Athletinnen und Athleten der Olympischen und 8.000 Sportlerinnen und Sportler der Paralympischen Spiele. Ein Teil dieses Dorfes – das vielmehr einer kleinen Stadt gleicht – ist Lot E2B, entworfen von CoBe, einem Architekturstudio mit Sitz in Kopenhagen. So wie die anderen Gebäude des Athletendorfs soll auch dieser Teil nach den Olympischen Sommerspielen als Wohnraum genutzt werden – hier speziell für Familien.

Drei Gebäude bilden das Herzstück des Projekts. Der eher emotionsarme Name bezieht sich auf den Sektor, in dem es sich im Dorf befindet. E2B beinhaltet drei, auf einem Fundament aus Fertigbeton errichteten, Gebäude, mit den nicht ebenfalls nicht gerade innovativen Bezeichnungen E2B1, E2B2 und E2B3. An einer strategischen Kreuzung gelegen, stellen die Häuser im Olympischen Dorf einen markanten Verkehrsknotenpunkt dar. Dabei kommt der Zahl 3 eine besondere Bedeutung zu. Drei Straßen, drei Gebäude, drei Prinzipien: Materialien, Rhythmus, Farbton.

Lot E2B
Langgezogene Balkone und Sandtöne zieren die Fassaden der drei Gebäude.

Vorzeigeprojekt

E2B ist eine Pfosten-Riegel-Konstruktion aus französischem Holz und kohlenstoffarmem Beton. „So wird sowohl eine räumliche Umgestaltung als auch eine spätere Nutzungsänderungen ermöglicht, insbesondere bei der Umgestaltung vom Athletendorf zum Wohngebäude“, erklärt das Team von CoBe, das E2B als „ein Vorzeigeprojekt an Innovation und zeitgenössischer französischer Architektur“ bezeichnet.

Die langgezogenen Balkone der Gebäude sind mit vertikalen Metallpfeilern verbunden. Sie betonen nicht nur das schlanke Erscheinungsbild des Gebäudes, sondern bieten der Fassade auch zusätzliche Stabilität. Im obersten Stockwerk wandeln sich die Pfeiler schließlich in Pergolen um, mit denen die Dachterrasse beschattet wird. Auf ihnen wurden zudem Paneele für eine hausinterne Photovoltaik-Anlage installiert.

Lot E2B
Co-Living: Bewohnerinnen und Bewohner teilen sich neben Wohnungen auch begrünte Terrassen.

Modulares System

Nach dem Ende der Olympischen Sommerspiele werden hier 98 Wohnungen, sechs Gemeinschaftsräume und sieben Geschäfte entstehen. Dabei ist jede Wohnung so konzipiert, dass sie sich den Bedürfnissen der Nutzer anpassen kann.  Dank eines Säulen-Träger-Systems können vorgefertigte Badezimmer leicht verschoben beziehungsweise ersetzt und dadurch Umbauarbeiten minimiert werden.

Für das Projekt wurde sogar ein spezielles Programm entwickelt, das auf dem Co-Living-Konzept basiert: Eine moderne Art der Wohngemeinschaft, in denen nicht etwa – wie in klassischen WGs üblich – Studierende oder Auszubildende, sondern berufstätige Personen in einem Haus zusammenleben. Konkret: Eltern mit ihren Kindern. Hier teilt man sich neben den Wohnbereichen dann begrünte Terrassen und kann gemeinsam öffentliche Räume und Grünflächen nutzen.

Lot E2B
98 Wohnungen, sechs Gemeinschaftsräume und sieben Geschäfte entstehen hier.

Nachhaltiges Wohnen

Das Projekt trägt unter anderem die Zertifizierung der LCBI für nachhaltiges Bauen. In allen Gebäuden wurden neben kohlenstoffarmem Beton auch vorgefertigte Bauelemente, wie Sockelmauern oder Treppen, verwendet. Die hausinternen Photovoltaik-Anlagen sollen zudem einen Großteil des eigenen Energiebedarfs decken.

Das Ziel des Projekts E2B besteht darin, nachhaltige Substanz in doppeltem Sinn zu errichten: Ressourcenschonend und emissionsarm sowie mit langanhaltendem Nutzen für die Bevölkerung. In einer Zeit, in der die Gesellschaft sich den Herausforderungen des Klimawandels und der Urbanisierung stellen muss, eine Erinnerung daran, dass Architektur nicht nur dazu dient, Räume zu schaffen, sondern auch, gesellschaftliche Transformationen möglich zu machen.

Text: Resi Reiner, Michi Reichelt
Bilder: Cédric Colin

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