Eine Edel-Bude für Buckingham
Das Designbüro Mizzi Studio hat den royalen Londoner Parks ein architektonisches Make-over verpasst – mit edlen Kiosken aus regionalem Bugholz und einem goldenen Stand beim Buckingham Palace.
Mitten in den Londoner Frühling und die ersten Lockerungen nach der pandemischen Klausur platzt eine königliche Enthüllung, die ganz und gar skandalfrei ist. Besucher der Royal Parks werden neuerdings in ihrer mittäglichen Lunch-Pause mit frisch gebrautem Barista-Kaffee vom Edel-Kiosk versorgt. Dazu entwarf das Architektur- und Designbüro Mizzi Studio neun nachhaltig gebaute Stände für den Hyde Park, den Green Park und den St. James’s Park. Der letzte der Serie wurde nun in direkter Nähe zum Buckingham Palace eröffnet und verströmt einen Hauch Grandezza.
Nobler Schlusspunkt
Die Designer verpackten den Stand am Eingang des St. James’s Park in einer Hülle aus gebogenen Messingrohren. Der goldene Touch, den der Kaffeestand dadurch bekommt, fügt sich ganz natürlich in die noble Kulisse der dahinter liegenden königlichen Residenz. „Der Horseshoe Bend Kiosk ist der letzte aus der Reihe – er vereint die gestalterische DNA der anderen Kioske und ergänzt sie mit einem noblem Touch“, beschreibt Jonathan Mizzi den neuen Eye Catcher im St. James’s Park.
Für den Gründer des Designbüros kommt die Eröffnung der schimmernden Kaffee-Bude genau zum richtigen Zeitpunkt. „Neben dem wärmeren Wetter und den Lockerungen der Maßnahmen kann dieses letzte Glied möglicherweise dazu beitragen, die Menschen zusammenzubringen und ein neues Gefühl von Freude aufkommen zu lassen.“
Bugholztechnik für die Fassade
Während dieser Kiosk mit gebogenen Messingrohren verkleidet ist, wurden die anderen acht Stände mit einer Holzfassade versehen. Dazu wurde englische Eiche verwendet, die mithilfe der Bugholztechnik in Form gebracht wurde. Eine Technik, die um 1830 vom deutsch-österreichischen Tischlermeister Michael Thonet erfunden wurde und die Möbelwelt revolutionierte. Der klassische Wiener Kaffeehausstuhl, das meist produzierte Sitzmöbel der Welt, machte diese Technik weltbekannt.
Immer öfter kommt die Bugholztechnik auch in der Architektur zur Anwendung. Ein eindrucksvolles Beispiel ist das Fold House des kanadischen Architekturbüros Partisans. Auch für die Designer von Mizzi Studio bot die Technik eine ressourcenschonende Möglichkeit, Holz ohne Verschnitt in eine gebogene Form zu bringen.
Baumähnliche Skulpturen
Die Stände wurden in Zusammenarbeit mit dem britischen Designer Tom Raffield entworfen. Bauherr ist der aus Italien stammende Cafébetreiber Colicci, der bereits für seine außergewöhnliche Kaffeehausarchitektur prämiert wurde.
Wir wollten eine Serie von Kiosken schaffen, die nicht nur als Getränke-Stände taugen, sondern auch als weithin sichtbare Landmarks.
Jonathan Mizzi, Architekt und Designer
„Die Kioske mussten sich in Form, Material und Struktur organisch anfühlen – in Ergänzung zu den Ökosystemen der Parks“, erklärt Mizzi die runden, bauchigen Formen, die nach oben hin auskragen. „Wir wollten eine Serie von Kiosken schaffen, die nicht nur als Getränke-Stände taugen, sondern auch als weithin sichtbare Landmarks. So kamen wir auf diese Riege an zweckmäßigen, baumähnlichen Skulpturen.“
Ökologisch und pandemietauglich
Für den Bau der neun Parkstände setzte Mizzi Studio auf nachhaltige Materialien, traditionelle Handwerkstechniken und moderne Produktionsmethoden. Seinen Zugang zum Design bezeichnet das Büro als ganzheitlich. Als funktionelle Design-Parameter wählte es eine intelligente Raumnutzung, hohe Energieeffizienz und sinnvolle Müllentsorgung.
Neben Kaffee aus artisaner Manufaktur kredenzen die neuen Park-Kioske von Colicci auch gehobenen Imbiss und handgefertigte Backwaren aus eigener Produktion. Bei dieser pandemietauglichen Form der feineren Take-Away-Gastronomie steht einem Picknick unter Londons blühenden Bäumen nichts mehr im Weg.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Luke Hayes, Mizzi Studio