Living Places, Kopenhagen, EFFEKT Architects, VELUS, MOE
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Leistbares Öko-Haus aus Holz

Das Open-Source-Projekt Living Places will das Wohnen nicht nur nachhaltiger und gesünder macher, sondern auch für mehr Menschen leistbar. Die Prototypen in Holzbauweise können in Kopenhagen besichtigt werden – der diesjährigen Welthauptstadt der Architektur.

Über einer stillgelegten Schienentrasse, direkt hinter dem alten Backsteinbau der Danske Statsbaner, führen Handwerker und Monteure gerade die letzten Handgriffe aus. Innerhalb weniger Monate sind hier, in Kopenhagens letztem innerstädtischen Entwicklungsgebiet Jernbanebyen, sieben temporäre Holzwohnbauten entstanden. Das Projekt nennt sich Living Places und ist eine Machbarkeitsstudie für eine neue, integrative Art des ökologischen Bauens. Durch die Kombination von konstruktivem Holzbau, klimafreundlichen Technologien und angewandter Kreislaufwirtschaft will man – verglichen mit herkömmlichen Bauweisen – bis zu 75 Prozent an Emissionen einsparen.

Dachboden, Living Places, EFFEKT Architects, VELUX, MOE
Statt ungenutzte Dachböden zu forcieren setzen die Entwickler von Living Places auf multifunktionale Lofträume.

Pavillons der Nachhaltigkeit

Die Pavillons sind das bisherige Ergebnis eines dreijährigen Forschungsprojektes, hinter dem das dänische Architekturbüro EFFEKT, der Fensterhersteller VELUX und die Ingenieure von MOE Denmark stehen. Pünktlich zum Earth Day am 22. April werden die Living Places eröffnet. Sie sind die Vorhut einer ganzen Reihe an Pavillons, die bis zum Sommer in ganz Kopenhagen entstehen. 

Diese Pavillons geben einen Ausblick auf zukunftsfähige Bauweisen und zugleich ergibt sich bei der Besichtigung eine spannende Stadttour, die in viele unterschiedliche Ecken von Kopenhagen führt.

Camilla van Deurs, Stadtarchitektin Kopenhagen

Als diesjährige UNESCO Welthauptstadt der Architektur hat die Stadtregierung internationale Architekten damit beauftragt, temporäre Bauwerke zu schaffen, die die UN-Nachhaltigkeitsziele in  angewandte Architektur umsetzen. „Diese Pavillons geben einen Ausblick auf zukunftsfähige Bauweisen und zugleich ergibt sich bei der Besichtigung eine spannende Stadttour, die in viele unterschiedliche Ecken von Kopenhagen führt“, empfiehlt Stadtarchitektin Camilla van Deurs allen architekturinteressierten Reisenden.

Jernbanebyen, Living Places, EFFEKT Architects, VELUX, MOE
Die sieben Pavillons von Living Places können in Kopenhagens Stadtentwicklungsgebiet Jernbanebyen besichtigt werden.

Freies Wissen für alle

Aus der Mustersiedlung in Kopenhagens ehemaligem Verschub- und Werksgelände soll kein patentgesichertes Modulbausystem resultieren, sondern freies Wissen für alle, wie das Architekturbüro klarstellt. „Unsere Vision ist ein Open-Source-Entwicklungsmodell, das einen neuen ganzheitlichen Ansatz für nachhaltiges Bauen ermöglicht, indem es den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt.“

Das Ziel sei eine regenerative Lebensweise, die es einer Mehrheit ermöglicht, so zu leben und zu bauen, dass kein ökologischer Schaden entsteht. Dazu müssten alle Phasen der Entwicklung berücksichtigt werden – vom Design über das schlüsselfertige Haus bis hin zum Rückbau und einer sinnvollen Verwertung der eingesetzten Baumaterialien. Der Ansatz soll als Inspiration und Erkenntnis für die Branche dienen und wichtige Diskussionen über die Zukunft des Bauens anstoßen.

Living Places CPH zeigt, dass wir nicht auf künftige Technologien warten müssen, um das Bauen verantwortungsvoller und umweltgerechter zu gestalten. Es zeigt, wie die Industrie ihren Teil zur Umkehrung des Klimawandels beitragen kann.

Sinus Lynge, Gründungspartner von EFFEKT Architects

Community, Living Places, EFFEKT Architects, VELUX, MOE
Die Eigenheime sollen nur tatsächlich genutzte Räume enthalten, der Rest basiert auf einer gemeinschaftlichen Nutzung.

„Living Places CPH zeigt, dass wir nicht auf künftige Technologien warten müssen, um das Bauen verantwortungsvoller und umweltgerechter zu gestalten. Es zeigt, wie die Industrie ihren Teil zur Umkehrung des Klimawandels beitragen kann“, erklärt Sinus Lynge, Gründungspartner von EFFEKT Architects und präzisiert: „Wir liefern direkt anwendbare Konzepte, die die CO2-Emissionen senken und gesunde Häuser und Gemeinden für die Bewohner von morgen schaffen.“

Gesund, flexibel, nachhaltig

Für ihr nachhaltiges Wohnmodell haben die Kooperationspartner 5 Prinzipien definiert, die sich auf jedes Haus, jede Gemeinde und jede Stadt anwenden lassen. An oberster Stelle steht die Gesundheit. Da wir 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen verbringen, sei ein heilsames Wohnumfeld entscheidend für die Gesundheit des Menschen und eine nachhaltige Bauweise für die Gesundheit des Planeten. Während ein herkömmliches Einfamilienhaus im Lauf von 50 Jahren 94 Tonnen CO2 emittiert, seien es im Fall des Living-Places-Prototypen lediglich 24 Tonnen, so die Schätzung des Projektteams.

Innenraum, Living Places, EFFEKT Architects, VELUX, MOE
Ein gesundes Raumklima zählt zu den fünf Grundprinzipien des nachhaltigen Baukonzeptes.

Das zweite Prinzip der Gemeinschaft soll dazu führen, dass statt isolierter Einfamilienhäuser künftig mehr im Verbund gebaut wird, also mit gemeinschaftlich genutzten Flächen für mehr soziale Nachhaltigkeit. Das dritte Prinzip der Einfachheit beschreibt die Modularität beim Bauen, die sowohl die Kosten als auch den Abfall senkt, und gleichzeitig die Nutzungsdauer und die Flexibilität erhöht. 

Leistbar dank Modularität und Shared Economy

Die modulare Bauweise soll auch sicherstellen, dass sich das Eigenheim problemlos an die wechselnden Bedürfnisse des Lebens anpassen lässt – das vierte Prinzip. Die Grundrisse der Living Places können aufgrund des rückbaubaren Designs im Laufe des Lebenszyklus mehrmals verändert und angepasst werden.

Das fünfte Prinzip ist die Skalierbarkeit des Projektes, die dazu führen soll, dass Wohnraum effizienter und damit auch leistbarer wird. „Die durchschnittliche dänische Familie nutzt nur 37 Prozent ihrer Wohnräume regelmäßig. All der ungenutzte Raum kostet Zeit und Geld, die in Reparaturen und Erhalt gesteckt werden“, heißt es auf der Projektseite des Fensterbauers VELUX. 

Garten, Living Places, EFFEKT Architects, VELUX, MOE
Neben dem gemeinschaftlichen gibt es auch einen kleinen Garten für den privaten Rückzug.

Gemeinschaftlich genutzte Außenflächen reduzieren nicht nur die Zeit, die für Gartenpflege anfällt, auch das Equipment kann geteilt werden. Dasselbe gilt für die Mobilität. Entsprechende Car-Sharing-Modelle können die Haushaltsausgaben weiter senken.

Das Leben im nachhaltigen Wohnverbund soll also nicht nur nachhaltiger, einfacher und gesünder werden, das ganzheitliche Modell könnte das Eigenheim auch für mehr Menschen leistbar machen. Ein Anliegen, das bei Preissteigerungen von zuletzt 10 Prozent für viele Häuselbauer wohl ins Schwarze trifft.

Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: EFFEKT Architects, VELUX

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