Klein aber oho
Ein privates Holzhaus auf einer privaten Felseninsel. Line Solgaard Arkitekter haben mit Kejrringholmen im südlichen Norwegen gezeigt, wie man wirklich Abstand vom Alltag bekommt.
Auf einer kleinen Privatinsel nahe der norwegischen Kommune Hvaler am Oslofjord hat das Architekturbüro Line Solgaard Arkitekter ein bemerkenswertes Feriendomizil errichtet. Eines, das zeigt, dass es nicht um die Größe geht, wenn man Lebensqualität schaffen will. Mit nur 63 Quadratmetern Wohnfläche beweist das Projekt, dass Exklusivität eben nicht von der Fläche abhängt, sondern von kluger Planung und einem bewussten Umgang mit der Umwelt. Das Ferienhaus trägt den Namen der Insel, auf der es steht: Kjerringholmen. Ein Paradebeispiel für nachhaltiges Bauen inmitten unberührter Natur.
Die Idee hinter Kjerringholmen war es, einen Ort der Ruhe und des Rückzugs zu schaffen – für eine Flucht aus dem hektischen Stadtleben. Um hier regelrecht untertauchen zu können, ist eine adäquate Tarnung angesagt: Die Hausfassade ist aus Eschenholz gebaut, sie ähnelt dem Farbton der Felsen, auf denen sie steht. Mit der Zeit, im Lauf des natürlichen Vergrauungsprozesses, wird es eine Patina annehmen und sich den Felsen farblich weiter annähern.
Minimaler Fußabdruck
In den großen Fenstern spiegeln sich die Elemente der umliegenden Landschaft. „Das Grundkonzept bestand darin, eine Verbindung zwischen Innen- und Außenraum zu schaffen, wobei die Landschaft selbst als ein zentrales Gestaltungsmerkmal des Hauses betrachtet wird.“, erzählt Line Solgaard, die Gründerin des Architekturbüros.
Das Haus wurde in aufgeständerter Bauweise errichtet, um den baulichen Eingriff auf der Felseninsel so gering wie möglich zu halten. Gleichzeitig sorgt diese Bauweise dafür, dass das Gebäude nahtlos in seine Umgebung eingebettet ist. „Die Form der Hütte zitiert die schroffen Konturen der Felsen, auf denen sie errichtet ist“, führt Solgaard weiter aus.
Kjerringholmen besteht aus drei miteinander verbundenen Volumen, die mit ihren Pultdächern und großen Fensterfronten den Blick auf das Meer und die umgebende Natur einfangen. Der Grundriss ist ebenso durchdacht wie effizient: Ein offener Wohn-, Küchen- und Essbereich bildet das Herzstück der Hütte und öffnet sich zu einer zentralen Terrasse, die den Innenraum mit der Außenwelt verschmelzen lässt. Zwei Korridore verbinden diesen Bereich mit drei Schlafzimmern und zwei Bädern.
Ein Ort der Sinne
Als Baumaterial wurde innen wie außen Holz gewählt. Im Inneren der Hütte verleiht es den Räumen eine warme, natürliche Atmosphäre. Dank der großzügigen Verglasung bleibt die Natur ständiger Begleiter – sei es beim Kochen, Essen oder Entspannen.
Weniger ist hier wahrhaftig mehr. Die ausschließliche Kombination von Holz und Glas bringt Ruhe in den Innenraum; hier gibt es nichts, was einen ablenkt oder gar an den Alltag erinnern könnte. Aus manchem Blickwinkel wirkt es, als stünde man in einer großen, geräumigen Sauna – umgeben von einer warmen Holzlattung, die einen sanften Duft von ätherischen Ölen versprüht.
Mit dem Schiff zur Baustelle
Eine der größten Herausforderungen bei der Errichtung von Kjerringholmen war der Zugang zur Insel, die nur über das Wasser erreicht werden kann. Alle Baumaterialien mussten vorgefertigt und dann per Boot zur Baustelle transportiert werden.
„Bauen in Wassernähe bedeutet, einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt zu entwickeln“, betont Solgaard. „Kjerringholmen ist eine kompakte, aber komfortable und gemütliche Hütte, die ihre Nutzer mit der Natur verbindet und gleichzeitig einen minimalen ökologischen Fußabdruck aufweist.“
Build smaller, build smart
Kjerringholmen ist mehr als nur ein Ferienhaus – es ist ein Ort, der alle Sinne anspricht. Die wechselnden Jahreszeiten verwandeln die Umgebung in ein ständiges Naturschauspiel, das durch die Panoramafenster zu einem hautnahen Erlebnis wird.
Die Liebe zum Detail, von der Materialwahl bis zur Integration in das schwierige Terrain, macht dieses Ferienhaus zu einem einzigartigen Beispiel für moderne norwegische Architektur. Line Solgaard Arkitekter zeigt, ganz nach dem Ansatz „build smaller, build smart“, wie harmonisch Architektur und Natur miteinander in Einklang gebracht werden können.
Text: Eva Schroeder
Bilder: Line Solgaard Arkitekter