Für das Solarkraftwerk Kalyon Karapınar 1.350 MWp SPP hat das türkische Architekturbüro Bilgin Architects eine außergewöhnliche Schaltzentrale entworfen, die weit über ihre eigentliche Funktion hinausgeht.

Mitten in der kargen Landschaft von Konya, der südlich von Ankara gelegenen, größten türkischen Provinz, gibt es ein eindrückliches Beispiel dafür, wie nah innovative Architektur und erneuerbare Energie zusammen liegen können.

Dort, wo Wüstenbildung zunehmend ein Problem darstellt, und das Wasser knapp ist, steht das Solarkraftwerk Kalyon Karapınar 1.350 MWp SPP. Als eines der größten Solarprojekte der Türkei deckt es rund zwei Prozent des nationalen Energiebedarfs. Es ist jedoch mehr als die Stromproduktion allein, die dieses Projekt erwähnenswert macht.  

Nachdem die Stiftung Türkiye Tasarım Vakfı einen architektonischen Wettbewerb ausgerufen hatte, erhielten Bilgin Architects mit Sitz in Istanbul den Zuschlag, um die Schaltzentrale des Kraftwerks zu gestalten. Entstanden ist ein Gebäude, das als halböffentlicher Ort ein Anziehungspunkt für Schulklassen, Universitäten und weitere Interessierte wurde.

Kalyon Karapınar
In einer Umgebung von Weite, Leere und Solarpaneelen steht die Schaltzentrale.

So wie Photovoltaik als erneuerbare Energiequelle einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet, wurde schon bei der Planung der Fokus auf Umweltschutz sowie die Einbindung in die Natur gelegt. Eine vorab durchgeführte Bodenanalyse stellte sicher, dass der Untergrund tatsächlich brachliegt und das Projekt keinerlei Pflanzenwuchs beeinträchtig. Ziel war es, etwas zu schaffen, das sich harmonisch in seine Umgebung einfügt. Eine Umgebung, geprägt von Weite, Leere – und Solarpaneelen. Laut Bilgin Architects entstand eine Oase in der Wüste: Ein Gebäude, das Schutz und Verbindung zur kargen Landschaft zugleich bietet.

Spiegelnde Fassade

Die Fassade des Kalyon Karapınar-Kontrollzentrums ist dabei ein eigenes, kleines Kunstwerk. Sie besteht aus 7.200 Edelstahlpaneelen, in denen sich Sonne spiegelt – wobei dies nicht nur einen ästhetisch beeindruckenden Effekt darstellt. Das Gebäude wird so von der Hitze geschützt, während Perforationen in den Paneelen ausreichend Helligkeit sowie den Blick nach außen ermöglichen, ohne die Räume dabei aufzuheizen. Die Glaswände hinter der schimmernden Hülle kann zudem bei Bedarf zusätzlich mit Jalousien vor der Sonne geschützt werden.

Kalyon Karapınar
Rund 7.200 Edelstahlpaneele umgeben das Gebäude.
Kalyon Karapınar
Die Bäume im Hof spenden Schatten für die Hoffassade.

Die Edelstahlfassade hat darüber hinaus einen durchaus praktischen Nutzen. Sie ist pflegeleicht. Die Paneele müssen nicht gereinigt werden, Wind und Regen sorgen dafür, dass die Oberfläche sauber bleibt – ganz so wie die Solarpaneele des Kraftwerks.

Grüne Oase

Im Inneren wird das Konzept der Oase weitergeführt: Ein Innenhof mit Bäumen und Grünflächen lädt Mitarbeiter und Besucher zum Verweilen ein. Der Hof ist dabei nicht nur dekorativ, sondern spielt auch eine wichtige Rolle im Umweltkonzept des Gebäudes. Die Bäume spenden Schatten und verhindern, dass die Sommersonne ungehindert auf die Hoffassade trifft. Gleichzeitig fungieren sie als passives Heizsystem an kalten Tagen. Eine Treppe führt vom Innenhof auf das Dach – ein 360-Grad-Aussichtspunkt, von dem aus man das gesamte Kraftwerksgelände überblicken kann.  Die Treppenstufen sind breit genug, um auch als Sitzgelegenheiten zu dienen.

Kalyon Karapınar
Eine Treppe führt vom Hof auf das Dach mit 360-Grad-Ausblick auf die Umgebung.

Die Belüftung des Gebäudes folgt ebenfalls einem umweltfreundlichen Ansatz. An der Hauptfassade wurden drei Meter hohe Fenster integriert, verteilt auf Büros und Gemeinschaftsräume. Werden diese geöffnet, sorgt Zugluft zwischen der Front und dem Innenhof für natürliche Belüftung.

Der Wunsch von Bilgin Architects, mit der Zentrale von Kalyon Karapınar eine einladende Oase für Alle zu schaffen, wird nicht zuletzt schon durch den Eingang repräsentiert. Betritt man das Gebäude, öffnete sich die nahtlos in die Fassade integrierte Doppeltüre automatisch und gibt den Blick ins Innere frei. Die Botschaft ist klar: Hier sind alle willkommen!

Text: Resi Reiner
Bilder: Egemen Karakaya

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