Ein Quantum Nichts
Verbindet man den skandinavischen Wohnstil mit der reduzierten japanischen Ästhetik, bekommt man den neuesten Wohntrend, der da heißt: Japandi. Jede Menge Inspiration dazu liefert der gleichnamige Instagram-Hashtag.
Der nördliche Polarkreis liegt auf circa 66,5 Grad nördlicher Breite. Ab hier geht die Sonne im Winter zwei Monate lang nicht mehr auf. Ein guter Grund, sich auf die Behaglichkeit der eigenen vier Wände zu konzentrieren. Nicht umsonst haben es die Skandinavier geschafft, mit ihrem gemütlichen und zeitlosen Wohnstil einen Trend zu setzen. Die hellen Hölzer und weichen Textilien des Skandi-Stils bekommen nun Gesellschaft von der japanischen Ästhetik des Wabi-Sabi.
Wabi-Sabi ist eine Lebenseinstellung
Der US-amerikanische Autor und Ästhetik-Experte Leonard Koren beschrieb das Konzept von Wabi-Sabi so: „Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie. Halte die Dinge sauber und unbelastet, aber lasse sie nicht steril werden.“ Damit hat den Begriff auf den Punkt gebracht, der wörtlich übersetzt „sich verloren fühlen – Reife zeigen“ bedeutet.
Ein eigener Einrichtungsstil ist Wabi-Sabi in dem Sinn keiner. Eher eine Lebenseinstellung, deren allgemeine Grundsätze sich auf die eigenen vier Wände übertragen lassen.
Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie. Halte die Dinge sauber und unbelastet, aber lasse sie nicht steril werden.
Leonard Koren über das Konzept Wabi-Sabi
Dabei besinnt man sich auf das Wesentliche, schätzt die hohe Qualität lokaler Naturmaterialien, sieht die Schönheit im Unvollkommenen und lässt auch mal Raum für die Leere. Denn erst ein gewisses Quantum Nichts gibt dem einzelnen Möbel die Möglichkeit zu wirken.
Japan + Skandi = Japandi
Bei Innenarchitekten und Möbeldesignern hat nun ein Stil Fuß gefasst, der die japanische und die skandinavische Ästhetik unter dem Begriff „Japandi“ vereint. Das hyggelige, nordische Wohlfühlambiente trifft dabei auf die asketische Reduktion des japanischen Wohnideals, wie es auch im traditionellen Ryokan hochgehalten wird.
Das Ergebnis ist ein Zuhause, das auf das Wesentliche reduziert ist und dabei viel Persönlichkeit und Wärme ausstrahlt. Die Schlichtheit der Form und die Leichtigkeit des Mobiliars sind wesentliche Erkennungsmerkmale des nord-östlichen Trends. Beim Japandi-Stil gibt es auch Platz für altgediente Stücke, seien sie vom Flohmarkt oder aus dem Familienerbe.
Ein Schreibtisch mit zwei Beinen
Möbelhersteller bringen eigene Japandi-Serien heraus, die sich dem neuen Purismus verschrieben haben. Die dänische Traditionsfirma Skagerak trägt mit ihrer Serie Georg diesem Trend Rechnung. Designerin Christina Liljenberg Halstrøm hat im Sinne der Reduktion auf das Wesentliche einen Schreibtisch entworfen, der nur mit zwei Tischbeinen auskommt. Die Eichenplatte aus nachhaltiger Forstwirtschaft wird nämlich rückwärtig an der Wand befestigt.
Der dazu passende Hocker kommt ebenso minimalistisch daher. Ein weiches Wollkissen als Polsterung wird durch einen Lederriemen befestigt. „Auf diese Art findet die Materialbegegnung von Textil, Leder und Holz statt“, beschreibt es der Hersteller.
Japandi-Makeover für Ikea-Möbel
Die Stockholmer Monica und Mick Born haben mit ihrem Unternehmen Superfront eine Marktlücke gefüllt. Sie bestücken die Korpusse von alten oder neuen Ikea-Möbeln mit hochwertigen Design-Fronten und schaffen so individuelle Möbel mit einer Basis vom Diskonter.
Ein Ansatz, der nicht nur Ressourcen spart, sondern es auch möglich macht, dass individuelle Design-Möbel leistbar werden. Mit ihrer Serie Biscotti Wood lässt sich eine Ikea-Küche mit Metod- oder Faktum-Rahmen in ein hochwertiges Mobiliar im Japandi-Stil verwandeln.
Backenzahn in matt-schwarz
Wer seinem Wohnzimmer etwas Japandi-Flair verleihen möchte, kann mit dem Backenzahn von e15 einen passenden Akzent setzen. Der ikonische Beistelltisch von Designer Philipp Mainzer feiert sein 25-jähriges Jubiläum und ist in der Neuauflage auch in mattem Schwarz verfügbar.
Der Hashtag #japandi bietet Fans des reduzierten Einrichtens eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Die entsprechenden Produkte dazu liefert unter andern der dänische Möbelhersteller Sofacompany.
Flexibilität im Wohnraum
Er hat mit den Serien Umi und Aya niedrige Postermöbel im Programm, die beide Stilrichtungen vereinen. „Inspiriert vom Japandi-Trend besticht das Möbel vor allem durch klassische und einfache Linien, wie sie in japanischer und skandinavischer Designtradition zu finden sind“, erklärt der Hersteller.
Die leichten, schlichten Möbelstücke halten den Wohnraum luftig und flexibel. Sie lassen sich ohne großen Aufwand umstellen und geben den Bewohnern so die Möglichkeit, ihr Zuhause immer wieder neu zu konfigurieren.
Text: Gertraud Gerst
Fotos: Sofacompany, Superfront, e15