Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Paris, Parc de la Villette, Holzbau
#greenbuilding

Im Lichtspiel des Waldes

Einen Neubau in Paris’ größten Park zu stellen, birgt eine besondere Verantwortung. Der Holzbau Le Pavillon Jardins von Atelier du Pont verneigt sich vor Bestand und Natur und weckt ein ganz bestimmtes Gefühl.

Als vorausschauendes Bauen kann man es nicht bezeichnen, als man in den 1960er-Jahren die historischen Schlachthöfe von La Villette im Norden von Paris mit großem Aufwand sanierte. Die Anlage stellte sich wenig später als Fehlplanung heraus, und schließlich verlegte man den Schlachthof samt Viehmarkt in einen Pariser Vorort. Das verlassene Quartier im 19. Pariser Arrondissement verfiel zusehends, bis 1979 ein Projekt zur Wiederbelebung ins Lebens gerufen wurde. So entstand der bis heute größte Park von Paris – der Parc de la Villette, der 1983 seine Eröffnung feierte. 

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Der ikonische Pariser Parc de la Villette hat ein neues Verwaltungsgebäude: Le Pavillon Jardins.

Der französisch-schweizerische Architekt Bernard Tschumi durchzog ihn mit Wegen, Themengärten und einem streng geometrischen Raster aus 26 knallroten Bauten. Diese lassen sich in keine traditionellen Typologien einordnen und gelten heute als Beispiele des frühen Dekonstruktivismus. In Anlehnung an die exzentrischen britischen Gartenbauten, die sogenannten Follys (Narreteien), gab Tschumi ihnen die Bezeichnung Folies. Sie waren jeweils unterschiedlichen Funktionen gewidmet – vom Café bis hin zur Kinderspielburg. 

Vorausschauend gebaut

Es folgten weitere Großprojekte wie der Bau der Cité des sciences et de l’industrie, des größten populärwissenschaftlichen Museum Europas, sowie das postmoderne Ensemble der Cité de la musique. Der jüngste Neuzugang im ikonischen Freizeitpark nennt sich Le Pavillon Jardins.

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Unterhalb der Baumkronen und mit begrüntem Dach: Der Ersatzneubau fügt sich nahtlos in seine Umgebung ein.

Ein 3.000 Quadratmeter großer Holzbau, der im dichten Grün von La Villette eingenistet und nach dem Pariser Klimaplan erbaut ist. Im Gegensatz zu den gescheiterten Modernisierungsversuchen in den 1960er-Jahren hat man mit dem Pavillon das vorausschauende Bauen gemeistert.

Es handelt sich um ein Gebäude mit variabler Geometrie, das sich ständig weiterentwickelt und an die Aufgaben, die es beherbergt, anpasst.

Atelier du Pont, Architekturbüro

Das zweistöckige Gebäude beherbergt die gesamte Verwaltung des Parks, die zuvor auf neun stark renovierungsbedürftige Fertigteilbauten verteilt war. „Es handelt sich um ein Gebäude mit variabler Geometrie, das sich ständig weiterentwickelt und an die Aufgaben, die es beherbergt, anpasst“, erklärt Atelier du Pont. Das in Paris, Lyon und Nizza ansässige Architekturbüro zeichnet für Konzept und Planung des Pavillons verantwortlich. 

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Der 3.000 Quadratmeter große Holzbau ist im dichten Grün von La Villette eingenistet und nach dem Pariser Klimaplan erbaut.

Kommunikativ und biophil

Dass es der Bauherrschaft darum ging, Kommunikation uns Austausch unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu fördern, zeigt sich in der Innenarchitektur auf Anhieb. Schon das zentrale Atrium zeugt von feinstem New-Work-Ambiente. Der Treppenaufgang bildet mit seinen großen Sitzstufen zugleich eine Tribüne, die für Vorträge oder als Pausenplatz genutzt werden kann. 

Der biophile Ansatz, den die Architekten vertreten, geht weit über den Werkstoff Holz hinaus. Es gelingt ihnen, Mensch, Architektur und Natur ohne großen Kraftakt miteinander in Einklang zu bringen. Die natürlichen Holzoberflächen schaffen einen warmen, einladenden Ort, während die Lichtsituation ganz bewusst einer Waldszenerie nachempfunden ist. „Dieser Ort ist in eine Unterholzatmosphäre getaucht, die durch ein Spiel von natürlichem Licht entsteht, das durch die Konstruktion dringt“, wie es heißt.

Dieser Ort ist in eine Unterholzatmosphäre getaucht, die durch ein Spiel von natürlichem Licht entsteht, das durch die Konstruktion dringt.

Atelier du Pont, Architekturbüro

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Das Deckenraster aus Leimbindern und transparenten Photovoltaikmodulen filtert den Lichteinfall im Atrium und schafft eine Szenerie wie im Wald.

Sitzt man also an einem der Tische im Atrium, dann weckt dies Erinnerungen an einen Waldspaziergang und ruft dieselben Emotionen hervor. Zusammen mit dem unverstellten Blick in den umgebenden Park, der durch die hohe Transparenz des Bürohauses gegeben ist, entsteht eine starke Verbindung zur Natur.

Mehr Grün im Park

Le Pavillon Jardins bietet nicht nur effizientere Räume, sondern auch mehr Grün rundum. Durch den wesentlich kompakteren Ersatzneubau sind laut Angaben von Atelier du Pont nämlich 5.000 Quadratmeter an Parkfläche freigeworden. Fläche, die der Natur mehr Raum gibt, die sich hier in den letzten 40 Jahren frei entwickeln konnte.

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Auch ein großer Teil des Mobiliars wurde von Atelier du Pont entworfen.

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Mit ihrem hellen Rahmen kommt das Teeküchen-Element sehr leichtfüßig daher.

Obwohl sich der Bau deutlich von den Bauten Bernard Tschumis unterscheidet, fühlte man sich dem Bestand verpflichtet. „Der Pavillon sollte das Narrativ des Parc de la Villette und seiner Folies fortführen und gänzlich in die natürliche Landschaft eintauchen“, erklärt Architektin Anne-Cécile Comar gegenüber dem schwedischen Holzbaumagazin „Trä!“. „Die größte Herausforderung bestand darin, den Charme und die Poesie des Ortes zu erhalten.“

Eins mit der Natur

So bleibt der Pavillon unterhalb der Gebäudehöhe von acht Meter, die Tschumis exzentrische Bauwerke erreichen. Der über Jahrzehnte gewachsene Baumbestand des Parks überragt den Neubau und macht ihn somit beinah unsichtbar. Während Tschumi mit seiner Architektur eine teils verspiele, teils provokante Abgrenzung zur Natur erlangte, setzten die Architekten des neuen Pavillons auf die völlige Verschmelzung. 

Le Pavillon Jardins, Atelier du Pont, Parc de la Villette, Holzbau, Büro
Die massiven Stützen bestehen ressourcensparend aus vier Teilen.

Das begrünte Dach sorgt nicht nur für eine lückenlose Eingliederung in den Kontext, es nimmt auch Regenwasser auf, fördert die Artenvielfalt und wirkt gegen die Bildung von Hitzeinseln im Sommer. Abgesehen von den transparenten Solarmodulen über dem Atrium hat das Energiekonzept des Parkgebäudes einen Low-Tech-Schwerpunkt: natürliche Belüftung statt Klimaanlage und große Dachüberstände, die für Beschattung im Inneren sorgen. 

„Wir gestalten Büroräume seit Jahren nach den selben Low-Tech-Prinzipien. Diese Lösungen funktionieren wirklich gut und so lassen sich technische Systeme vermeiden, die sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch besonders kostspielig sind“, sagt Comar.

Text: Gertraud Gerst
Fotos: Charly Broyez, Fred Delangle, Vincent Leroux

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